Storch wird vom Kirchendach verbannt

Jedes Jahr um diese Zeit ging der Blick vieler Kodersdorfer hinauf zu ihrer Kirche. Bisher. Denn von dort schlug nicht nur die Glocke, aufmerksame Beobachter vernahmen auch intensives Geklapper. Zielsicher fand das hier ansässige Storchenpaar nach dem Ausflug in den Süden zur Brutsaison in sein Nest auf dem Kirchendach zurück. Doch dieses Mal ist alles anders.
Störche akzeptieren keinen anderen Nest-Standort
Die Kodersdorfer Kirche ist nicht erst seit diesem Jahr eine Baustelle. In den vergangenen Jahren ging es besonders um die innere und äußere Kirchturmsanierung. Das Storchenpaar störte dies nicht. Im Internet konnte man auf der Seite der Kirchgemeinde das Brutgeschäft von Meister Adebar und seiner Frau verfolgen. Die beiden müssen sich in diesem Jahr anders behelfen, denn mit dem Nest auf dem Kirchenschiff klappt es nicht.
Hier wird seit ein paar Tagen das Dach erneuert. "Wir müssen größere Arbeiten auch an der Holzkonstruktion durchführen, was zu erheblichen Erschütterungen führt. Das hätte den Vögeln überhaupt nicht gefallen", erklärt Klaus-Peter Hänel. Er ist Mitglied im Bauausschuss der Kirchengemeinde und hätte sich gewünscht, dass dem Storchenpaar einer der beiden Alternativvorschläge gefallen würde. "In Abstimmung mit dem Umweltamt haben wir den Tieren einen Platz auf dem Pfarrhaus und dem Schornstein der Werkstatt der Agrargenossenschaft angeboten." Leider fielen beide Varianten durch.

Kodersdorfer Kirchenschiff wird komplett saniert
Doch Rücksicht auf die Abneigung der Störche nehmen konnten die Kodersdorfer nicht. "Das Bauvorhaben ist so groß und die Förderung günstig, dass wir jetzt unbedingt zum Zuge kommen müssen", erklärt Hänel. Konkret geht es um die Außensanierung des Kirchenschiffes, außerdem wird das Dach neu eingedeckt. Vor allem Risse im Kreuzgewölbe und der Außenwand haben den Verantwortlichen immer wieder Sorgen gemacht. Deshalb werden diese Stellen mit Injektionen verpresst. Über alles soll dann eine neue Putzschicht kommen.
512.000 Euro werden in die Kirche investiert
Sorgen bereitet allerdings auch das Dach. Denn ein Teil davon wurde bei der letzten Sanierung 1978 mit neuen Steinen versehen, auf dem Rest - der Nordseite - blieb der Altbestand drauf. Diese Ungleichheit sorgte für starke Schäden, sodass der Dachstuhl über dem Gewölbe jetzt angehoben werden muss. Seit ein paar Tagen sind die Dachdecker nun aktiv. Für sie ist das eine besondere Aufgabe.
Nicht nur wegen der riesigen Ausmaße des Kirchenschiffs. "Wir setzen hier sogenannten Kirchenbiber ein", erklärt Klaus-Peter Hänel. "Der besitzt eine aufgeraute Oberfläche und sieht alt aus, obwohl er gerade erst hergestellt worden ist." Zudem besäßen die Ziegel das doppelte Gewicht wie herkömmliche Biberschwänze. Die Kosten für die Gesamtmaßnahme belaufen sich auf rund 512.000 Euro. Davon kommen 250.000 Euro aus einem Denkmalprogramm des Bundes. Weitere 156.000 Euro schießt der Freistaat zu. 40.000 Euro zahlt die Landeskirche und etwa 66.000 Euro muss die Kirchengemeinde selbst aufbringen.
2021 darf der Storch wieder zurück aufs Kirchendach
Bis zum Oktober soll das Dach fertig sein. Putzarbeiten können auch danach noch durchgeführt werden. Sicher ist, dass im nächsten Jahr auf dem Kirchenschiff wieder Gevatter Storch das Sagen haben wird. Im günstigsten Fall verzeiht er seine Vertreibung und zieht hier wieder seine Jungen auf.