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Ampel und Union legen Streit um das Bürgergeld bei

Die Ampel-Koalition und die Union haben im Streit um das Bürgergeld einen Kompromiss erzielt. Aus Sicht der Ampel wird damit das "Hartz IV"-System überwunden.

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Der Streit um das geplante Bürgergeld scheint endlich beendet zu sein.
Der Streit um das geplante Bürgergeld scheint endlich beendet zu sein. © Christin Klose/dpa (Symbolbild)

Berlin. Am Dienstag stellten sich Spitzenpolitikerinnen und -politiker der Ampel und der Union fast zeitgleich vor die Kameras in Berlin, um die Beilegung des Streits über das künftige Bürgergeld zu verkünden. Es sei ein Kompromiss erzielt worden, dem voraussichtlich am Mittwochabend der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zustimmen werde, erklärten der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sowie auf der Seite der Ampel die Parlamentarischen Geschäftsführer von SPD und FDP, Katja Mast und Johannes Vogel sowie die grüne Fraktionschefin Britta Haßelmann.

Merz hob hervor, dass die Union ihre Ziele weitgehend durchgesetzt habe. Er sagte, dass "die Koalition relativ schnell und - zu meiner Überraschung - sehr weitgehend bereit war, hier entsprechende Kompromisse zu machen." Die Reform werde zwar weiter den Namen Bürgergeld-Gesetz tragen, aber es werde nicht mehr das Bürgergeld sein, das die Koalition ursprünglich wollte, sagte Merz.

Demgegenüber betonten die Ampel-Politiker, der neue Geist, der mit dem Bürgergeld in die Betreuung der Arbeitslosen einziehen solle, sei erhalten geblieben. SPD-Geschäftsführerin Mast sagte, es gebe nun die Chance, dass an diesem Freitag Bundestag und Bundesrat "den großen Systemwechsel und den Kulturwandel beim Bürgergeld statt Hartz IV" verabschieden könnten.

Im Einzelnen wird der diesen Abstimmungen vorausgehende Vermittlungsausschuss am Mittwochabend über einige wichtige Änderungen am bisherigen Gesetz beraten. Nur wenn er zustimmt, geht das Gesetz erneut zur endgültigen Abstimmung in den Bundestag und Bundesrat. Die Zeit drängt, denn das neue Bürgergeld soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Die höheren Leistungen müssen bis dahin auf den Konten der Bezieherinnen und Bezieher sein.

Auf Druck der Union ist die Vertrauenszeit gestrichen worden, die vorgesehene Schonfrist im ersten halben Jahr des Bürgergeld-Bezugs, die ganz besonders den Grünen am Herzen lag. Die grüne Fraktionsvorsitzende Haßelmann sagte, sie bedauere das. Die Vertrauenszeit sollte dafür sorgen, dass anfangs nur bei Terminversäumnissen Sanktionen gegen Arbeitslose ausgesprochen werden, damit mehr Vertrauen zwischen den Kunden und ihren Betreuern im Jobcenter wachsen kann.

Kürzere Karenzzeit als zunächst geplant

Die bisher vorgesehene Karenzzeit von zwei Jahren, in der Ersparnisse und Wohnung geschont werden, wird auf ein Jahr verkürzt. Die Höhe der Ersparnisse wird von 60.000 Euro für eine Einzelperson und 30.000 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied auf 40.000 Euro bzw. 15.000 Euro reduziert. Dies geht aus den Änderungen im Gesetzestext hervor, die am Dienstag an den Vermittlungsausschuss geschickt wurden.

Mit diesen drei Änderungen hat sich die Union durchgesetzt, da damit ihre zentralen Forderungen weitgehend erfüllt wurden. Die Ampel-Seite betonte aber, dass die Reform vor allem aus zahlreichen Verbesserungen bei der Betreuung und Weiterbildung der Menschen bestehe, die in der Kompromissfindung nicht angetastet worden seien. Jugendliche und Auszubildende dürfen künftig Hunderte Euro mehr vom eigenen Verdienst bzw. der Ausbildungsvergütung behalten, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Vogel. Erwachsene können mehr hinzuverdienen, Arbeitslose können eine komplette Berufsausbildung nachholen anstatt sofort in einen Hilfsjob vermittelt zu werden. Schließlich werden auch die Regelsätze deutlich erhöht, von 449 Euro auf 502 Euro im Monat.

Das Vermittlungsverfahren war nötig geworden, weil das Bürgergeld-Gesetz der Ampel-Koalition im Bundesrat keine Mehrheit bekommen hatte. Die Bundesländer, in denen die Union mitregiert, stimmten dem Gesetz nicht zu. In den vergangenen Tagen hatten Vertreterinnen und Vertreter der Ampel-Fraktionen, der Union und der Bundesländer intensive Gespräche geführt, um den Kompromiss vorzubereiten. (epd)