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Die Linke braucht Mut zur Selbstkritik

Auf dem ersten Landesparteitag der Linken nach dem Wagenknecht-Austritt wurde viel diskutiert und neu gewählt. Doch bringt das 2024 auch mehr Wähler? Ein Kommentar.

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Sächsische.de-Redakteur Thilo Alexe über den Parteitag der Linken in Sachsen.
Sächsische.de-Redakteur Thilo Alexe über den Parteitag der Linken in Sachsen. © SZ Montage: dpa

Aus der Perspektive der Linken sieht die ideale Welt so aus: Gute Löhne sichern gesellschaftlichen Zusammenhalt. Internationale Konflikte werden durch Diplomatie eingehegt. Keiner steht allein da. Wer Probleme hat bei der Miete oder den Pflegekosten, kann sich auf einen starken Staat stützen. Dieser greift regulierend ein und schießt Geld zu.
Das sind, ohne Ironie, hehre, nachvollziehbare und womöglich auch naive Ziele, gerade weil die Welt so nicht ist und niemals so sein wird. Das Problem für die Linke: Immer weniger Menschen fühlen sich von dieser Erzählung angesprochen. Viele sehen die Partei nicht in der Lage, ihren eigenen Weg zu beschreiten. Und das nicht nur wegen der Abspaltung von Sahra Wagenknecht.

In Sachsen hat die Linke ihr Ergebnis zwischen 1999 und 2019 auf etwa zehn Prozent halbiert. In den Bundestag zog sie nur dank dreier Direktmandate ein. Nach dem Parteiaustritt von Wagenknecht ist die Fraktion dort politisch am Ende. Bald wird sie auseinanderbrechen.

Für die sächsische Linke, die sich am Wochenende in Chemnitz auf die Landtagswahl 2024 vorbereitete, sind das keine einfachen Bedingungen. Wer allerdings erwartet hat, dass die Genossen eine umfassende Analyse dazu angingen, irrt. Klar, Wagenknechts Abgang wurde spätabends angesprochen. Nach dem Motto: Unschöne Sache, aber wir machen weiter.

Die Suche nach Gründen für den anhaltenden Stimmverlust blieb aus.
Dazu braucht es mehr als einen Landesparteitag in Sachsen. Und ja, die Genossen wollten nicht den Eindruck erwecken, Wagenknecht mit Selbstkritik irgendwie recht zu geben. Das ist nachvollziehbar. Doch nachvollziehbar wäre es auch gewesen, der harten Aufarbeitung mehr Raum zu geben.

Die Linke muss sich fragen, warum ihre Ansprache nicht so funktioniert wie früher. Allein an asylfreundlichen Positionen kann es nicht liegen. Die Partei muss klären, wen sie wie adressiert. Macht sie vor allem Identitätspolitik für ausgegrenzte Gruppen oder versucht sie den gesamtgesellschaftlichen Anspruch zu stärken? Und sie muss ihre Umverteilungspolitik präziser untersetzen als mit der Forderung, Reiche stärker zu besteuern.

Ansätze gibt es, etwa mit der Forderung, Industriepolitik und soziale Gerechtigkeit zu verbinden. Noch ist die Partei im Osten gut verankert. Doch ein mieses Ergebnis bei der Europawahl im Juni wäre für sie mehr als ein Dämpfer – nicht nur mit Blick auf die Sachsenwahl.