SZ + Sport
Merken

Coronavirus zwingt zum Gesundheitscheck

Die Shorttracker müssen sich beim Weltcup in Dresden testen lassen. Auf dem superschnellen Eis stürzt die beste Deutsche gleich am ersten Tag.

Von Jochen Mayer & Maik Schwert
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Seit Freitag geht es wieder rund in der Dresdner Halle.
Seit Freitag geht es wieder rund in der Dresdner Halle. © dpa/Zsolt Czegledi

Die Exoten fallen auf. Shorttracker aus Indien, Malaysia und Thailand starten von Freitag bis Sonntag beim Weltcup in Dresden. 96 Frauen und 127 Männer nehmen an der achten Auflage in der Energieverbundarena teil. Zwei Themen bestimmen am Donnerstag die Pressekonferenz: das Coronavirus und das superschnelle Eis.

Temperaturkontrolle erfolgt vor dem Einchecken im Hotel

Wie 2019 nehmen 223 Athleten aus 32 Ländern teil. Sie müssen sich erstmals in Dresden umfangreichen medizinischen Vorsichtsmaßnahmen stellen, um gegen das sich ausbreitende Coronavirus gewappnet zu sein. „Bei allen Teilnehmern – Sportlern wie Offiziellen – werden Gesundheitschecks durchgeführt“, sagt Christoph Zepernick, Leiter des Organisationskomitees. „Sie müssen Fragebögen ausfüllen, ob mögliche Risikofaktoren vorliegen könnten. Bei allen wird die Temperatur vor dem Einchecken im Hotel kontrolliert. Bisher gab es keine Anzeichen von grippeähnlichen Symptomen.“ Weitere Temperaturmessungen folgen auch an den Wettkampftagen.

35 Chinesen stellen das größte Kontingent aller Nationen

Das hängt nicht mit dem Coronavirus zusammen, auch wenn ein siebenköpfiges medizinisches Personal dazugehört. „Sie stocken mit Blick auf Olympia 2022 in Peking auf“, sagt Lokalmatadorin Anna Seidel, die am Freitag stürzte und ins Krankenhaus musste. „Die Chinesen kaufen ausländische Trainer ein.“ Sie holen Experten fürs Essen und Mentale, bringen Physiotherapeuten mit „und Betreuer, die den Athleten die Shakes rühren“, sagt sie. „Ich bereite sie mir allein zu, und das bleibt auch so.“

Die ersten Trainingszeiten versprechen neue Rekorde

Superschnelles Eis erwartet Bundestrainer Stuart Horsepool. „Im Training zeichnet sich schon ab, dass am Wochenende neue Rekorde fallen könnten“, sagte der Brite. Seidel, die bei der EM Bronze gewonnen hatte und am Donnerstag im Training eine Rundenbestzeit gelaufen war, verletzte sich bei ihrem Sturz in der Mixed-Staffel schwer am Knöchel. Ihre Klubgefährtin Bianca Walter trat nur in der Staffel an. Grund sind Krankheits-Nachwehen nach der EM. Jeweils sechs deutsche Männer und Frauen starteten am Freitag in die Rundenhatz auf dem Eisoval.

Neuer Aufprallschutz ist Investition in die Zukunft

Neu beim Weltcup ist ein Mattensatz, der rund ums Eisoval reicht und bei Stürzen den Aufprall minimieren soll. Das System verspricht doppelte Sicherheit und entspricht internationalen Ansprüchen. „Wir haben in die Sicherheit der Sportler investiert“, sagt Ralf Gabriel, Leiter des Dresdner Eigenbetriebs Sportstätten. Die 60.000 Euro sollen den Dresdner Weltcup-Termin auch künftig sichern und sind zudem eine Investition in den Dresdner Shorttrack-Bundesstützpunkt. Für den Weltcup ist in der Eishalle alles abgebaut worden, was zum Eishockey-Spielbetrieb gehört. Das betrifft auch 14 Tonnen Sicherheitsglas.

Die Kurvenraserei der Kufenflitzer birgt dennoch Gefahren

Stürze gehören zum Shorttrack - so wie am Freitag. In Dresden erwischte es schon viele. Chinesen, Kanadier, Russen und Südkoreaner kamen sich in der Halle in die Quere – die besten Kurvenraser aus den bedeutendsten Shorttrack-Ländern. Für Seidel, Walter und andere Deutsche endeten Rennen ebenfalls bereits frühzeitig und die Crashs glimpflich - anders als bei Seidel am Freitag.

Die Duelle auf der Kurzbahn bieten enorm viel Brisanz

Dresden erlebte schon legendäre Zweikämpfe. Bei der EM 2014 gewann Russland die Staffel vor den Niederlanden. Damals streckte Wiktor Ahn die Zeigefinger – und Sjinkie Knegt ihm beide Mittelfinger entgegen. Er verlor EM-Bronze im Einzel. Ein Jahr später war Ahn beim Weltcup erneut beteiligt. Der mit sechs Olympiasiegen erfolgreichste Shorttracker traf über 1.000 Meter bereits im Viertelfinale auf den dreifachen Olympiasieger Charles Hamelin aus Kanada. Beide beharkten sich von Anfang an, suchten Runde für Runde den Nahkampf, kamen sich schließlich tatsächlich so richtig in die Quere und stürzten. Ahn kniete mit blutendem Kinn auf dem Eis.

Das Heimrennen ist wichtig, die EM oder WM wichtiger

Emotional ist das Heimrennen der Höhepunkt der Saison. „Ich freue mich unglaublich auf die Kulisse“, sagt Seidel. „Da ist viel möglich.“ Horsepool erwartet von seinen Schützlingen, dass sie zu Hause abliefern und ihre Leistung bringen. Er betreut die deutsche Auswahl seit Juni 2018. Der 58-Jährige baut auf die Staffeln, die bei der EM beide Platz fünf belegten. Er führte seine Landsfrau Elise Christie zu drei WM-Titeln und coachte auch das lettische Team.

Der Shorttrack-Weltcup in Dresden tut auch dem Ansehen der finanziell und personell arg gebeutelten Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft gut. Er ist ihr einziges internationales Event in diesem Winter. Sportlich stehen Europa- und Weltmeisterschaft über dem Heimspiel. Deutscher Olympischer Sportbund und DESG rechnen Shorttracker nach deren dortigen Ergebnissen ab. Da steht mit Seidels EM-Bronze über 1.500 Meter eine Medaille zu Buche – mehr als bei den Eisschnellläufern.