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Rechte Propaganda beim Faschingsumzug

Umzugsteilnehmer zeigten in Schirgiswalde Symbole der Identitären Bewegung. Wie konnte es dazu kommen?

Von Franziska Springer
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Als Spartaner verkleidet, mischten sich vier Teilnehmer am Sonntag unter den Schirgiswalder Faschingsumzug. Auf ihren Schilden prangt das Logo der Identitären Bewegung.
Als Spartaner verkleidet, mischten sich vier Teilnehmer am Sonntag unter den Schirgiswalder Faschingsumzug. Auf ihren Schilden prangt das Logo der Identitären Bewegung. © René Plaul

Schirgiswalde. Gute Laune, Alkohol, humorige Späße auf Kosten der Obrigkeit – eigentlich glich der 38. Faschingsumzug in Schirgiswalde jenen der Jahre zuvor. Jedenfalls solange, bis Bild 40 sich dem Marktplatz und damit dem Gros der Feiernden näherte. Drei Männer und eine Frau hatten sich als Spartaner verkleidet: mit orangenen Umhängen, Visieren, die ihre Gesichter unkenntlich machten, und großen Schilden.

Auf ihnen prangte auf gelbem Grund das schwarze Lambda-Zeichen – ein Symbol, das die Spartaner seinerzeit im Kampf gegen die Perser zur Erkennung der eigenen Männer eingesetzt haben sollen. Aber auch eines, das die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Identitäre Bewegung (IB) immer wieder für ihre Propaganda-Aktionen nutzt.

Nicht der erste Fall

Der Auftritt in Schirgiswalde war nicht der Erste seiner Art. Bereits in der Vergangenheit hatten sich Vertreter der IB in Faschingsumzüge eingereiht – zuletzt im vergangenen Jahr im thüringischen Neustadt an der Orla. Auch in der Kostümierung griechischer Kämpfer traten sie bereits an anderer Stelle in Erscheinung.

Den meisten Besuchern dürfte die versteckte Propaganda-Aktion verborgen geblieben sein. „Keine Ahnung, wer das sein soll“, war immer wieder zu hören, wenn man Besucher auf die Aktion der Gruppe ansprach. Nach dem Umzug verkündete Moderator Heiko Harig im Festzelt: „Ihr habt alle schöne Bilder gemacht. Bis auf ein Bild. Es gibt immer Leute, die man nicht einladen muss.“ Anwesende berichten, dass der Auftritt der Spartaner darüber hinaus kein Thema bei der Faschings-Feier gewesen sein soll.

Bautzens Landrat Michael Harig (CDU) sieht die Aktion durch die Narrenfreiheit nicht gedeckt:  "Diese Freiheit hat ihre Grenzen jedoch darin, wenn extreme Gruppierungen öffentliche Veranstaltungen wie den Umzug – zumal unter Vorspiegelung falscher Tatsachen - für ihre Botschaften nutzen. Das geht zu weit." Kritik übt der Landrat aber auch an der medialen Aufmerksamkeit: "Ich bin mir sicher, dass fast keinem der Besucher und Organisatoren die in Kritik stehende Symbolik bekannt war. Erst durch eine Presseaufmerksamkeit wird den Identitären eine Bühne bereitet. Die vielen ehrenamtlichen Helfer und Mitwirkenden dieses traditionsreichen Umzugs haben dies nicht verdient."

Stadt sieht keinen Handlungsbedarf

Auch in der Stadtverwaltung, die als Umzugs-Veranstalter fungiert, scheint das Bewusstsein über die Bedeutung von Bild 40 nur langsam durchzusickern: „Ich kenne diese Gruppe und ihr Symbol nicht“, sagt der Bürgermeister von Schirgiswalde-Kirschau, Sven Gabriel (FDP), auf Anfrage der SZ. Umzugsteilnehmer, erklärt er, würden sich vorab recht formlos für die Teilnahme anmelden. Im Anschluss erhielten sie ein Schreiben mit den Regeln des Festumzuges: „Verboten sind Pornografie, Links- und Rechtsextremismus und alles, was die Persönlichkeitsrechte verletzt“, so Gabriel.

An diesem Vorgehen will die Stadt auch in den nächsten Jahren nichts ändern: „Dann nutzen die eben nächstes Jahr ein anderes Symbol. Wie sollen wir so etwas künftig verhindern? Das kann niemand kontrollieren, unsere Ehrenamtlichen schon gar nicht“, so Gabriel weiter.

Staatsschutz ermittelt

Anders hat die Polizei auf den Vorfall reagiert. Kai Siebenäuger von der Polizeidirektion Görlitz sagt: „Unsere Kollegen vor Ort haben die Personalien der vier Teilnehmer festgestellt. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz diesbezüglich. Eine Straftat liegt vermutlich nicht vor. Möglicherweise aber haben die Beteiligten gegen das Versammlungsgesetz verstoßen.“

Die Symbolik der IB ist nicht verboten. Allerdings wird die Vereinigung, die auch über eine Ortsgruppe in Bautzen verfügt, seit 2016 vom Verfassungsschutz beobachtet. In dessen Bericht heißt es, dass die Gruppierung sich klar gegen das Grundgesetz stellt und vor allem auf virtuelle Verbreitung ihrer Thesen und kleinere Propaganda-Aktionen setzt. So solle sie größer erscheinen, als sie in Wahrheit ist: „Die Identitäre Bewegung hat in Sachsen etwa 40 Mitglieder. Ihr Schwerpunkt liegt im ostsächsischen Raum und in Dresden“, sagt Karin Keck vom Sächsischen Verfassungsschutz auf SZ-Anfrage.

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