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Umweltschützer verhindern Abholzung

Im Kiesabbaugebiet bei Ottendorf-Okrilla war bereits der Harvester angerollt – die Aktion wurde wegen des Fällverbots während der Vogel-Brutzeit gestoppt.

Von Manfred Müller
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Musste nach der Intervention von Bürgerinitiative und Naturschutzbund wieder abgezogen werden: Baumfälltechnik, mit der bei Ottendorf während der Vogelbrutzeit Wald abgeholzt werden sollte.
Musste nach der Intervention von Bürgerinitiative und Naturschutzbund wieder abgezogen werden: Baumfälltechnik, mit der bei Ottendorf während der Vogelbrutzeit Wald abgeholzt werden sollte. © Foto: BI Würschnitz

Würschnitz. Die Kiefern an der Kreisstraße nahe Würschnitz waren schon mit roten Kreuzen markiert – ein Zeichen, dass sie unter die Kettensäge kommen sollten. Das Kieswerk Ottendorf-Okrilla plant hier eine Bandstraße, die den neuen Tagebau Würschnitz I mit den Verarbeitungsanlagen verbinden soll. Dazu muss eine kilometerlange, 30 Meter breite Schneise in den Wald geschlagen werden. 

Das Projekt ist hoch umstritten, weil es in die Belange des Naturschutzes eingreift. Im betroffenen Waldgebiet brüten seltene Vogelarten wie Schwarzspecht, Sperlings- und Raufußkauz, deren Nistbäume wegen des Kiesabbaus weggesägt werden sollen. „Und das während der Brutzeit, in der laut Naturschutzgesetz jegliche Fällarbeiten verboten sind“, erklärt Isolde Rienecker von der Würschnitzer Bürgerinitiative gegen den Kiesabbau. Einer ihrer Mitstreiter sei am ersten Aprilwochenende darauf aufmerksam geworden, als er mit seinem Hund im Wald spazieren ging.

Am darauf folgenden Montag rollte dann tatsächlich ein Tieflader mit einem Harvester vom Sachsenforst an, der das Waldstück im Auftrag der Kiesfirma plattmachen sollte. Aber die aufmerksamen Würschnitzer hatten bereits den Naturschutzbund (Nabu) alarmiert. „Wir nahmen sofort Kontakt zum Sachsenforst auf und haben ihn auf die Artenschutzbelange hingewiesen“, sagt Holger Oertel vom Nabu-Landesvorstand. Schließlich schaltete sich die Umweltbehörde des Bautzener Landratsamtes ein und untersagte bis zum 30. September jegliche Fällarbeiten.

Für die Würschnitzer Bürgerinitiative ist die Aktion nur ein weiterer Beleg für die Verfilzung von Wirtschaftsinteressen und Bürokratie zu Lasten des Naturschutzes. „Das Kieswerk agiert ja mit dem Segen des Oberbergamtes in Freiberg“, sagt Isolde Rienecker. „Dadurch dürfen die offenbar machen, was sie wollen.“ 

Die BI weist seit längerem darauf hin, dass in dem riesigen Kiesabbaugebiet nördlich von Dresden quasi brasilianische Verhältnisse herrschen. Es könne sich doch niemand ernsthaft hinstellen und sagen, er habe nicht gewusst, dass Baumfällungen zwischen März und September verboten sind, so Rienecker. Da liege eher der Verdacht nahe, dass das Unternehmen die Ausgangsbeschränkungen der Coronakrise nutzen wollte, um unbemerkt vollendete Tatsachen zu schaffen.

Seit nunmehr 20 Jahren kämpfen die Würschnitzer gegen die Pläne des Ottendorfer Kieswerkes, die Heidelandschaft nördlich von Dresden großflächig aufzubaggern und dafür hektarweise Wald abzuholzen. Zwischenzeitlich sah es einmal so aus, als hätten die Bemühungen der Bürgerinitiative Erfolg. Das Ausmaß der Abbaupläne wurde in einem Raumordnungsverfahren begrenzt. 

Aber dann kamen die Kieswerk-Betreiber auf eine geniale Idee. Sie splitteten ihr gigantisches Vorhaben in mehrere kleinere Abbaufelder auf und beantragten diese getrennt und nacheinander. Das Oberbergamt setzte beflissen seinen Amtsstempel darunter, obwohl die Kiesgruben in der Summe verheerende Folgen für den Wasserhaushalt und die Ökologie des Gebietes haben.

Der Nabu Sachsen will nun noch einmal die Genehmigungsunterlagen für Würschnitz I samt Bandstraße überprüfen. „Dann werden wir sehen, ob alles einwandfrei gelaufen ist“, sagt Vorstandsmitglied Oertel. Gebe es Fehler im Verfahren, werde der Landesverband rechtlich dagegen vorgehen.

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