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Michael Kretschmer präsentiert SPD-Buch - und sorgt für Kritik

Ein geplanter Auftritt von Ministerpräsident Michael Kretschmer mit Brandt-Witwe Brigitte Seebacher stößt auf heftige Kritik bei den Sozialdemokraten in Sachsen.

Von Sven Heitkamp
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Brigitte Seebacher, Witwe des früheren SPD-Kanzlers Willy Brandt, hat ein Buch über die SPD verfasst. Dieses will CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer vorstellen. Das stößt bei der SPD auf Kritik.
Brigitte Seebacher, Witwe des früheren SPD-Kanzlers Willy Brandt, hat ein Buch über die SPD verfasst. Dieses will CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer vorstellen. Das stößt bei der SPD auf Kritik. © dpa

Leipzig. CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer will Donnerstagabend an einer außergewöhnlichen Buchpräsentation teilnehmen: Es geht ausgerechnet um einen neuen Band zur Geschichte der SPD, den Brigitte Seebacher – Witwe des früheren SPD-Kanzlers Willy Brandt – verfasst hat.

Zweideutiger Titel: „Hundert Jahre Hoffnung und ein langer Abschied“. Die frühere Journalistin und Geschichtsprofessorin Seebacher war von 1983 bis zu seinem Tod mit Willy Brandt verheiratet. Sie hat bereits Bücher über Größen der Sozialdemokratie wie August Bebel, Erich Ollenhauer und Brandt geschrieben. Nun zeichnet sie auf mehr als 700 Seiten die Geschichte der Sozialdemokratie von den Anfängen der Arbeiterklasse bis in die heutige Zeit nach. Doch dass Kretschmer die Veranstaltung begleitet, stößt auf heftige Kritik innerhalb der SPD.

Der SPD-Abgeordnete und langjährige Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, beanstandet, dass die Auffassung Seebachers „distanzlos“ auf der Internetseite der Staatskanzlei wiedergegeben werde. „Die Staatsführung erklärt uns die Geschichte. Hatten wir schon mal“, kritisiert der Bürgerrechtler und Theologe. Der CDU-Chef wolle den Sozialdemokraten vorhalten, „was sie so alles falsch gemacht haben“. Tatsächlich wird auf der Webseite der Staatskanzlei kritisiert, dass sich die damalige SPD-Entspannungspolitik gegenüber dem SED-Regime und das Festhalten an der Deutschen Teilung während der Umbrüche und der Friedlichen Revolution 1989 als „hinderlich“ erwiesen hätten.

Vorwurf der „übergriffigen Anmaßung“

Auch Andreas Ueberbach, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen, wirft Kretschmer „übergriffige Anmaßung“ vor. Die Staatskanzlei wolle ein „angebliches Scheitern der SPD in der Zukunft sowie ihr vermeintliches Versagen in der Ostpolitik Willy Brandts“ zum Thema machen. Über die Geschichte der SPD habe weder die Staatskanzlei noch der Regierungschef und CDU-Vorsitzende zu befinden, betont das Dresdner SPD-Mitglied.

Seebacher, die mit Äußerungen zur SPD und zu Brandt nicht den besten Ruf genieße, wolle offenbar ihr „Skandalbüchlein“ bekannter machen, indem sie sich dem politischen Gegner anbiedere. Die Staatskanzlei äußerte sich auf Nachfrage bislang nicht zu der Kritik.

Die Diskussion zwischen Kretschmer und Seebacher am Donnerstagabend ab 19 Uhr im Zeitgeschichtlichen Forum wird vom FAZ-Journalisten Andreas Platthaus moderiert. Das Gespräch soll sich der Frage widmen, wie die Sozialdemokratie mit den aktuellen Fragen in Deutschland und Europa umgehe, heißt es in der Ankündigung.