SZ + Löbau
Merken

Umzugsservice für Fledermaus & Schwalbe

Nach dem Abriss des Schulaltbaus in Herrnhut sind die Tiere wohnungslos. Sie bekommen in diesen Tagen Ersatz - mit allerlei Hilfskonstruktionen.

Von Anja Beutler
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Mückenfledermäuse wie diese lebten im alten Schulgebäude in Herrnhut.
Mückenfledermäuse wie diese lebten im alten Schulgebäude in Herrnhut. © Archivfoto: dpa

Thomas Frank ist ein Umzugshelfer der späten Stunde. Jetzt, wo alle Schüler bereits im neuen Gebäude der Zinzendorfschulen lernen, greift er den letzten Mietern des alten DDR-Plattenbaus, gewissermaßen unter die Flügel: Er kümmert sich um neue Quartiere für Fledermäuse und Schwalben. Denn die logierten zahlreich im und am alten Plattenbau, der inzwischen abgerissen ist, erklärt der Biologe, der für ein Gutachterbüro in Steina arbeitet.

Über einen längeren Zeitraum hat Frank nach Spuren der Tiere gesucht. Bei den Schwalben war das recht einfach - die Nester waren gut an den Dachüberständen am Haus zu erkennen. "Viele wissen gar nicht, dass am Schulhaus eine der größten Mehlschwalbenkolonien der Region gelebt hat", erklärt Thomas Frank. Die Tiere fänden hier im Umfeld noch offene Flächen, um auf Nahrungssuche zu gehen. 

Wie viele Schwalben genau in Herrnhut an der Zittauer Straße heimisch sind, kann niemand genau sagen. Ein paar Ersatzwohnungen - 14 Mehlschwalbenbretter - sind eingeplant, bestätigt er: "Da es am Neubau keine Dachüberstände mehr gibt, haben wir künstlich einen Dachvorsprung nachgebaut." Nicht alle Ersatzwohnungen finden übrigens an der Schule Platz - auch an Nachbarhäusern gebe es Plätze, die genutzt werden können.

Und was ist, wenn die Vögel - salopp gesagt - ihren Dreck auf das neu erbaute Haus kleckern? Thomas Frank winkt ab: "Kein Problem, da kann man Kotbretter darunter anbringen oder die Nester über Grünanlagen legen, wo es niemanden stört und keinen Schaden macht", skizziert er die Möglichkeiten.

Kot ist übrigens auch eine wichtige Sache bei der Frage nach den Fledermäusen, die in der alten Schule lebten. "Anhand der Kotspuren kann man erkennen, wo es Einfluglöcher gibt", sagt der Experte. Das Problem: Nach dem Winter Spuren zu finden, ist schwierig. Sehen kann man die Tiere meist kaum, zumal die Flugsaison bei wärmeren Temperaturen erst beginnt: "Wir wissen, dass hier die Zwerg- und die Mückenfledermaus vorkommen, beide sind nachgewiesen", erklärt er. 

Da die Tiere so klein wie eine Streichholzschachtel und so leicht wie zwei Stück Würfelzucker sind, können sie in jede noch so kleine Ritze einfliegen. "Unter der Blechverkleidung und dort, wo neue Fenster eingesetzt worden sind, sind kleine Schlitze, die von den Tieren genutzt wurden", beschreibt Thomas Frank. Mindestens 20 Stellen habe man nachgewiesen, von 30 geht man aus.

Um die Fledermäuse aus den Wohnungen zu bekommen, hat der Biologe Flatterfolie vor die Einflugschneisen geklebt. So kommen die Tiere raus, aber nicht mehr rein, weil die Fläche zu glatt ist. Zudem wurden alle möglichen Öffnungen ausgeleuchtet und abgesucht. "Aber hinter der Dämmwolle sehen sie die Tiere nicht", beschreibt Frank die Tücken.

Alternative Wohnungen bekommen die Fledermäuse geboten: Am neuen Gebäude werden im April Kästen angebracht. Damit sie die Auswahl haben, stehen 90 neue Zufluchtsorte zur Wahl. "Fledermäuse sind sehr quartiertreu", betont Frank. In die Johann-Amos-Comenius-Schule nebenan können die Fledermäuse übrigens nicht einziehen - auch wenn es da bereits Fledermausquartiere gibt: "Die sind für Mausohren und Braune Langohren, die es geräumiger lieben", erklärt er. Für die gymnasialen Fledermäuse kommen sie also nicht in Frage.

Hier unter dem Dach des DDR-Plattenbaus lebte eine der größten Mehlschwalbenkolonien der Region.
Hier unter dem Dach des DDR-Plattenbaus lebte eine der größten Mehlschwalbenkolonien der Region. © Foto: Thomas Frank

Mehr Lokalnachrichten:

Löbau

Zittau