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Führungsriege der SPD wiedergewählt

Seit zwei Jahren führen die Parteichefs Klingbeil und Esken die SPD zusammen mit Generalsekretär Kühnert. In den Umfragen ist die Partei seitdem abgestürzt. Bei der Wiederwahl wird das Trio dafür nicht abgestraft - im Gegenteil.

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Lars Klingbeil und Saskia Esken sind als
Lars Klingbeil und Saskia Esken sind als © Nietfeld/dpa

Berlin. Die SPD hat ihrer Führungsriege auf einem Parteitag in Berlin ganz klar den Rücken gestärkt. Lars Klingbeil und Saskia Esken bleiben mit guten Ergebnissen die Doppelspitze der Kanzlerpartei. Der Bundesparteitag wählte am Freitag auch Generalsekretär Kevin Kühnert für zwei weitere Jahre. Er fuhr mit 92,55 Prozent das drittbeste Ergebnis aller SPD-Generalsekretäre ein, seitdem das Amt 1999 eingeführt wurde.

Besser als der 34 Jahre alte Kühnert schnitten bei der Wahl eines Generalsekretärs laut SPD nur Franz Müntefering 1999 und Katarina Barley 2015 ab. Auf das schlechteste Ergebnis kam der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz 2003 mit 52,6 Prozent - nachdem der damalige Kanzler Gerhard Schröder seine Sozialreformen präsentiert hatte.

Klingbeil erhielt bei der Abstimmung der SPD-Delegierten 85,6 Prozent der Stimmen und damit nur etwas weniger als 2021 mit 86,3 Prozent. Esken kam mit 82,6 Prozent auf ein deutlich besseres Ergebnis als vor zwei Jahren mit 76,7 Prozent. Auch das ist angesichts der Krisenstimmung und der miserablen Umfragewerte der SPD ein deutliches Vertrauensvotum.

Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär
Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär © dpa

In der Stellvertreterriege gibt es ein neues Gesicht: Der Finanzpolitiker Achim Post aus Nordrhein-Westfalen ersetzt Thomas Kutschaty, der als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr krachend gescheitert war und nicht erneut antrat. Post erhielt 78,2 Prozent der Stimmen.

Das beste Ergebnis bei der Stellvertreterwahl erzielte Arbeitsminister Hubertus Heil mit 96,6 Prozent der Stimmen. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger wurde mit 95,5 Prozent der Stimmen bestätigt, die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Serpil Midyatli mit 79,3 Prozent und Bauministerin Klara Geywitz mit 74,6 Prozent.

Die 62-jährige Esken ist bereits seit vier Jahren SPD-Vorsitzende. Sie hatte sich 2019 zusammen mit Norbert Walter-Borjans in einer Stichwahl der SPD-Mitglieder gegen den heutigen Kanzler Olaf Scholz und seine jetzige Bauministerin Klara Geywitz durchgesetzt.

Nach der Bundestagswahl 2021, bei der die SPD erstmals seit fast 20 Jahren wieder stärkste Partei wurde, rückte der heute 45-jährige Lars Klingbeil für Walter-Borjans in die Doppelspitze auf. Bis zu diesem Zeitpunkt war er Generalsekretär und managte den Wahlkampf, aus dem Scholz schließlich als Kanzler hervorging.

Wahlniederlagen, Migrationspolitik und Haushaltskrise bringen Unruhe

In den ersten beiden Jahren ihrer Amtszeit sahen die beiden ihre Aufgabe vor allem darin, dem ersten SPD-Regierungschef seit 16 Jahren im schwierigen Dreier-Bündnis mit Grünen und FDP den Rücken zu stärken. Krachende Wahlniederlagen in Hessen und Bayern, Unzufriedenheit mit dem Ampel-Kurs in der Migrationspolitik und zuletzt die Haushaltskrise haben allerdings Unruhe in die Partei gebracht und Forderungen nach einer stärkeren Profilierung der SPD laut werden lassen.

Im nächsten Jahr stehen die Europawahl, drei Landtagswahlen in Ostdeutschland und mehrere Kommunalwahlen an. Die große Frage dabei ist: Setzt sich der Höhenflug der AfD und der gleichzeitige Absturz der Ampel fort, der durch die aktuelle Haushaltskrise noch verstärkt wurde? Die SPD kommt in den jüngsten Umfragen zur Bundestagswahl nur noch auf 14 bis 17 Prozent - im Vergleich zu 25,7 Prozent bei der Wahl 2021. Die drei Ampel-Parteien zusammen sackten von 52 Prozent 2021 auf heute 33 bis 38 Prozent in bundesweiten Umfragen ab.

Partei fordert Krisenabgabe

Ein wichtiges Thema der Partei wird eine sogenannte einmalige "Krisenabgabe" für Superreiche. Das beschloss der Bundesparteitag am Freitag in Berlin. Im Gegenzug soll für 95 Prozent der Bevölkerung die Einkommensteuer sinken.

Die jüngsten Krisen hätten die soziale Ungleichheit in Deutschland verstärkt, heißt es in dem Beschluss. Daher sollten die Menschen mit den allerhöchsten Vermögen stärker in die Verantwortung gezogen werden. Außerdem sollen Erbschaften und Schenkungen höher besteuert werden, so dass sich Multimillionäre und Milliardäre stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen.

Die Schuldenbremse soll modernisiert werden. Hier wurde kurz vor der Abstimmung ein Kompromiss mit den Jusos gefunden, die zunächst die Abschaffung der Regel im Grundgesetz gefordert hatten. Beschlossen wurde die Formulierung: "Starre Begrenzungen der Kreditaufnahme von Bund und Ländern, wie wir sie derzeit in den Verfassungen vorfinden, lehnen wir ab. Sie verhindern Investitionen und beeinträchtigen die Handlungsfähigkeit des Staates."

Juso-Chef Philipp Türmer kommentierte: "Good Bye, Schuldenbremse!" Es gehe nun nicht länger allein um eine Lockerung zugunsten von Investitionen, sondern zugunsten der Handlungsfähigkeit des Staates. "Dieser Beschluss ebnet auf Bundes- und Landesebene den Weg, die Schuldenbremsen für ein Gelingen der sozial-ökologischen Transformation und eine Stärkung der sozialen Zusammenhalts endlich loszuwerden", betonte er.

Klingbeil sieht Doppelspitze als "Zeichen von Stabilität"

Bei der Bekanntgabe der erneuten Kandidatur hatte Klingbeil diesen Schritt als "Zeichen von Stabilität" in unruhigen Zeiten gewertet. Er habe zusammen mit Esken schon vieles erreicht. "Aber wir sind noch nicht zu Ende."

Esken erinnerte daran, dass sie 2019 mit dem Ziel Parteivorsitzende geworden sei, die Bundestagswahl 2021 zu gewinnen. "Ich will ganz klar sagen: Es ist auch jetzt unser Ziel. Wir haben Wahlen vor uns, die wir gewinnen wollen." (dpa)