Straße Schleife–Mühlrose erhalten

Schleife. Mit einem symbolischen roten 80 Meter langen Band entlang der Straße Schleife-Mühlrose demonstrierten Sonntag die Teilnehmer der Protestwanderung nach Rohne. Sie forderten wirksamen Schutz der Orte im Schleifer Kirchspiel vor Lärm, Staub und Rutschungsgefahren sowie den wirksamen Schutz der Natur.
„Die Straße sollte erhalten bleiben. Sie sollte die Grenze zum Tagebau Nochten bilden. Wenn wir die Straße erhalten und schützen, schützen wir auch die Mühlroser vor der Abbaggerung. Alle Dörfer sollen stehen bleiben“, unterstrich Mitorganisatorin Edith Penk vom Initiativbündnis „Strukturwandel jetzt – Kein Nochten II“. Rund 50 Teilnehmer demonstrierten mit. Seit 2013 findet die Protestwanderung jährlich von Schleife nach Rohne statt. Das Initiativbündnis ruft regelmäßig dazu für den Sonntag nach Ostern auf. Der Tagebau Nochten I reicht nach jetzigen Plänen bis nah an den Rohner Friedhof heran.
Ziel: Wirksamer Schutz der Orte!
Vom Bahnhof Schleife führte die Demonstration dieses Jahr die Straße in Richtung Mühlrose entlang. Von dort ging es den Mühlroser Weg nach Rohne. Die Route führte vorbei am dortigen Friedhof zum Sportplatz. „In den ersten Jahren ging es vor allem um den Erhalt der Orte. Das Ziel haben wir weitgehend erreicht. Heute geht es vor allem um wirksamen Schutz der Orte, um den Strukturwandel, um die Energie-Wende, auch um die Solidarität mit Proschim, der Ort ist von Abbaggerung bedroht“, meinte Wilfried Perschmann (79) aus Schleife. Er nimmt von Anfang an teil. Er hält die Protestwanderung für nach wie vor dringend notwendig. „Für mich ist sie Herzenssache. Ich laufe aus Solidarität und Verbundenheit mit. Mich motiviert das Interesse für die sorbische Kultur und die Lausitz“, meinte Miloš Malec aus Prag vom Initiativbündnis „Für die Erhaltung der Lausitzer Dörfer und Städte“. Stark interessiert er sich für die sorbische Sprache, die Kultur, die Trachtenvielfalt, die Volkslieder, die Tänze und die traditionellen Musikinstrumente im Schleifer Kirchspiel. „Wohl kaum in einer anderen Gegend blieb diese Musikkultur – ohne Unterbrechung – bis heute erhalten“, erzählte er begeistert. Miloš Malec lernt Niedersorbisch. Sein Begleiter Radek Mikula lernt Obersorbisch. Wie sie nimmt auch der Rohner Werner Karg Jahr für Jahr teil. Der 60-Jährige gehört seit 2009 zum Gemeindekirchenrat der Evangelischen Kirchengemeinde Schleife. „Mir geht es um wirksamen Schutz der Randbetroffenen des Tagebaus. Es sollte nicht aus jedem Vorkommen Kohle um jeden Preis Profit gewonnen werden. Und eine ganze nachwachsende Generation muss unter den Folgen des Tagebaus leiden.“
„Bei so viel Unfrieden zwischenmenschlich denkt ja kaum noch einer an Tiere, Pflanzen und Bäume, denen die Lebens- und Wassergrundlage entzogen wird. Tag für Tag“, verdeutlichte Pfarrerin Jadwiga Malinkowa. „Wer sich für den Erhalt der Schöpfung einsetzt, wird belächelt oder ausgegrenzt. Und wer will schon die Belange der Landwirte, Gärtner und Forstwirte hören – die mit Wassermangel, Erosion und Krankheitsbefall zu kämpfen haben?“
Doch es gibt auch zarte Friedenspflänzchen. In Rohne standen noch vor einiger Zeit 16 Grundstücke leer. Heute sind es nur noch drei ohne Bewohner. Es wird wieder renoviert und gebaut. Gärten werden neu gestaltet. Junge Familien ziehen wieder aufs Dorf. Kreativität, Kraft und Ideen zur Dorfgestaltung reifen heran. „Wir sind nicht mehr Objekt, über das verhandelt wird, sondern Subjekt und können gestalten“, betonte die Pfarrerin.
Hoffnung und Mut, weiterzukämpfen für den Erhalt und die Lebensqualität der Orte im Kirchspiel Schleife, sprach der Nebelschützer Bürgermeister Thomas Zschornak den Teilnehmern zu. Strukturwandel, so unterstrich er, braucht eine starke aktive Zivilgesellschaft. Sie sollte sich einbringen. „Dabei geht es um Selbstversorgung, um Energie-Autonomie, um gute Lebensmittel, um gute Lebensqualität“, verdeutlichte er. Als Mitglied des Sorbischen Parlaments Serbski Sejm unterstrich er drei zentrale Forderungen der Arbeitsgruppe Strukturwandel: sofortiges Ende der Abbaggerung von Dörfern, fairer vollständiger Ausgleich bei Verlust von Eigentum, Wiedergutmachung der durch den Braunkohlen-Tagebau verursachten Schäden. Die Kommunen, so Thomas Zschornak, sollten Verantwortung für die Ressourcen wahrnehmen. Sie sollten Eigentum und Flächen vorhalten. Nur so bleiben sie handlungsfähig und können Zukunft gestalten – für eine enkeltaugliche Gemeinde, für eine enkeltaugliche Lausitz. „Die Bürger sollten den Strukturwandel mitgestalten“, stimmte ihm Hannelore Wodtke von der Initiative und Wählergemeinschaft „Grüne Zukunft Welzow“ zu und betonte: „Es muss grundsätzlich bei der Kohle das Verursacher-Prinzip gelten. Der Verursacher ist das Bergbau-Unternehmen. Es muss die Verantwortung zur Wiedergutmachung von Schäden tragen.“
Solidarisch mit Mühlrose
Solidarisch fühlt sie sich mit den Mühlrosern verbunden. Hannelore Wodtke selbst wohnt in Welzow nur unweit des Tagebaus Welzow-Süd. Als Mitglied der bundesweiten „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ kämpfte sie für den Erhalt von Proschim. Der verbindliche Erhalt sollte im Abschlussbericht der Kommission als wichtige Formulierung enthalten sein. „Doch leider wurde dieser Passus herausgenommen. Aus diesem Grund konnte ich dem Abschlussbericht nicht zustimmen“, erläuterte Hannelore Wodtke. Engagiert einsetzen will sie sich für das Projekt, eine Feuerlösch-Staffel in Welzow im Zuge des Strukturwandels aufzubauen. „Diese Staffel könnte deutschlandweit, ja europaweit zum Einsatz kommen. Sie könnte circa 150 Arbeitsplätze in unser nur 3 500 Einwohner kleines Städtchen bringen“, regte sie an. „Leider ist die Landesregierung Brandenburg dagegen.“ Dennoch kündigte sie an: „Wir werden weiter für die Idee kämpfen.“