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Hubertus Heil: „Eine Rente mit 70 wird es mit mir nicht geben“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil stellt sich am Montag in Bautzen im Bürgerdialog „Hin.Gehört“ Fragen zu Rente und Arbeit. Vorab stellt der SPD-Politiker im Interview klar, was mit ihm nicht geht.

Von Nora Miethke
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Arbeitsminister  Hubertus Heil (SPD): "Eine stabile Rente ist ja kein Luxusgut."
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD): "Eine stabile Rente ist ja kein Luxusgut." © dpa/Michael Kappeler

Herr Heil, Schwerpunktthema der Diskussion am Montag in Bautzen ist die Rente. Im Rentenpaket II soll das Rentenniveau bei 48 Prozent bis 2039 festgeschrieben werden. Wie soll das angesichts von steigender Teilzeitquote und demografischer Entwicklung gelingen?

Eine stabile Rente ist ja kein Luxusgut, sondern zentrales Versprechen unserer sozialen Marktwirtschaft. Das Rentenpaket ist ausgewogen. Die heute Jüngeren bekommen in Zukunft für ihre Beiträge auch eine ordentliche Rente. Und wir legen heute Mittel langfristig zur Seite und entlasten so die zukünftigen Beitragszahler. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden heutige und zukünftige Rentnerinnen und Rentner von der Lohnentwicklung abgekoppelt. Sie würden im Verhältnis zur arbeitenden Bevölkerung ärmer. Das werden wir nicht zulassen. Eine verlässliche Rente ist eine Frage der Leistungsgerechtigkeit, denn es profitieren die, die unser Land am Laufen halten. Eine 49-jährige Krankenschwester aus Sachsen beispielsweise, die 2040 in Rente geht, hat Dank des Rentenpakets 1.100 Euro mehr im Jahr.

Weiteres Thema ist ein längeres Arbeitsleben und was dafür die richtigen Anreize sind. Gleichzeitig soll an der „Rente mit 63“ festgehalten werden, die in Ostdeutschland häufig in Anspruch genommen wird. Ist das nicht kontraproduktiv?

Es gibt die Rente mit 63 gar nicht mehr, das Eintrittsalter liegt bei 64 Jahren und vier Monaten und steigt auf 65 Jahre. Wer 45 Jahre hart gearbeitet hat, etwa im Handwerk, in der Logistik, in der Pflege oder im Einzelhandel, hat das Recht, dann auch ohne Abschläge in Rente zu gehen. Ich habe vor kurzem in einem Kraftwerk in Eisenhüttenstadt mit einer Frau gesprochen, die seit 1983 Schichtarbeit macht. Die sagte klipp und klar, dass sie nicht bis 70 arbeiten kann, für sie wären die Pläne der Konservativen eine Rentenkürzung. Wer länger arbeiten kann und will, der kann das heute schon tun. Aber eine Rente mit 70 wird es mit mir nicht geben.

Wie soll für Bürger und Bürgerinnen eine Kombination aus Rente und Arbeit attraktiver werden?

Schon heute arbeiten deutlich mehr ältere Menschen als vor 20 Jahren. Diesen Weg will ich weitergehen. Es braucht allerdings auch Unternehmen, die ihre älteren Beschäftigten halten wollen. Das gesetzliche Renteneintrittsalter wird mit mir nicht erhöht, aber über flexible Übergänge und Anreize, für die, die freiwillig länger arbeiten können und wollen, führen wir gerade einen Dialog mit Wirtschaft und Gewerkschaften. Und ich freue mich auch auf den Austausch darüber mit Bürgerinnen und Bürgern aus Bautzen.

In Sachsen gibt es keinen gesetzlich geregelten Anspruch auf Bildungszeit wie in anderen Bundesländern. Ist dieser zwingend notwendig, um durch Qualifizierung und Weiterbildung ein längeres Arbeitsleben zu unterstützen?

Die Arbeitswelt verändert sich laufend, auch durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Deshalb sind Qualifizierungen und Weiterbildungen immens wichtig, damit die Beschäftigten von heute auch die Arbeit von morgen machen können. Weiterbildung ist an erster Stelle eine Aufgabe des Arbeitgebers. Die Bundesagentur für Arbeit bietet aber zahlreiche Unterstützungsangebote. So können Beschäftigte und ihre Arbeitgeber beispielsweise Zuschüsse zu Lehrgangskosten oder zum Lohn erhalten. Das Instrument Bildungszeit liegt in der Hand der Länder und die meisten Bundesländer haben sich dafür entschieden. Es wäre gut, wenn auch der Freistaat Sachsen diesen Weg geht. Und ich weiß, dass die sächsische SPD sich dafür stark macht.

Die Veranstaltung heißt „Hin.Gehört“. Bei welchen Themen wollen Sie als Bundesarbeitsminister genau hinhören in dem Sinne, dass Sie auf die sächsische Perspektive gespannt sind?

Ich war in den letzten Jahren oft zu Bürgergesprächen in Sachsen unterwegs. Erst in der vergangenen Woche etwa in Hoyerswerda. Ein Thema, das in Sachsen besonders wichtig ist, ist das Thema Arbeits- und Fachkräftesicherung. Ein weiteres ist die Sicherheit im Alter, da viele hier vor allen Dingen auf die gesetzliche Rente angewiesen sind. Ich freue mich darauf, in Bautzen mit Bürgerinnen und Bürgern über Arbeit und Rente diskutieren zu können.

Der Bürgerdialog „Hin.Gehört“ mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) fand am 27. Mai von 17. bis 20. Uhr in der Stadthalle „Krone“, Steinstraße 9, in Bautzen statt - Wie es lief, lesen Sie hier