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Wo es für Nieskys Stahlbauer neue Jobs gibt

Die 120 Mitarbeiter müssen sich nach der Insolvenz ihres Betriebes neu orientieren. Metallbaufirmen werben um sie. Hat der Stahlbau-Nachfolger da das Nachsehen?

Von Frank-Uwe Michel
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Ob die Beschäftigten des Nieskyer Stahlbaus ab März in die neue Gesellschaft von Eigentümer Claude Pirson wechseln, lässt sich jetzt noch nicht absehen. Die Kritik der Mitarbeiter: Es gibt keine verlässlichen Informationen.
Ob die Beschäftigten des Nieskyer Stahlbaus ab März in die neue Gesellschaft von Eigentümer Claude Pirson wechseln, lässt sich jetzt noch nicht absehen. Die Kritik der Mitarbeiter: Es gibt keine verlässlichen Informationen. © André Schulze

Eine knappe Woche ist es her, dass DSD-Steel-Beirat Martin Diedrichs in der Sächsischen Zeitung die Absicht von Claude Pirson öffentlich machte, der Eigentümer des Stahlbau-Geländes wolle im März mit einer neuen Gesellschaft an den Start gehen. Die Ankündigung des belgischen Industriellen, der in seiner DSD Steel Group mindestens 17 Unternehmen vereint, kam für die Nieskyer Beschäftigten überraschend. Entsprechend unsicher gehen sie mit dem Thema um.

Belegschaft aufgeschlossen für Neustart

Daniel Oppermann ist wie viele seiner Kollegen sauer, dass er Neues über die Zukunft des Nieskyer Stahlbau-Standortes immer zuerst aus der Zeitung erfährt. "Es hätte sich gehört, dass Herr Pirson mit seiner Idee auf uns zugegangen wäre", stellt der Betriebsratsvorsitzende klar. "Dann hätte er auch mitbekommen, dass die Belegschaft dem Projekt Neustart aufgeschlossen gegenübersteht." So aber bleibe vieles nach wie vor im Dunkeln. Interesse, soviel stehe fest, sei bei den Stahlbauern durchaus vorhanden. Doch wie der in der Schweiz lebende Geschäftsmann an die Sache herangehe, könne im Werk niemand so recht verstehen. "Er müsste doch bestrebt sein, Leute mit Erfahrung in seinen neuen Betrieb zu holen. Deshalb ist für uns völlig unklar, dass in dieser Richtung bis jetzt nichts passiert."

Mitarbeiter fordern mehr Informationen

Oppermann will deshalb in den nächsten Tagen noch einmal das Gespräch mit Insolvenzverwalter Ralf Hage suchen, um dann die Kollegen in einer weiteren Betriebsversammlung auf den aktuellen Stand der Dinge zu bringen. Denn auch Hage, so sein Vorwurf, habe Informationen nicht so an die Mitarbeiter weitergegeben, wie in der Sächsischen Zeitung verkündet.

Lange Anlaufzeiten für neue Aufträge

Ob das Interesse der Stahlbauer an der Nachfolgegesellschaft dort tatsächlich auch zu Anstellungen führt, ist indes offen. Zwar hatte der Pirson-Vertraute Diedrichs angekündigt, zunächst Sonderprodukte in Niesky fertigen zu lassen, die in anderen Firmen der DSD-Gruppe benötigt würden. Welche Berufsgruppen dazu gebraucht werden, ist aber unklar. Genauso wie die Zahl weiterer Mitarbeiter, die nach Auftragseingang und steigendem Bedarf sukzessive eingestellt werden sollen. Nach einem schlüssigen Konzept klingt das für die scheidenden Stahlbauer jedenfalls nicht. "Ehe neue Aufträge akquiriert sind, vergeht Zeit. Sollte tatsächlich weiter schwerer Brückenbau betrieben werden, sind Anlaufzeiten von einem halben Jahr nichts Ungewöhnliches", erklärt Betriebsrat Oppermann. Für große Teile der Belegschaft sei das zu ungewiss. "Jeder hat Ausgaben, muss Miete, Versicherungen und Lebenshaltungskosten bezahlen. Da ist es schwer, auf solch vage Ankündigungen zu vertrauen."

Waggonbau mit reger Nachfrage

Offenbar haben sich deshalb viele Stahlbauer bereits nach einem anderen beruflichen Umfeld umgetan. Nach SZ-Informationen hat es im benachbarten Waggonbau, der in den vergangenen Monaten ebenfalls Interesse am Kauf des Firmengeländes an der Muskauer Straße hatte, mittlerweile 18 Anfragen von Mitarbeitern des Stahl- und Brückenbaus gegeben. Zwei Kollegen sollen schon neue Arbeitsverträge bekommen haben. Weitere, so ein Insider, würden bestimmt folgen. Das passt gut zu der Ankündigung von Waggonbau-Chef Matus Babik, perspektivisch bis zu 100 neue Mitarbeiter einstellen zu wollen. Erst jüngst hatte der Slowake erklärt, dass sich die Auftragslage bei dem Hersteller von Güterwaggons so gut entwickle, dass man neue Fertigungskapazitäten schaffen müsse.

Bewerbungen auch in Markersdorf

Auch andere Metallbaubetriebe in der Region haben derzeit Bedarf an Fachkräften. Zum Beispiel Metallbau Schubert in Markersdorf. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen momentan 132 Mitarbeiter und 15 Auszubildende, ist damit personell sogar stärker besetzt als der Nieskyer Stahl- und Brückenbau mit seinen zuletzt 120 Beschäftigten. Gesucht werden in Markersdorf für den Bereich Stahlbau ein Leiter Technisches Büro sowie Statiker, Projektleiter und Sachbearbeiter Konstruktion. Nach Angaben einer Sprecherin sind Bewerbungen aus Niesky bereits eingegangen, auch Vorstellungsgespräche hätten schon stattgefunden.

Andere Stahlbaubetriebe zeigen ebenfalls Interesse

Mit einer Belegschaft von 155 Personen noch größer ist die Stahlbau Oberlausitz GmbH in Neugersdorf. Auch dort wird intensiv nach Fachkräften gesucht. Aktuell sind vor allem Montageleiter, Schweißfachingenieure, Statiker, Technische Systemplaner, Bauingenieure und Konstrukteure gefragt, aber auch Schweißer, Schlosser und Monteure. Dagegen ist bei dem 22-Mann-Betrieb Stahl- und Metallbau Weiner in Ludwigsdorf vergleichsweise nur geringer Bedarf. Junior-Chef Marcus Weiner: "Wir sind an einem Fertigungsleiter und einem Konstruktionstechniker interessiert."

Gehaltsgefüge nicht gravierend unterschiedlich

Christian Göbel, der für den Stahlbau Niesky zuständige Beauftragte der IG Metall Ostsachsen, ist zuversichtlich, dass die Beschäftigten des insolventen Betriebes recht unkompliziert einen neuen Job in der Region finden. "Wer offen ist, auch mal einen etwas anderen Weg zu gehen, dem dürfte das gelingen." Unterschiede im Gehaltsgefüge der einzelnen Betriebe sieht er als nicht so gravierend. Der Abstand zum Tarif der Metall- und Elektroindustrie sei zwar riesig, untereinander gebe es in den nicht tarifgebundenen Firmen aber sicher vergleichbare Stellen.

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