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Wenn das dickste Rohr von Radebeul voll ist

Starkregen hat die Baustelle am Elbufer geflutet. Gut, dass die Bauleute schon weit vorangekommen sind.

Von Peter Redlich
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Polier Jens Naumann von der Firma Lauber im dicksten Abwasserrohr von Radebeul. Vor wenigen Tagen war das Rohr am Elberadweg voll mit Wasser – der Starkregen vom gesamten Westen der Stadt floss hier zusammen.
Polier Jens Naumann von der Firma Lauber im dicksten Abwasserrohr von Radebeul. Vor wenigen Tagen war das Rohr am Elberadweg voll mit Wasser – der Starkregen vom gesamten Westen der Stadt floss hier zusammen. © Arvid Müller

Radebeul. Das ist schwer vorstellbar, weil alle auf Regen warten. Das dickste Rohr von Radebeul mit einem Durchmesser von 2,30 Meter war voll mit Wasser. Passiert ist das vor einigen Wochen, als es endlich regnete. Allerdings auch zeitweilig so stark, dass eben Sturzbäche niedergingen.

Die Wasser vom gesamten Westen Radebeuls treffen an einer Stelle zusammen: in der Kanalisation unter der Straße An der Festwiese, direkt neben dem Hotel Goldener Anker in Kötzschenbroda. Dort ist Radebeuls sensibelste Stelle bei Hochwassern. Und eben auch bei Starkregen, wie Anfang Juli.

 Da war das Schlimmste schon abgeflossen und das Rohr nur noch fast halb voll. 
 Da war das Schlimmste schon abgeflossen und das Rohr nur noch fast halb voll.  © Jens Naumann

Derzeit wird dort gebaut – für den Hochwasserschutz, den Extremfall. Die Coswiger Firma Lauber bringt neue, sehr große Rohre in die Erde und baut den Kanal Richtung Elbe neu. Polier Jens Naumann hat Fotos gemacht, als der Regen schon wieder nachließ. Da war das dicke Rohr immer noch halb voll.

Im Normalfall reicht für die Abwässer aus den Waschbecken, Toiletten und Duschen von Radebeul-Mitte bis zum Westen der Stadt ein 40 Zentimeter starkes Rohr. Das Abwasser wird, ebenfalls hier in Kötzschenbroda, nicht Richtung Elbe, sondern entlang der Festwiese über ein Pumpwerk weiter zum Abwasserzweckverband bis nach Diera-Zehren geleitet.

Was jetzt im Knick des Elberadweges zwischen Goldenem Anker und Elbesporthalle gebaut wird, ist nicht für die normale Situation gedacht. Die Investitionen gelten dem Fall, wenn es zum einen mit Wasser von oben – aus dem Himmel und vom Berg herab – richtig dick kommt. Und zweitens, wenn sich dazu noch Hochwasser in der Elbe staut.

Bei Starkregen, wie Anfang Juli, wird ein riesiger Schieber geöffnet. Der hat davor einen groben Rechen, um den schlimmsten Unrat abzuhalten. Die Wassermassen fließen dann über das 2,30-Meter-Rohr in den Kanal und von dort Richtung Elbe.

Das neue Steuerungshaus wird höher gebaut, damit die Anlage bei Hochwasser nicht absäuft. 
Das neue Steuerungshaus wird höher gebaut, damit die Anlage bei Hochwasser nicht absäuft.  © Arvid Müller

Das Rohr wurde schon erneuert. Es fehlt nur noch die direkte Verbund zum Haus mit dem Schieber. Zuletzt stand darin das Wasser mehr als mannshoch. Zum Glück waren die Seitenwände mit Holzbalken abgestützt. 

Das Schieberhaus mit der Steuerung der Anlage errichten die Männer der Coswiger Firma Lauber gerade neu. Zwei Meter höher als vorher, weil es im Elbe-Hochwasserfall sonst im Wasser stehen würde. 2013 musste die Steuerung abgeschaltet werden, um sie nicht zu beschädigen. Künftig wird die Anlage über dem Hochwasser stehen. Die Radebeuler Architekten vom Büro aT2 haben dafür das neue Gebäude entworfen.

Von der Steuerung geregelt werden auch zwei neue Pumpen, die hoffentlich selten gebraucht werden. In einem fünf Meter tiefen Schacht, unweit der Tiefgarageneinfahrt zum Goldenen Anker sind diese platziert. An die Pumpen sind Rohrleitungen angeschlossen, die im Hochwasserfall als eine Art Bypass genutzt werden. Nämlich dann, wenn vor Altkötzschenbroda ein Damm oder eine Hochwassermauer den Ortsteil vor der Elbe schützen muss. 

Damit aber das Abwasser trotzdem in die Elbe befördert werden kann und nicht 15.000 Haushalte überschwemmt, musste bisher eine gewaltige Pumpe vom Technischen Hilfswerk aushelfen. Der große blaue Container mit Pumpe schaffte 900 Kubikmeter in der Stunde. Die neuen, jetzt zwei Pumpen, bewältigen sogar 1.000 Kubikmeter Abwasser, um es Richtung Elbe zu drücken.

Noch nicht fertig gebaut, aber so voll war der Kanal schon am letzten Wochenende.
Noch nicht fertig gebaut, aber so voll war der Kanal schon am letzten Wochenende. © Jens Naumann

Der zweite große Bauplatz neben dem Elberadweg ist der Kanal Richtung Fluss. Hier landet letztlich das vom Rechen grob gereinigte Regenwasser. Viele Jahrzehnte blieb der Kanal sich selbst überlassen. Jetzt wird er nahezu komplett neu ausgebaut. 

Die Seitenwände bekommen stabile Steine, wesentlich größer als vorher. Dort, wo der Kanal eine leichte Kurve hat, sind es sogar 80 mal 80 Zentimeter große Granitblöcke. Jeder mindestens 1,2 Tonnen schwer, sagt Polier Jens Naumann. Damit ihn das Wasser im Extremfall nicht rausreißen kann.

Hier wird Hochwasserschutz für die nächsten Jahrzehnte und länger gebaut. Auf der anderen Seite der Elbe, in Cossebaude und Niederwartha ist der Schutz für die Siedlungen hinterm Deich bereits fertig. In Radebeul gibt es den Schutz vor Naundorf und dem Gewerbegebiet an der Fabrikstraße sowie seit einigen Monaten vor dem östlichen Teil von Altkötzschenbroda und Fürstenhain. Der Schutz vor Kötzschenbroda und Serkowitz fehlt noch.

Für die Bauwerke Pumpenschacht und Pumpe, die noch im Bau sind, das neue Steuerungshaus und die Abschlagrohre werden rund 1,2 Millionen Euro aufgewendet. Die Investition für den neuen Kanal sind weitere knapp 700.000 Euro. Ersteres soll in diesen Tagen fertig sein. Danach folgt noch der Straßenbau an der Ecke neben dem Goldenen Anker. 

Am 20. August ist Freigabe, sagt Olaf Terno, Geschäftsführer der WSR GmbH. Dann verschwindet auch die Absperrung für Radfahrer und Fußgänger an der Kurve. Mit dem Kanalbau haben die Lauber-Leute noch bis Ende Oktober zu tun, sagt Polier Jens Naumann.