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Warum Polizeistudenten in Rothenburg so beliebt sind

Die Stadt profitiert von ihren "Gästen auf Zeit". Nicht nur in Gaststätten und Supermärkten sind sie gern gesehen.

Von Frank-Uwe Michel
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Drei Polizeistudenten auf Abwegen. Nina Weickert spielt in Rothenburg Volleyball, Paul Hoppe unterstützt die Feuerwehr der Neißestadt. Und Dörthe Hänel flitzt in Niesky mit dem Hockeyschläger übers Parkett.
Drei Polizeistudenten auf Abwegen. Nina Weickert spielt in Rothenburg Volleyball, Paul Hoppe unterstützt die Feuerwehr der Neißestadt. Und Dörthe Hänel flitzt in Niesky mit dem Hockeyschläger übers Parkett. © André Schulze

Am Ende der Welt, irgendwo im Wald - in Rothenburg, kann man da überhaupt studieren? Für Dörthe Hänel, Paul Hoppe und Nina Weickert stellt sich diese Frage nicht. Sie drücken seit Oktober 2018 die Schulbank in der Hochschule der sächsischen Polizei. Und ja: Den drei jungen Leuten gefällt es hier. So sehr, dass sie sich vor Ort sogar in ihrer Freizeit engagieren.

Enge Bindung zu Rothenburg aufgebaut

Rothenburg ist die zweite Etappe der jungen Leute bei ihrem Ausbildungstrip in der Oberlausitz. Von Oktober 2017 an haben sie das erste Jahr im Bautzener Ableger der Hochschule absolviert, nun sind sie als 25. Jahrgang an der Neiße und schließen im September ihr Studium ab. "Wenn nichts dazwischenkommt, werden wir dann zu Kommissaren ernannt."

Mit einem Bachelor of Arts in der Tasche und der Aussicht, irgendwo im Freistaat Gruppenführer, Sachbearbeiter bei der Kripo oder Dozent an der Hochschule zu werden - eben alles, was der gehobene Dienst bei der Polizei in Sachsen zu bieten hat. Eins werden sie dann allerdings vermissen: Die Bindung zu ihrer "Heimat auf Zeit". "Wir haben hier so viele nette Menschen kennengelernt. Es macht schon ein bisschen traurig, die dann zu verlassen."

Mit der Rothenburger Feuerwehr im Einsatz

Dörthe Hänel, Paul Hoppe und Nina Weickert haben sich während ihres Studiums in Rothenburg und Umgebung besonders engagiert. Und wollen das bis zum Herbst natürlich weiterhin tun. Hoppe zum Beispiel stammt aus Lohmen und ist dort seit vielen Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr. "Ich dachte mir, die Möglichkeit sollte sich doch auch hier ergeben. Deshalb habe ich bei der Rothenburger Wehrleitung angefragt. Die Jungs waren begeistert. Und ich konnte sogar noch eine weitere Studentin dafür interessieren."

Natürlich kann der 32-Jährige aufgrund seiner studentischen Verpflichtungen nicht immer zum Training kommen. Und auch wenn sein Pieper anspringt, ist er - obwohl er sich beeilt - zuweilen zu spät. Einsätze mit den Kameraden aus der Neißestadt gab es aber trotzdem schon. "Zuletzt war ich bei einem Fahrzeugbrand in der Nähe des Netto-Marktes dabei."

Mit den Volleyhasen im Kampf um Punkte

Nina Weickert ist schon einige Jahre im Volleyball aktiv und beim SV Reichenbach eine feste Größe. Trotz Polizeiausbildung wollte sie nicht von ihrem Hobby lassen. Allerdings läuft sie jetzt eben für andere Vereine auf. "In Bautzen war das der MSV, hier in Rothenburg sind es die Volleyhasen des ASV", erzählt die 20-Jährige.

Sie sei damals zum Probetraining gegangen, herzlich aufgenommen worden und seitdem fest im Team integriert. "Trainingstechnisch, aber auch menschlich stimmt es einfach. Wir sind alles junge Leute, die zusammen Spaß haben, aber auch etwas erreichen wollen." Zuletzt hat es Nina Weickert sogar in den jährlich erscheinenden Kalender der Volleyhasen geschafft.

In der Bibliothek der sächsischen Polizeihochschule nach Wissen Ausschau halten, ist für Nina Weickert, Paul Hoppe und Dörthe Hänel (von links) berufliche Normalität. Nach den Vorlesungen engagieren sich die drei Studenten jedoch in ihrer "Heimat auf Zeit
In der Bibliothek der sächsischen Polizeihochschule nach Wissen Ausschau halten, ist für Nina Weickert, Paul Hoppe und Dörthe Hänel (von links) berufliche Normalität. Nach den Vorlesungen engagieren sich die drei Studenten jedoch in ihrer "Heimat auf Zeit © André Schulze

Trainiert wird beim Gegner in Niesky

Ebenfalls beim MSV in Bautzen hat Dörthe Hänel ihre ersten sportlichen Spuren in der Oberlausitz hinterlassen. "Dort war ich aktiv bei den 'Rasenschnecken'. Hockey spielen hat da richtig Spaß gemacht." Genau wie jetzt beim Hockeyclub 1920 in Niesky. Hier setzt sich die junge Frau allerdings nicht im Meisterschaftskampf für die eigenen Farben ein, sondern läuft - wenn es ernst wird - zum Gegner über. Die 28-Jährige lacht und weiß sich mit ihren Trainingspartnerinnen im Reinen. "Wir haben trotzdem einen Riesenspaß, obwohl die Mädels wissen: Am Wochenende trete ich für meinen Heimatverein aus Freiberg an."

Dörthe Hänel trainiert in ihrer Freizeit beim Hockeyclub Niesky, steht aber in Punktspielen für ihren Heimatverein aus Freiberg auf dem Parkett.
Dörthe Hänel trainiert in ihrer Freizeit beim Hockeyclub Niesky, steht aber in Punktspielen für ihren Heimatverein aus Freiberg auf dem Parkett. © André Schulze
Paul Hoppe engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr in Rothenburg. Seine Kameraden von der Wehr in seinem Heimatort Lohmen finden das gut.
Paul Hoppe engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr in Rothenburg. Seine Kameraden von der Wehr in seinem Heimatort Lohmen finden das gut. © André Schulze
Nina Weickert spielt bei den Volleyhasen des ASV Rothenburg. Und lobt das familiäre Umfeld im Team. Sportlich und menschlich fühlt sie sich gut aufgehoben.
Nina Weickert spielt bei den Volleyhasen des ASV Rothenburg. Und lobt das familiäre Umfeld im Team. Sportlich und menschlich fühlt sie sich gut aufgehoben. © André Schulze

Anschluss zu den Menschen in der Region

Die drei angehenden Kommissare haben Fuß gefasst in ihrer "Heimat auf Zeit". "Es macht totalen Spaß hier. Da wächst vieles auch privat zusammen", hat Paul Hoppe in den vergangenen Monaten festgestellt. Und Dörthe Hänel stellt klar, warum das so ist: "Natürlich ist das Ansichtssache. Es gibt Studenten, die fahren bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach Hause oder sagen: Ich lerne hier, alles andere ist mir egal. Für mich gilt aber: Ich möchte nicht nur auf Besuch sein, sondern mich engagieren." Sie wolle ein Teil der Welt hier in Rothenburg sein. "Da ist es doch normal, dass man sich nicht nur die Gegend anschaut, sondern auch Anschluss zu den Menschen sucht - und findet."

Ausführen der Tierheim-Hunde ist sehr beliebt

Das geht offenbar vielen Polizeistudenten so. So sitzt zum Beispiel der amtierende Polizeimeister Sachsens im Schach an den Brettern des Schachclubs 90 in Niesky, übt dort mit Kindern und Jugendlichen das königliche Spiel. Ein anderer angehender Kommissar spielt Tischtennis bei den Füchsen in Uhsmannsdorf. Zwei Handballfreaks sind bei Mannschaften in Löbau und Görlitz aktiv.

Das Ausführen der Hunde im Tierheim Horka gehört unter den Studierenden fast schon zum guten Ton. Auch die Reitvereine der Umgebung können sich über zu wenig Zulauf nicht beklagen. So bietet der RFV Wehrkirch in Horka äußerst flexible Reitzeiten an. Und im Gelände der Reitanlage Tannehof Neu Krauscha ist neben dem Führungsnachwuchs der Polizei sogar regelmäßig auch die Reiterstaffel des Freistaates unterwegs.

Studenten nutzen viele Angebote in der Stadt

Natürlich wissen Dörthe Hänel, Paul Hoppe und Nina Weickert auch die anderen "Hotspots" ihres Studienortes Rothenburg zu nutzen. "Der Dönerladen in der Priebuser Straße ist bei allen Studenten bekannt. Und die 'Neißeaue' in Noes ist für manche von uns schon zum Stammlokal geworden." Aber auch die Pension "Zum Postamt" sei sehr beliebt. Montags, erzählt Paul Hoppe, "fallen unsere Leute regelrecht in den Edeka-Markt ein und versorgen sich für die neue Woche." Er findet gut, dass die Stadt, ihre Vereine und Gewerbetreibende sowie die Kommissarsanwärter voneinander profitieren. "Das sollte man auf jeden Fall noch forcieren." 

Mit dem Rad ins Fitnessstudio nach Niesky

Längst haben der 32-Jährige und seine Kommilitonen auch die touristischen Highlights der Region rund um Rothenburg entdeckt. Und sie schwärmen von "Traumecken", die bei den Polizeistudenten hoch im Kurs stünden. "Joggen auf den Neißewiesen oder Skaten auf dem Neißeradweg sind besonders beliebt. Es gibt aber auch Leute, die sind rund um die Stadt auf verschiedenen Touren unterwegs. Manche radeln sogar bis nach Niesky und gehen dann im Fitnessstudio noch an die Geräte", weiß Dörthe Hänel. Natürlich habe sie wie viele andere auch schon die Bootsfahrten von Neiße Tours und das Kino in Görlitz genutzt.

Miteinander ist ein Pluspunkt für die Hochschule

Das Miteinander von Stadt, Region und Studenten sehen die drei Kommissarsanwärter sogar als Pluspunkt für die Hochschule. "Geht es uns gut, sind wir zufrieden und eingebunden in die Öffentlichkeit, geben wir das auch nach draußen." Immer wieder kämen bei Freunden Fragen nach Polizeijobs auf. "Da können wir - wenn es Rothenburg betrifft -  tatsächlich nur Positives berichten."

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