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Wenn ein Auto ins Schlafzimmer kracht

Nach einem folgenschweren Unfall ist die Ferienwohnung in einem Bertsdorfer Umgebindehaus unbewohnbar. Die Gäste hat nur ein glücklicher Umstand gerettet.

Von Jana Ulbrich
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Das Zimmer ist vorerst unbewohnbar: Hartmut Pracht aus Bertsdorf-Hörnitz und seine Feriengäste Ulrike und Sven Zechner sind erst einmal ratlos.
Das Zimmer ist vorerst unbewohnbar: Hartmut Pracht aus Bertsdorf-Hörnitz und seine Feriengäste Ulrike und Sven Zechner sind erst einmal ratlos. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Dieses Zimmer ist nicht mehr bewohnbar: Die Wand zwischen den Fenstern eingestürzt, Ziegelsteine und Mauerbrocken auf Möbeln und Fußboden, Putz und Staub auf den Betten, der Fernseher aus der Verankerung gerissen, die Musikanlage und der DVD-Player unter Steinen begraben, Risse in den Wänden.

"Ein schöner Schock", sagt Hartmut Pracht und wirkt sehr betroffen. Der 65-Jährige steht in der Ferienwohnung, die er seit 1970 in seinem schönen Umgebindehaus in Bertsdorf-Hörnitz vermietet. In nächster Zeit wird er sie nicht mehr vermieten können.

Hartmut Pracht schüttelt immer noch ungläubig den Kopf über das, was hier am frühen Dienstagnachmittag passiert ist: "Ich lag gerade beim Mittagsschläfchen auf der Hollywoodschaukel", erzählt er. "Da hat es auf einmal einen großen, dumpfen Knall gegeben, so laut und so nahe, dass ich gleich aufgesprungen und ums Haus gerannt bin."

Auf der andere Seite seines Hauses sieht Hartmut Pracht das Auto des Nachbarn von gegenüber. Der Audi Q3 ist in die Mauer gedrückt. Hartmut Pracht wählt sofort den Notruf. "Zuerst mal ging es ja um den Nachbarn", sagt er. Der 78-Jährige wird ins Krankenhaus gebracht, kann es aber noch am selben Tag wieder verlassen.

Der Rentner von gegenüber wollte seiner Frau nur das Auto aus der Garage fahren. Wie der Audi dabei mit voller Wucht über die Straße schießen und gegen die Wand der Ferienwohnung krachen konnte, darüber kann Hartmut Pracht nur spekulieren. Doch er winkt ab: "Passiert ist passiert", sagt er ohne Groll. "Das kann man jetzt nicht mehr ändern."

Feriengäste haben Glück im Unglück

Das ganze Ausmaß der Zerstörung wird dem Bertsdorfer aber erst bewusst, als er in der Ferienwohnung nachsieht. Die Feriengäste, die erst am Montag bei ihm angereist sind, sind an diesem Nachmittag nur kurze Zeit vor dem Knall zu einer Wanderung aufgebrochen.

"Gottseidank", sagen Ulrike und Sven Zechner am Mittwochmorgen beim Frühstück im Garten. In der Wohnung, die sie für zwei Wochen gemietet haben, können sie ja nicht mehr frühstücken. Die beiden sportlichen Hallenser nehmen es gelassen. "Den Urlaub abbrechen werden wir auf keinen Fall", sagt Ulrike Zechner. "Wir hoffen nur, dass die nächsten Tage jetzt ruhiger werden." 

Denn schon die erste Nacht vom Montag zum Dienstag sei sehr aufregend gewesen, als die Sirene nicht weit vom Haus entfernt die Bertsdorfer Feuerwehrleute zum Waldbrand an den Oybiner Ameisenberg gerufen hat. Und auch in der zweiten Nacht haben sie nicht viel geschlafen. 

"Wir haben eine schöne Wanderung um den Töpfer gemacht - durch die Felsengasse und die Hölle - und sind danach noch zum Baden am O-See geblieben", erzählt Ulrike Zechner. Erst am späten Abend seien sie nach Bertsdorf zurückgekommen. "Da haben Frau und Herr Pracht schon ganz aufgeregt auf uns gewartet."

"Als wir dann das Zimmer gesehen haben, ist uns der Appetit aufs Abendbrot erst mal vergangen", sagt Ulrike Zechner. Aber alle ihre Sachen seien zum Glück unbeschädigt geblieben. Und Frau Pracht hatte ihnen schon ein Zimmer zum Schlafen im Obergeschoss zurechtgemacht. "Aber an Schlaf war natürlich nicht zu denken."

Statiker muss Einsturzgefahr prüfen

Dass die Bewohner und Feriengäste an diesem Abend überhaupt im Haus bleiben können, hat kurz zuvor ein Statiker entschieden, der extra aus Bautzen kommen musste, um eine mögliche Einsturzgefahr zu prüfen. Die kann nun ausgeschlossen werden. Ein dicker Holzbalken sichert den Fenstersturz.

Hartmut Pracht hat alles fotografiert. Für den Versicherungsvertreter, der in den nächsten Tagen kommen und den Schaden begutachten will. Die Polizei hatte ihn am Dienstag auf 34.000 Euro geschätzt. "Die Hauswand wird wohl rausmüssen, da wird nichts mehr zu machen sein", vermutet Hartmut Pracht.

Der Bertsdorfer hat mit dem Aufräumen und Saubermachen angefangen. "Seit 1740 steht dieses Haus", sagt er und trägt Mauerbrocken nach draußen. Die Ferienwohnung, die er schon zu DDR-Zeiten ausgebaut hat, war früher mal eine Stellmacherwerkstatt. "So lange hat das hier gehalten", sagt der 65-Jährige.  

Draußen vor der eingestürzten Wand steht das Auto der Urlaubsgäste, ein Opel-Transporter. "Wir können froh sein, dass der nicht hier gestanden hat und wir nicht in der Wohnung waren, als der Nachbar aus der Garage geschossen ist", sagt Sven Zechner und trinkt den letzten Schluck Frühstückskaffee. "Und deswegen machen wir jetzt erst mal Urlaub." Nach dem geplanten Ausflug nach Bautzen sei ja immer noch Zeit, ein neues Quartier zu suchen.

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