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Ein Tourismus-Pionier lebt nicht mehr

Matthias Buchwald hat in Görlitz viel bewegt und die Stadt bekannter gemacht. Jetzt ist er viel zu früh einer schweren Krankheit erlegen.

Von Ingo Kramer
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Ein Bild aus schönen Zeiten: Matthias Buchwald (links) 2013 mit seinem Vater Hans-Jürgen und seinem Bruder Gunnar vor dem Haus der Familie am Klosterplatz.
Ein Bild aus schönen Zeiten: Matthias Buchwald (links) 2013 mit seinem Vater Hans-Jürgen und seinem Bruder Gunnar vor dem Haus der Familie am Klosterplatz. © Archivfoto: Pawel Sosnowski

Der Allzeit-Rekord aus dem Jahr 2019, als in Görlitz 328.000 Übernachtungen gezählt wurden, dürfte Matthias Buchwald sehr gefreut haben. Er kannte ganz andere Zeiten – die 1990er-Jahre, als der Tourismus in der Region noch in den Kinderschuhen steckte. Dass die Zahlen derart in die Höhe gegangen sind, ist auch sein Verdienst: Er war immer ein Botschafter, hat auf zahlreichen Messen Werbung für die Stadt und die Region gemacht, hat privates Engagement förmlich gelebt, damit es vorwärtsgeht. Auf dem vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung verlor er nun den Kampf gegen den Krebs und ist am 7. März mit gerade einmal 56 Jahren gestorben.

Matthias Buchwald stammt ursprünglich aus Weinhübel, besuchte die Schule in der Erich-Weinert-Straße, bevor die Familie nach Bautzen umzog, weil der Vater dort eine neue Arbeit gefunden hatte. Bereits in der Schule gründete und leitete er eine AG „Wandern und Touristik“. Diese beiden Punkte sollten sich wie ein roter Faden durch sein gesamtes Leben ziehen, beruflich wie privat. Schon zu DDR-Zeiten war er als Kreiswegemeister für die Beschilderung der Wanderrouten der Region zuständig – eine Aufgabe, der er sich bis zu seinem Lebensende mit Leidenschaft widmete.

Matthias Buchwald 2016 in seinem Element: Beim Wandern in Kunnersdorf.
Matthias Buchwald 2016 in seinem Element: Beim Wandern in Kunnersdorf. © nikolaischmidt.de

26 Jahre lang organisierte er zudem mit dem Riesengebirgsverein den Görlitzer Wandertag – letztmalig am 15. September 2019, als das Schloss Mittelsohland als Start- und Zielpunkt diente. Ob und wie es ohne ihn mit dem Görlitzer Wandertag weitergehen wird, ist noch nicht klar.

Beruflich war die Stadthalle in den 1980ern nach der Armeezeit seine erste Station: Er war für Märkte und Volksfeste angestellt, organisierte den Rummel und war sich nicht zu schade, selbst ins Weihnachtsmannkostüm zu schlüpfen. Nach der Wende ging er als Kulturhausleiter nach Oberwiesenthal. Das blieb ein kurzes Gastspiel, denn bald wurden sämtliche Kulturhäuser dichtgemacht. Buchwald kehrte nach Görlitz zurück, war zunächst beim Kreis als Kreiswegemeister angestellt, bevor er Ende der 1990er-Jahre zur Görlitz-Information wechselte und dort anfing, den Gruppentourismus aufzubauen. Für vieles, was heute normal ist, hat er damals mit einigen Mitstreitern den Anfang gemacht.

Mit „Görlitz-Tourist“ 15 Jahre selbstständig

Das war gleichzeitig der Grundstein für sein eigenes Unternehmen „Görlitz-Tourist“, mit dem er sich vor 15 Jahren selbstständig machte und bis zuletzt am Klosterplatz ansässig war. Sein Spezialgebiet waren Tages- und Mehrtagesfahrten im gesamten Dreiländereck: In der Oberlausitz, in Polen und Tschechien. Seinen Vater und seinen Bruder Gunnar stellte er als Reiseleiter bei sich an. Gunnar Buchwald hat freilich noch mehr zu tun: Bekannt ist der Jüngere unter anderem als Stadtführer und Inhaber des Hotels „Zum Hothertor“.

Das Büro „Görlitz-Tourist“ bleibt bestehen – alles, was angefangen ist, wird erst einmal von seinen Mitarbeitern fortgeführt, das Büro ist aktuell von 9 bis 13 Uhr telefonisch besetzt. Fahrten nach Polen und Tschechien sind aufgrund der Corona-Krise derzeit aber ohnehin nicht möglich.

Bis zuletzt Vorstand im Tourismusverein

Neben alledem hat sich Matthias Buchwald noch weiteren Dingen gewidmet, war Gründungsmitglied und bis zuletzt Vorstand im Tourismusverein und hat sich dem Aufbau der Via Sacra verschrieben, in der viele sakrale Gebäude zu touristischen Routen zusammengefasst sind und mit dem Reisebus oder auch individuell abgefahren werden können.

Die Lust am Reisen hatte er auch privat, er liebte das Wandern und das Skifahren, war mit seiner Frau, mit der er schon zu DDR-Zeiten zusammenkam sowie mit den drei Kindern viel in den Alpen unterwegs, auf Sardinien und dem italienischen Festland, gern auch in Norwegen – und in aller Regel als Camper. Ausgerechnet jetzt, wo der Tourismus wegen der Corona-Krise weltweit zum Erliegen gekommen ist, hat sich sein Lebenskreis viel zu früh geschlossen. Wegen Corona kann auch die Trauerfeier nicht wie geplant am 30. März stattfinden. Der neue Termin steht noch nicht fest. Matthias Buchwald wird in Görlitz sehr fehlen, vor allem natürlich seiner Familie, die stets eng zusammenstand.

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