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So sicher ist das Chemiewerk

Rund 100 Gäste konnten sich davon beim Anwohnertag überzeugen. Genügend Wasser spielt dabei eine große Rolle.

Von Jörg Richter
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Blick auf das Wacker-Chemiewerks Nünchritz.
Blick auf das Wacker-Chemiewerks Nünchritz. ©  Sebastian Schultz

Nünchritz. Alf ist laut. Sehr laut sogar. Die Rede ist nicht von dem kleinen zotteligen Außerirdischen aus der gleichnamigen US-Fernsehserie der 80er Jahre. Nein, hinter der Abkürzung Alf verbirgt sich die Bezeichnung Aerosollöschfahrzeug, im Volksmund „Turbolöscher“ genannt.

Beim Anwohnertag des Wacker-Chemiewerks Nünchritz am Dienstagabend wurde er nach ein paar Jahren wieder mal in Aktion gezeigt. Die Besucher erhielten extra Ohrenstöpsel, um nicht schwerhörig zu werden. Denn wenn die beiden Flugzeugturbinen des Alfs angeworfen werden, kann man sein eigenes Wort nicht verstehen. 6.000 Liter Wasser pro Minute schleudert der Turbolöscher in den Himmel und zerstäubt es in kleinste Tröpfchen. Mit diesem riesigen Sprühstrahl können die Kameraden der Wacker-Werkfeuerwehr großflächige Brände in kurzer Zeit löschen, erhitzte Anlagen kühlen oder giftige Wolken niederringen.

Die Vorführung des Nünchritzer Turbolöschers, von dem es bei seiner Anschaffung vor neun Jahren gerade mal sechs Stück in Deutschland gab, ist immer wieder beeindruckend. Da störten selbst die kalten Temperaturen nahe des Gefrierpunktes nicht. Dass der Alf als Höhepunkt des diesjährigen Anwohnertags gezeigt wurde, hatte seinen guten Grund. 

Denn bei der Veranstaltung, zu der Wacker einmal im Jahr seine unmittelbaren Nachbarn, Vertreter von Kommunen und hiesigen Vereinen einlädt, drehte sich diesmal alles ums Thema Wasserversorgung. Und die würde bei einem Brand im Chemiewerk arg strapaziert, wie Werkfeuerleiter Michael Witt den interessierten Zuhörern verriet. „Das ganze Chemiewerk verbraucht pro Stunde etwa 500 Kubikmeter Wasser. Bei einem Löscheinsatz verdoppelt sich diese Menge“, so der Berufsfeuerwehrmann. 

Der stellvertretende Betriebsleiter von Wacker Nünchritz, Dr. Peter Nürnberg, begrüßte beim Nachbarschaftstag die Gäste.
Der stellvertretende Betriebsleiter von Wacker Nünchritz, Dr. Peter Nürnberg, begrüßte beim Nachbarschaftstag die Gäste. ©  Sebastian Schultz

Dank gewaltiger Wasserbehälter, die bis zu 3000 Kubikmeter fassen können, und eines eigenen Hydrantensystems, das aus Elbwasser gespeist werden kann, sei im Ernstfall immer genügend Löschwasser vorhanden.

Vor der Rundfahrt durch das Chemiewerk, zu der die neue Werkleiterin Jutta Matreux rund 100 Besucher begrüßen konnte, hatte ihr Stellvertreter Peter Nürnberg zahlreiche Fakten über die Wasserversorgung genannt. Im vergangenen Jahr habe demnach Wacker am Standort Nünchritz 4,7 Millionen Kubikmeter Wasser verbraucht.

Fast alles stammt aus dem Brunnenhaus auf der anderen Elbseite. Es versorgt das Chemiewerk seit 1935 mit Grundwasser. Im Vergleich zu dieser Menge sind die 30.000 Kubikmeter, die Wacker aus dem öffentlichen Trinkwassernetz zieht, verhältnismäßig gering.

Wie die Besucher erfuhren, wird das Elbefiltrat vom Brunnenhaus mit einem Druck von nur zwei Bar durch einen Düker unterhalb des Flusses ins Werk gepumpt. Dort angekommen, wird der Wasserdruck auf fünf Bar erhört. Das reiche aus, um alle Abnehmer im Chemiewerk zu versorgen. Rund 80 Prozent werde für die Kühlung benutzt, was von außen als Wasserdampf zu sehen ist. Der Rest wird in der Produktion und im geringen Maße als Löschwasser eingesetzt.

Dabei verwende Wacker wassersparende Verfahren. „Alles, was wir nicht verbrauchen, ist gespartes Wasser“, sagt Nürnberg. Seit der Übernahme des Chemiewerks 1998 habe Wacker bis 2018 die jährlichen Abwassermengen um mehr als 90 Prozent senken können. Das Gleiche gelte auch für alle anderen unerwünschten Nebeneffekte wie Abluft und Abfall.

Das sei besonders deshalb bemerkenswert, betont Nürnberg, weil im gleichen Zeitraum die Bruttoproduktion um das 26-fache gestiegen ist. Allein von 2017 bis 2018 hat das Wacker-Werk in Nünchritz seinen CO²-Ausstoß um beachtliche 16 Prozent reduzieren können. „Die Themen Sicherheit und Umwelt sind bei uns sehr hoch angesiedelt“, versichert der stellvertretende Betriebsleiter.

Wacker sei in dieser Hinsicht den eigenen Mitarbeitern, den Anwohnern und nicht zuletzt der Natur verpflichtet. Nürnberg: „Wir weisen täglich nach, dass wir unsere Technologien beherrschen.“ In diesem Jahr habe es bisher kein einziges Ereignis mit Sicherheitsrelevanz gegeben. – Gut für die Werkfeuerwehr, die ihren Turbolöscher Alf nur zu Übungszwecken oder zur Präsentation wie beim Anwohnertag am Dienstag aus der Garage fährt.

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