SZ +
Merken

Rückkehrer bringt Wiener Lockerheit mit

Conrad Schröpel managt seit einem Jahr das Hotel „Insel der Sinne“ am Berzdorfer See. Von der Welt sah er schon viel, seinen Traumjob fand er aber in der alten Heimat.

 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Conrad Schröpel ist Manager im Hotel „Insel der Sinne“ am Berzdorfer See bei Görlitz. Nach vielen Jahren in Österreich ist der Niederoderwitzer in seine Heimat zurückgekehrt.
Conrad Schröpel ist Manager im Hotel „Insel der Sinne“ am Berzdorfer See bei Görlitz. Nach vielen Jahren in Österreich ist der Niederoderwitzer in seine Heimat zurückgekehrt. © Nikolai Schmidt

Mal lässig am See sitzen und den Gedanken freien Lauf lassen – nur selten kommt Conrad Schröpel dazu. Der 49-Jährige ist der Manager im Hotel „Insel der Sinne“ am Berzdorfer See. Hier fand er seinen Traumjob, sagt er. Direkt am See, in einem neuen Hotel. Conrad Schröpel suchte nicht nach einem neuen Job. Er hatte schon eine Arbeit, die ihm sehr gut gefiel. Als er aber hörte, dass da bei Görlitz etwas ganz Neues, Tolles entsteht, war die Neugier schnell geweckt. Ein innerer Antrieb sagte ihm: „Einmal noch musst du dich verändern“.

Es war nicht die erste Veränderung, die Conrad Schröpel machte, und zwar aus eigenem Antrieb. Geboren ist er in Zittau, aufgewachsen in Niederoderwitz, Abitur machte er in seiner Geburtsstadt. 1989 wollte er aus der DDR flüchten. Das misslang. Er wurde inhaftiert. „Aber schnell wieder freigelassen, weil die Gefängnisse voll waren damals“, erinnert sich der 49-Jährige. Obwohl er dem Regime, nicht der Heimat, den Rücken kehren wollte, wurde er kurz vor dem Mauerfall noch zur Armee eingezogen. Danach aber eröffneten sich auch für ihn Möglichkeiten, die er sich immer gewünscht hatte. „Ich komme aus einer Mediziner-Familie, aber die weite Welt und Sprachen reizten mich viel mehr“, erzählt er. Also ging er zum Studium nach Ravensburg. „Dort gab es die besten Angebote für mich“, sagt er. Mit dem Diplom als Betriebswirt mit Schwerpunkt Hotellerie in der Tasche ging Conrad Schröpel nach Leipzig, arbeitete bei Kempinski im Marketing und in der Direktionsassistenz, danach für die gleiche Hotelkette in Bad Saarow. „Aber dann, so mit etwa 30, bemerkte ich, dass ich meiner beruflichen Karriere noch einmal eine andere Richtung geben müsste“, erzählt der Niederoderwitzer. „Ich fühlte mich zu sehr geprägt vom Hotelkettenbetrieb und dessen Luxussegment.“

Mit zwei Koffern und festen Vorsätzen fuhr er ins Salzburger Land in Österreich und überzeugte den Inhaber eines privat geführten Hotels davon, „dass die genau mich brauchen“, berichtet Schröpel und muss selbst darüber ein wenig schmunzeln. Er hoffte damals, dass er dort seine Ideen viel besser verwirklichen könne als in der großen Hotelkette. So kam es. Und noch mehr. Im Hotel lernte er seine Frau kennen, die damals für Skoda in Prag arbeitete. Eine gebürtige Dresdenerin übrigens. „Wenig später habe ich durch meine Arbeit eine Familie kennengelernt, die in Wien ein neues Hotel baute. Das reizte mich besonders. Ich war sofort voller neuer Ideen, mit denen ich diesem Haus meinen Stempel aufdrücken könnte. “ Auch diese Hotelbesitzer brauchten ihn. Von 2004 bis 2018 leitete Conrad Schröpel die Herberge in der österreichischen Hauptstadt, ein Boutique-Hotel, wie er es nennt.

Doch dann kam die Nachricht vom neuen Hotel am Berzdorfer See, noch dazu in der alten Heimat. Wieder war Conrad Schröpels Neugierde geweckt. Er fuhr nach Görlitz und an den Berzdorfer See. Traf sich mit Ina Lachmann, der Inhaberin, redete sich sechs, sieben Stunden sein Wissen von der Seele. Die Chemie stimmte, man war sich sympathisch. „Nach diesem Gespräch haben wir beschlossen, gemeinsam das Schiff zu Wasser zu lassen“, sagt er und erklärt: Vom anderen Ufer des Berzdorfer Sees aus sähe das Hotel aus, als hätte ein Kreuzfahrtschiff angelegt, sagen viele Gäste. „Also passt der Vergleich.“

Conrad Schröpel stürzte sich regelrecht in seine neue Aufgabe. Die erste Zeit sei hart gewesen, äußerst arbeitsintensiv. Und von der Familie getrennt. Erst ein halbes Jahr später zog die Familie nach – nach Dresden. Die beiden Kinder, zwölf und 15 Jahre alt, sind die Großstadt gewöhnt, sie wuchsen in Wien auf. „Mit Verlaub, aber Görlitz wäre nichts für sie, zu klein, zu provinziell“, betont der Hotelmanager. Die Landeshauptstadt bietet da viel mehr. Und so lebt er nun einige Tage in der Woche in einer kleinen Wohnung in Görlitz, ansonsten pendelt er nach Dresden.

Aber nicht jedes Wochenende kann der Manager mit der Familie zusammen sein. Oft ist er auch Sonnabend und Sonntag von Gästen und Personal im Hotel gefragt. Immerhin für etwa 60 bis 70 Mitarbeiter in der Saison ist Conrad Schröpel verantwortlich. „Es gibt bei uns keine Personalabteilung, das fällt in mein Ressort“, erklärt der Hotelmanager. Er findet das gut. So habe er immer Kontakt zu den Mitarbeitern, kann seine Sozialkompetenz zeitgemäß weitergeben. „Jeder Mitarbeiter ist eine Persönlichkeit, keine Nummer“, unterstreicht er. Klar sei die Arbeit anstrengend, aber wer hätte schon so einen schönen Arbeitsplatz, in einem neuen Hotel direkt am Wasser mit Blick auf die Berge? „Naja, zumindest auf die Landeskrone“, schränkt er ein. Das gute Arbeitsklima im Hause, für das Schröpel maßgeblich mit verantwortlich ist, komme gut an bei Personal und Gästen, ist er sicher.

Conrad Schröpel hat sich in seiner Zeit in Wien jene Lockerheit und Leichtigkeit angeeignet, für die die Stadt weltberühmt ist. Beides verheiße mehr Lebensfreude, ohne Abstriche an der Qualität seiner Arbeit zuzulassen, hat der Manager festgestellt. Es muss was dran sein, denn erst vor Kurzem ist die österreichische Hauptstadt einer Umfrage zufolge zur lebenswertesten Großstadt weltweit gekürt worden.

Den Gästen auf der „Insel der Sinne“ jedenfalls gefällt der lockere, aber dennoch verlässliche Umgang im Hotel am See. „Sie wollen sich hier erholen, alles in Ruhe, ohne Stress und Hektik. Sie wollen Konventionen und Dresscode beiseitelassen, einfach mal abhängen und entspannen“, erklärt er. Seine Mitarbeiter hat der Hotelmanager von der Lockerheit schon angesteckt. Er fände es toll, wenn auch die Menschen in der Region mit viel mehr Spaß an die alltäglichen Dinge herangehen und nicht immer „so einen Rucksack voller Leiden“ mitschleppen würden. Schröpel selbst kennt diesen Rucksack nicht. Das soll so bleiben. Dafür sorgt der Hotelmanager auch in seiner knapp bemessenen Freizeit: Er fährt leidenschaftlich gern Rad, manchmal um den Berzdorfer See, und er liest. Er freut sich auf die Familie, mit der er jede freie Minute verbringt. Das und sein Spaß an der Arbeit ist seine Art der Lebensfreude.

Vorerst ist sein Wunsch nach Veränderung gestoppt. Im Hotel „Insel der Sinne“ fühlt er sich wohl, kann eigene Ideen verwirklichen und ist „dankbar, dass die Eigentümer auch auf dieser Welle schwimmen“, sagt er. Conrad Schröpel ist wieder in seiner alten Heimat angekommen. Die Erfahrungen aber, die er auf seinen bisherigen beruflichen Stationen und bei vielen Reisen in die ganze Welt gesammelt hat, möchte er nicht missen.

Mehr lokale Artikel:

www.sächsische.de/goerlitz

www.sächsische.de/zittau

www.sächsische.de/loebau

www.sächsische.de/niesky