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Versuchter Wahlbetrug in Lommatzsch

In einer Wahlurne fanden sich mehr Stimmzettel, als es Wähler gab. Warum es mit 14 Prozent so viele ungültige Stimmen gab.

Von Jürgen Müller
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©  dpa (Symbolbild)

Lommatzsch. Vier Tage hat es gedauert, bevor das offizielle Ergebnis der Bürgermeisterwahl in Lommatzsch feststand. Am Donnerstag teilte es Wahlleiterin Ilka Heimann offiziell mit. Demnach gab es 4152 Wahlberechtigte, von denen 2715 ihr Wahlrecht wahrnahmen. Damit lag die Wahlbeteiligung bei 65,3 Prozent. 

2335 Stimmen waren gültig, 380 ungültig. 2171 der gültigen Stimmen und damit 92,9 Prozent entfielen auf Anita Maaß. Bewertet man das Wahlergebnis mit Blick auf die Gesamtzahl der Wahlberechtigten, erhielt die alte und neue Bürgermeisterin 52,2 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten in Lommatzsch.

Das Ergebnis der Bürgermeisterwahlen war am Sonntag nur vorläufig festgestellt worden. „Zwar stand bereits zu diesem Zeitpunkt fest, dass die Amtsinhaberin Frau Dr. Anita Maaß weit mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erreicht hat. Die Quote der ungültigen Stimmen war aber mit 14 Prozent verhältnismäßig hoch, so dass der Gemeindewahlausschuss am Sonntag beschloss, die Unterlagen der Wahlvorstände einer tieferen Prüfung zu unterziehen. Diese fand am Mittwoch statt“, so Ilka Heimann, die Vorsitzende des Wahlvorstandes. 

Da es mit Anita Maaß für die Wahl nur einen zugelassenen Wahlvorschlag gab, durften die Wähler am Wahltag deshalb in einer freien Zeile auf dem Stimmzettel auch eine andere Person benennen. Von den Wählern wurden insgesamt 49 andere Namen genannt. Entsprechend den Erläuterungen auf dem Stimmzettel musste der Wähler neben Namen und Vornamen seines Favoriten mindestens eine weitere Angabe wie Wohnort, Beruf/Stand oder Geburtstag beigefügen. 

„Wurden nur Name und Vorname einer anderen Person aufgeführt, war der Stimmzettel als ungültig zu werten“, so Ilka Heimann. Der Gemeindewahlausschuss prüfte vor Feststellung des Wahlergebnisses deshalb, ob die hohe Zahl ungültiger Stimmen mit der nicht eindeutigen Nennung von anderen Kandidaten durch die Wähler im Zusammenhang stand, und gegebenenfalls entgegen der Auffassung der Wahlvorstände, Stimmzettel als gültig zu werten waren.

Außerdem mussten zwei versuchte Wahlbetrugsfälle überprüft werden. In einem Wahlbezirk waren zwei Stimmzettel mehr in den Urnen gelandet, als der Wahlvorstand ausgegeben hatte. „Möglicherweise wurden Stimmzettel von der Briefwahl mit ins Wahllokal gebracht und dann zwei Wahlzettel in die Urne geworfen“, vermutet die Vorsitzende des Wahlvorstandes. 

Es fiel jedenfalls auf, dass in zwei Fällen zwei Wahlzettel übereinandergelegt, gemeinsam gefaltet und dann in die Wahlurne geworfen wurden. „Der Wahlvorstand hatte zwei Stimmzettel für Frau Dr. Maaß aufgrund des Wahlbetrugsverdachtes nicht als gültig oder ungültig gezählt, sondern vor der Zählung aussortiert. Diese Handhabung bestätigte der Gemeindewahlausschuss“, so Ilka Heimann.

Einen als gültig vom Wahlvorstand anerkannten Stimmzettel, bewertete der Gemeindewahlausschuss als ungültig, da er nicht amtlich hergestellt war.

Von denjenigen, die von den Wählern ohne Wahlvorschlag auf den Wahlzettel geschrieben wurden, erreichte Mirko Schmidt mit 66 die meisten Stimmen. Er hatte vor der Wahl massiv um Stimmen geworben, ohne seine Kandidatur einzureichen. Schmidt war von 2004 bis 2005 Mitglied der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag und von 2005 bis 2009 fraktionsloser sächsischer Landtagsabgeordneter. 

Nach seinem Austritt aus der NPD wurde er zum Gründer und ersten Vorsitzenden der Sächsischen Volkspartei (SVP). 2011/12 trat er der Partei Bürgerbewegung pro Deutschland bei, für die er als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Sachsen 2014 antrat.

Zehn Stimmen erhielt der Rentner Axel Wondrak. Stadträtin Christine Gallasch (Freie Wähler Lommatzsch), die 2012 als Bürgermeisterin kandidierte und rund 20 Prozent der Stimmen erhielt, stand neunmal auf einem Wahlzettel.