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Steinerne Zeugen im Wald

Im Mittelpunkt vom Tag des Bautzener Stadtwaldes standen am Sonnabend besondere Denkmale. Und der Baum des Jahres.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen / Cunewalde. Ohne einen ortskundigen Führer ist der Reformationsstein am Czorneboh nur sehr schwer zu finden. Die Südseite des „Schwarzen Berges“ weist – im Gegensatz zur Nordseite – nur wenige ausgeschilderte Wege auf. Und der riesige Reformationsstein liegt auch noch abseits jeglicher Wege. Auch auf Karten ist er nicht zu finden. Mitten in der Waldeinsamkeit erinnert der in seiner Form unbearbeitete Granitblock an das 300-jährige Reformations-Jubiläum im Jahr 1817. George Weickert, ein Steinmetz aus Cunewalde, hatte seinerzeit die Inschrift „Zum an denken des Reformations Jubileoms 1817“ eingemeißelt. Im Lutherjahr 2017 bekam der Stein am Sonnabend nun Besuch von den Teilnehmern der Exkursion zum traditionellen „Tag des Stadtwaldes“.

Mit Genehmigung des privaten Waldeigentümers, auf dessen Territorium sich der Stein unmittelbar an der Grenze zum Bautzener Stadtwald befindet, konnten die Wanderer dieses selten beachtete Denkmal in Augenschein nehmen. Das Motto des „Tages des Stadtwaldes“ lautete diesmal „Steine und Wälder“. Andreas Bültemeier, der zusammen mit Thomas Sobczyk das Buch „Denkmale in den Oberlausitzer Wäldern“ herausgebracht hat, sagt: „Steine sind nicht nur Geologie oder Baumaterial. Sie sind manchmal Kulturgut und verdienen unsere Beachtung und unser Andenken.“ Wie er sagte, bekam er die Initialzündung, solch ein Buch zu schreiben, beim Tag des Stadtwaldes im Jahr 2011, unter anderem durch ein Gespräch mit dem früheren Förster Walter Schindler.

Stein gibt Rätsel auf

Das Cunewalder Revier sei unglaublich reich an solchen steinernen Zeugnissen. Trotzdem habe er in dem Buch, bei dessen Recherche den Autoren mehr als 100 Personen halfen, noch längst nicht alle offenen Fragen klären können. So zeigte Andreas Bültemeier den Exkursionsteilnehmern gleich unmittelbar am Czorneboh-Parkplatz einen Stein, der ihm nach wie vor Rätsel aufgibt. Er weist eine ovale ausgemeißelte Fläche auf, deren Zweck er aber nicht entschlüsseln konnte. Möglicherweise ein Hinweis auf eine Berufsgruppe, denn es gibt am Czorneboh auch einen „Schornsteinfegerstein“, auf dessen Vorderseite ebenfalls eine ovale Aussparung eingearbeitet ist. „Ich bin für jeden Hinweis dankbar“, sagte Andreas Bültemeier.

Der Bautzener Finanzbürgermeister Robert Böhmer würdigte am Jacob-Böhme-Stein das Wirken des Görlitzer Philosophen, der als Wegbereiter der klassischen deutschen Philosophie gilt. Allerdings korrigierte er den Text auf der Infotafel am Stein. Dort heißt es nämlich, der Schuhmacher sei 1575 im schlesischen Alt-Seidenberg geboren worden. Der Ort gehört allerdings zur Oberlausitz, nicht zu Schlesien. Ob der Stein 1817 oder erst 1917 aufgestellt wurde, konnte noch nicht ermittelt werden. Jedenfalls müssen es patriotisch gesinnte Oberlausitzer gewesen sein, die diesen Stein errichteten, mutmaßte der Bau-Bürgermeister.

Grenzsteine sind wichtig

Beachtung schenkten die Exkursionsteilnehmer auch den Grenzsteinen im Wald. Als Abgrenzung zum Privat- oder Gemeindewald seien sie von großer Bedeutung, sagte Vermessungsingenieur Lothar Kurtze. Sie zu finden, sei jedoch manchmal mit viel detektivischer Arbeit verbunden. Aber die Grenzsteine regelten eindeutig die Zuständigkeiten der jeweiligen Waldbesitzer.

Als Vertreter des Waldbesitzers Stadt Bautzen sprach Revierförster Rüdiger Reitz davon, dass die Fichte, der „Baum des Jahres 2017“, bei der Waldbewirtschaftung unverzichtbar ist, obwohl er eigentlich die veränderten klimatischen Bedingungen mit mehr Trockenheit in der Oberlausitz, nicht sehr gut verträgt. Aber die Fichte sei nach wie vor der „Brot“-Baum. Die Teilnehmer erfuhren, dass von den Erlösen aus der Waldbewirtschaftung in Höhe von knapp einer halben Million Euro jährlich 83 Prozent auf die Fichte entfallen. Insgesamt werden jährlich rund 7 500 Festmeter Holz eingeschlagen. Am Czorneboh bemühe man sich jetzt, wieder Schneisen zu schlagen, um alte Sichtbeziehungen wieder herstellen zu können.

Bevor die rund 60 Exkursionsteilnehmer ihre Erbsensuppe aus der Gulaschkanone der Freiwilligen Feuerwehr Bautzen genießen konnten, brachten sie rund 400 junge Fichten und 200 Douglasien bei der traditionellen Pflanzaktion in die Erde.