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Wie viel Kindesunterhalt steht mir zu?

Nach der Trennung gibt es oft Streit ums Geld. Beim Telefonforum erklären Fachleute die komplizierte Rechtslage.

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© 123rf (Symbolbild)

Die Theorie klingt einfach: Bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Kindes muss ein Elternteil nach einer Trennung Unterhalt zahlen. Doch die vielen Leserfragen beim Telefonforum zeigen, dass die Praxis kompliziert ist.

Wir sind eine Patchworkfamilie. Ich habe zwei Kinder, mein Partner einen Sohn. Dieser lebt innerhalb von zwei Wochen neun Tage bei uns. Mein Partner muss trotzdem den vollen Unterhalt leisten. Ist das richtig?

Hier liegt kein klassisches Wechselmodell vor. Da das Kind überwiegend bei Ihrem Partner lebt, muss die Kindesmutter Unterhalt zahlen.

Ich zahle regelmäßig Unterhalt, befürchte aber, dass sich meine Ex-Frau von dem Geld ein schönes Leben macht. Muss sie mir nachweisen, dass sie das Geld für mein Kind verwendet?

Nein. Über die Verwendung des Unterhalts muss Ihre Ex-Frau Ihnen oder einer Behörde keine Rechenschaft ablegen. Sie muss davon die wesentlichsten Ausgaben für Ihr Kind bestreiten. Ob sie aber davon etwas spart oder für andere Dinge verwendet, ist ihr überlassen.

Ist für den Unterhalt das Nettoeinkommen anzusetzen? Dürfen davon weitere Kosten wie Miete, private Rentenversicherung, Fahrtkosten zum Kind und Pkw-Reparatur abgezogen werden?

Für den Unterhalt ist das bereinigte Nettoeinkommen maßgebend. Das heißt, vom Brutto werden Sozialabgaben, private Krankenversicherung und Steuern abgezogen – außerdem berufsbedingte Aufwendungen. Eine private Rentenversicherung wird mit maximal vier Prozent vom Jahresbrutto berücksichtigt. Die Miete ist im Selbstbehalt kalkuliert, kann also nicht gesondert abgezogen werden, auch Fahrtkosten zum Kind und Reparaturen nicht.

Meine Ex-Frau bekommt Unterhaltsvorschuss. Wir teilen uns in die Betreuung des Kindes. Weil es ein Drittel des Monats bei mir lebt, wurde der Unterhaltsvorschuss eingestellt. Ist das richtig?

Anspruch auf Unterhaltsvorschuss hat der Elternteil, der das Kind 20 oder mehr Tage im Monat – also zwei Drittel des Monats – betreut. Insofern hat die Mutter auch weiterhin Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Sie sollte gegen die Einstellung vorgehen.

Der Vater meines Kindes hat ein weiteres Kind mit einer anderen Frau. Bekommt dadurch mein Kind weniger Unterhalt?

Das ist möglich, weil er damit zwei unterhaltspflichtige Kinder zu versorgen hat.

Ich verdiene 1.800 Euro netto und zahle 150 Euro Unterhalt. Habe ich auch Anspruch auf die Hälfte des Kindergeldes?

Da Sie nicht einmal den gesetzlichen Mindestunterhalt leisten, wird das Kindergeld dem anderen Elternteil voll ausgezahlt.

Meine Enkelin hat ein elfjähriges Kind von ihrem Ex-Freund und noch nie Unterhalt bekommen, weil er Hartz IV-Empfänger ist. Er möchte das Kind zu sich holen, was es nicht will. Hat er ein Recht dazu, wo er doch nichts zahlt?

Der Umgang mit dem Kind ist nicht davon abhängig, ob Unterhalt gezahlt wird. Ihre Enkeltochter sollte sich aber beim Jugendamt wegen des Unterhalts beraten lassen. Ihr steht bei Nichtzahlungsfähigkeit des Kindesvaters auch Unterhaltsvorschuss zu.

Die Antworten gaben: Cornelia Sender, Sachbearbeiterin im Jugendamt Chemnitz; Frank Simon, Fachanwalt für Familienrecht aus Dresden; Ines Ander, Fachanwältin für Familienrecht aus Görlitz (v.l.). 
Die Antworten gaben: Cornelia Sender, Sachbearbeiterin im Jugendamt Chemnitz; Frank Simon, Fachanwalt für Familienrecht aus Dresden; Ines Ander, Fachanwältin für Familienrecht aus Görlitz (v.l.).  © Uwe Mann

Mein Ex zahlt Unterhalt für unsere Tochter. Er weigert sich aber, die Hälfte der Kosten für die Klassenfahrt in Höhe von 150 Euro zu übernehmen. Das sind doch Sonderausgaben, die extra aufgeteilt werden müssten, oder?

Das gilt nur im Einzelfall als Sonderbedarf. Dann müsste die Aufteilung der Kosten auch entsprechend der Einkommensverhältnisse erfolgen. Normalerweise sind diese Kosten Bestandteil des Regelunterhalts.

Der Vater meiner Kinder hat den Unterhalt einfach um 37 Euro pro Monat gekürzt. Er will, dass ich voll arbeiten gehe, um weniger Unterhalt zu benötigen. Die Kinder sind aber in psychologischer Behandlung und brauchen mehr Zuwendung. Muss ich voll arbeiten?

Wie viel Sie als Mutter verdienen, ist für den Kindesunterhalt unerheblich. Das wäre nur von Belang, wenn Sie auch Ehegattenunterhalt von Ihrem Ex-Mann bekommen. Ab einem bestimmten Alter der Kinder kann Vollbeschäftigung verlangt werden. Brauchen die Kinder mehr Betreuung, kann davon auch abgesehen werden.

Für meinen Sohn (17) gibt es eine Unterhaltsurkunde, nach der sein Vater ihm 105 Prozent des Regelunterhaltes zahlen muss. Wie viel ist das? Und wird es mehr, wenn der Vater mehr verdient?

420 Euro muss der Vater zahlen. Davon ist bereits das halbe Kindergeld abgezogen. Alle zwei Jahre haben Sie Auskunftsanspruch über sein Einkommen. Eine Abänderung des Unterhalts erfolgt aber nur bei wesentlichen Veränderungen des Einkommens, das heißt, er muss mindestens zehn Prozent mehr oder weniger verdienen.

Mein Enkel (19) hat die Ausbildung mehrfach abgebrochen und bemüht sich nicht um Arbeit. Er ist auch nicht krankenversichert. Er lebt bei seiner Mutter, die auch Hartz IV bezieht. Muss mein Sohn unbegrenzt weiter Unterhalt zahlen? Hat der Enkel noch Anspruch auf Kindergeld?

Ihr Enkel muss zumindest ausbildungssuchend sein, um Kindergeld beanspruchen zu können. Ihr Sohn muss keinen Unterhalt mehr zahlen, denn das ist gegenüber Volljährigen nur dann notwendig, wenn eine Ausbildung absolviert wird.

Meine Tochter (24) hat das Studium abgebrochen und eine Lehre begonnen. Sie bekommt dort 1.000 Euro monatlich. Muss ich weiter zahlen?

Der Bedarf einer Volljährigen im eigenen Haushalt beträgt 860 Euro im Monat. Darin sind 375 Euro Warmmiete enthalten. Bei 1.000 Euro Einkommen ist davon auszugehen, dass sie ihren Bedarf decken kann.

Meine Tochter lebt seit knapp zwei Jahren bei ihrem Vater. Sie ist im Dezember volljährig geworden. Bis dahin habe ich ihr 422 Euro gezahlt, jetzt möchte sie 533 Euro monatlich. Ich arbeite als Krankenschwester in Teilzeit. Welcher Selbstbehalt steht mir jetzt zu? Muss ich deshalb voll arbeiten?

Ihr Selbstbehalt beträgt mit der Volljährigkeit Ihrer Tochter 1.400 Euro im Monat. Sie müssen nicht voll berufstätig sein, da Sie keine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung mehr haben. Wenn Ihr Einkommen den Selbstbehalt übersteigt, sind Sie und der Vater unterhaltspflichtig.

Meine beiden Kinder sind volljährig, studieren und leben in einer eigenen Wohnung. Mein Nettoeinkommen beträgt rund 1.500 Euro. Welcher Selbstbehalt steht mir zu? Muss ich Unterhalt zahlen?

Grundlage der Unterhaltsberechnung sind die Einkünfte beider Elternteile. Bei nur geringen Einkünften über dem Selbstbehalt von 1.400 Euro entsteht nur ein geringer Unterhaltsanspruch. Volljährigen können zu ihrer eigenen Unterhaltssicherung Nebentätigkeiten zugemutet werden.

Mein Kind ist zehn Jahre alt. Sein Vater zahlt 380 Euro im Monat und ist selbstständig. Jetzt zahlt er unregelmäßig, oft auch gar nicht, weil er nicht mehr so viel verdient. Wie wird das Einkommen bei Selbstständigen ermittelt? Bis wann muss das Geld auf dem Konto sein?

Die Unterhaltsberechnung erfolgt anhand der Gewinne der letzten drei Geschäftsjahre. In der zweiten Altersstufe muss der Vater mindestens 424 Euro abzüglich des halben Kindergeldes, also 322 Euro zahlen. Da Unterhalt eine Geldrente ist, muss es zum ersten des Monats auf dem Konto sein.

Unsere Tochter (14) hat bereits einen festen Freund. Wenn sie Mutter wird, bekommt sie dann den Unterhalt für ihr Kind oder wir?

Der Unterhalt würde natürlich dem Neugeborenen Kind zustehen. Da Sie aber die Vermögenssorge für Ihre minderjährige Tochter haben, würde Ihnen das Geld ausgezahlt.

Stephanie Wesely hat die Fragen und Antworten notiert.