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Bewerber kommen sogar aus Brasilien und Australien

Immer mehr ausländische Beschäftigte arbeiten in der Region Döbeln. Ein Arbeitgeber ist das Fachkrankenhaus in Hochweitzschen. Die Chancen sind groß, der bürokratische Prozess jedoch langwierig.

Von Lea Heilmann
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Pflegedirektorin Petra Hundireser (v.l.) mit dem Pflegerteam Michael Weißig und Stephanie Kogler-Ribeiro.
Pflegedirektorin Petra Hundireser (v.l.) mit dem Pflegerteam Michael Weißig und Stephanie Kogler-Ribeiro. © SZ/DIetmar Thomas

Region Döbeln. Seit mehr als drei Jahren arbeitet Stephanie Kogler-Ribeiro im Fachkrankenhaus Bethanien Großweitzschen. Für den Job ist sie hergezogen, nicht nur in die Region Döbeln, sondern auch nach Deutschland. Die Pflegerin kommt gebürtig aus Portugal.

Sie ist eine von 20 internationalen Mitarbeitern im Fachkrankenhaus. Die Fachkräfte arbeiten im ärztlichen Dienst, in der Pflege oder in der Reinigung. "Teilweise sind die Mitarbeiter auch schon viele Jahre hier beschäftigt und nicht erst seit den letzten fünf Jahren", sagte Pflegedirektorin Petra Hundrieser.

Die Bewerbungen für den mitteldeutschen Verbund von Agaplesion, zu der das Krankenhaus Bethanien gehört, sind in den letzten Jahren internationaler geworden. Sandy Liebold, Abteilungsleiterin Personalmanagement, erzählte, dass die Bewerbungen anfangs vor allem aus dem ost- und südeuropäischen Raum kamen, mittlerweile auch vermehrt darüber hinaus.

Anteil der ausländischen Beschäftigten gestiegen

Mitunter kommt auch mal eine Bewerbung aus Brasilien, letztens haben wir in einer anderen Einrichtung eine Ärztin aus Australien eingestellt“, sagte sie weiter.

In der Region Döbeln ist der Anteil der ausländischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigen seit 2018 kontinuierlich gestiegen. 2022 gab es 1.143 Beschäftige aus dem Ausland, die in dem Geschäftsbereich Döbeln der Arbeitsagentur arbeiten. 2018 waren es noch 754 Menschen.

Den höchsten Anteil an ausländischen Beschäftigten hat Striegistal. Dort kommen 10,8 Prozent der Arbeitnehmer aus dem Ausland. Gefolgt wird die Gemeinde von der Stadt Hartha (6,3 Prozent) und Waldheim (5,3 Prozent). Absolut gesehen arbeiten die meisten Menschen aus dem Ausland in Döbeln, insgesamt sind das etwa 350.

Die meisten Arbeitnehmer stammen aus Polen

2015 hatte das Klinikum einen kleinen Effekt aufgrund der Geflüchtetenströme nach Deutschland wahrgenommen. Über die Unterkünfte für unbegleitete Jugendliche sind Praktika für Hochweitzschen vermittelt worden.

"Darüber haben die Jugendlichen ihre Ausbildung zum Krankenhilfepfleger abgeschlossen und dadurch wurde ihr Realschulabschluss anerkannt", sagte Petra Hundrieser. Drei davon sind noch innerhalb des Verbunds oder im ambulanten Pflegedienst in der Region angestellt.

In der Region Döbeln kamen 2022 die meisten ausländischen Arbeitnehmer aus Polen (895 Arbeiter), gefolgt von 757 Tschechen und 400 Rumänen. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Arbeitsagentur 217 Ukrainer.

Das Klinikum ist wie viele andere Unternehmen auch, auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Besonders der Landkreis Mittelsachsen hat einen hohen Altersdurchschnitt. Viele Fachkräfte gehen in den nächsten Jahren in Rente.

Das Fachkrankenhaus Bethanien Hochweitzschen sucht händeringend Kräfte in der Pflege. Deshalb sucht die AMD auch ganz gezielt nach internationalem Personal.

Internationale Zusammenarbeit mit Agenturen

Wir arbeiten mit zwei Agenturen zusammen. Eine sucht innerhalb von Europa, Schwerpunkt Portugal. Da haben wir direkt vor Ort ein Recruiting-Projekt etabliert“, erklärte Liebold. Ein zweites Projekt ist im November vergangenen Jahres angelaufen mit einer Agentur, die weltweit sucht. „Das Optimum wäre, dass man in der Pflege zwei bis fünf Mitarbeiter im Jahr einstellt“, sagte Hundrieser.

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Wie Liebold erklärte, fangen die Vorbereitungen der zukünftigen Mitarbeiter bereits im Heimatland an. Die Agenturen begleiten dort die Sprachausbildungen und bieten Schulungen oder Workshops an, um den Menschen die deutsche Kultur und das Pflegeverständnis näherzubringen, sagte Liebold weiter.

Integration dauert über ein Jahr

Zum Teil werden die zukünftigen Mitarbeiter ein dreiviertel Jahr vorbereitet. In Deutschland angekommen, geht es dann weiter mit einem detaillierten Integrationskonzept.

Anhand der Unterlagen, die die Kandidaten bei deutschen Ämtern einreichen, wird ein sogenannter Defizitbescheid erstellt. Der beinhaltet alles, was die Menschen in Deutschland nachholen müssen, um ihren Abschluss anerkannt zu bekommen. „Anhand dessen wird die Integration bei uns gestaltet“, sagte Liebold.

Grundsätzlich sei es aber so, dass alle in der ersten Woche eingearbeitet werden, um die typischen Arbeitsweisen kennenzulernen. Außerdem bekomme jeder ausländische Arbeitnehmer einen festen Ansprechpartner für fachliche Fragen, sowie eine weitere Person, die soziale oder kulturelle Fragen beantworten kann. „Die Begleitung, die wir anbieten, dauert mindestens sechs Monate“, ergänzte Liebold. Diese lange Einarbeitung sei enorm wichtig.

Internationale Mitarbeiter bereichern Teams

Die Chancen von ausländischen Mitarbeitern sieht der Verbund als sehr groß. „Wir bekommen auch mehr internationale Patienten, da ist es natürlich ein riesen Vorteil, wenn man die Nationalität auch bei den Beschäftigten findet“, sagte Petra Hundrieser und ergänzte: „Es bereichert auch die Teams, jeweils andere Kulturen kennenzulernen, da entstehen auch viele Freundschaften“.

Liebold fügte hinzu, dass es auch eine Win-Win Situation sei, weil die meisten internationalen Fachkräfte unglücklich mit den Arbeits- oder Lebensbedingungen in ihrer Heimat sind und mit einem ernsthaften Interesse nach Deutschland kommen. „In der Gesellschaft haben wir mittlerweile so eine Vielfalt an Nationalitäten, sodass es nur folgerichtig ist, auch sein Personal entsprechend zu rekrutieren“.

Bürokratie ist die höchste Hürde

Ein Problem ist jedoch vor allem die Bürokratie. Liebold erzählte, dass es sehr lange dauert, bis der ganze bürokratische Prozess durchlaufen ist. Die Bewerber müssen ihre kompletten Unterlagen vorlegen, oftmals scheitern daran bereits viele Geflüchtete, weil sie nicht alle notwendigen Dokumente mithaben.

Aber auch Personen, die sich aus dem Ausland bewerben, haben einige Hürden vor sich. „Die Dokumente müssen alle stringent beglaubigt von einem amtlichen Übersetzer übersetzt werden. Dann werden diese in Deutschland eingereicht und wir müssen einen Arbeitsvertrag oder eine Einstellungszusage verbindlich gegenüber den Behörden abgeben. Erst damit beginnt die Prüfung“, erläuterte Liebold die Prozedur.

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Knapp ein Jahr dauert die komplette Prozedur oftmals. „Die Mitarbeiter arbeiten in der Zeit zwar schon, aber nur als Hilfskräfte, weil sie bis zur Anerkennung nicht vollumfänglich eingesetzt werden dürfen und das ist für einige dieser Menschen auch frustrierend“, sagte Liebold weiter.

Die Mitarbeiter hoffen, dass die Bürokratie in nächster Zeit vereinfacht wird. Im März hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen. So sollen ausländische Fachkräfte künftig leichter nach Deutschland kommen.