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Zahl der unbegleiteten jungen Asylbewerber steigt drastisch an

Städte und Landkreise können die hohen Standards zur Unterbringung junger Flüchtlinge nicht mehr erfüllen. Sachsen reagiert mit Lockerungen und Forderungen an den Bund.

Von Karin Schlottmann
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Syrische Jugendliche im Deutschunterricht.
Syrische Jugendliche im Deutschunterricht. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Dresden. Die Jugendämter in Sachsen haben in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 2.000 minderjährige Asylbewerber in Obhut genommen. Das entspricht einer Zunahme von rund 82 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Knapp die Hälfte dieser unbegleiteten Jugendlichen ist nach der Registrierung weitergereist in ein anderes Bundesland oder in ein anderes EU-Land. Das verstärkte Aufkommen sorge für eine zugespitzte Situation bei den Trägern der Jugendhilfe, sagte Sozialministerin Petra Köpping (SPD) am Donnerstag.

Die Betreuung der minderjährigen Asylbewerber, die ohne ihre Eltern nach Deutschland kommen, ist besonders aufwendig und kostenintensiv. Vor allem die fachlichen Anforderungen an das Betreuungspersonal sind hoch. Nach der Anerkennung als Flüchtlinge können Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr ihre Eltern und minderjährigen Geschwister nach Deutschland holen lassen.

Um den Kommunen entgegen zu kommen, habe Sachsen bereits einige Standards bei der Unterbringung und Betreuung leicht gelockert. Dennoch mangele es an Unterbringungsplätzen und Angeboten von Trägern, sagte Köpping. Nach einem Gespräch mit dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindetag in dieser Woche forderte sie den Bund auf, die Kommunen durch die Übernahme der Kosten für den Aufbau und den Betrieb von Einrichtungen zu entlasten. Viele Träger seien nicht bereit, sich zu engagieren, weil die Finanzierung vom Auf und Ab der Flüchtlingsbewegungen abhingen. Sie forderten eine dauerhafte Finanzierung der Einrichtungen.

Minderjährige Flüchtlinge in Sachsen: Forderung an Bund

"Wir fordern nun vom Bund, dass er den Aufbau und den Betrieb kommunaler Infrastruktur für vorläufige Schutzmaßnahmen bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten vollumfänglich finanziert." Somit soll den Einrichtungen mehr Stabilität und Planungssicherheit gegeben werden. "Niemandem ist mit einem ständigen Auf und Ab bei Schließung und Öffnung von Einrichtungen geholfen", sagte Köpping. Die Kapazitäten sollten flexibel nutzbar sein und allen Kindern und Jugendlichen zugutekommen.

Zudem müsse geprüft werden, ob männlichen unbegleitete Ausländer ab 16 Jahren auch in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden können. Dort könnten sie zunächst in separaten Bereichen und mit Betreuung beherbergt werden. Bisher werden sie in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht. Im Einzelfall sei eine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften bereits jetzt möglich.

Auch müsse geprüft werden, inwieweit sachliche Zuständigkeiten der Betriebserlaubnis - etwa die maximal zulässige Gruppengröße - zeitlich befristet vom Landesjugendamt an die örtlichen Träger der Jugendhilfe übertragen werden können. Mit der Übertragung der Zuständigkeit auf die örtliche Ebene soll die Unterbringung der Minderjährigen beschleunigt werden. Der gesetzliche Auftrag - die Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen wahrzunehmen - bleibe von der Übertragung der Zuständigkeit unberührt. (mit dpa)