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Bundesanwaltschaft klagt weitere NSU-Unterstützerin an - Prozess in Dresden geplant

Susann E. ist Ehefrau eines NSU-Mitglieds und galt als Vertraute von Beate Zschäpe. Jetzt muss sie sich als Helferin vor Gericht in Dresden verantworten.

Von Karin Schlottmann
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Andre E., Ehemann der Beschuldigten, ist im Juli 2018 wegen Unterstützung der Terrorgruppe NSU zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er soll inzwischen aus der rechten Szene ausgestiegen sein.
Andre E., Ehemann der Beschuldigten, ist im Juli 2018 wegen Unterstützung der Terrorgruppe NSU zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er soll inzwischen aus der rechten Szene ausgestiegen sein. © dpa/Peter Kneffel

Dresden. Die Bundesanwaltschaft hat gegen eine weitere mutmaßliche Helferin der rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) Anklage erhoben. Susann E., Ehefrau des NSU-Mitglieds André E. und Vertraute von Beate Zschäpe, muss sich demnächst vor dem Oberlandesgericht Dresden wegen Unterstützung einer inländischen Terrorgruppe sowie Beihilfe zu einer schweren räuberischen Erpressung mit Waffen verantworten.

Wie der Generalbundesanwalt am Mittwoch mitteilte, habe Susann E. spätestens Anfang des Jahres 2007 gewusst, dass die Mitglieder des NSU unter falschen Identitäten im Untergrund lebten und zu diesem Zeitpunkt bereits rassistisch motivierte Morde sowie einige Banküberfälle begangen hatten. Ab Herbst 2008 habe sie Beate Zschäpe mehrfach ihre Krankenkassenkarte überlassen, damit diese unerkannt Arzttermine wahrnehmen konnte.

Als ihr Ehemann André E. in der ersten Jahreshälfte 2009 für Beate Zschäpe und das NSU-Mitglied Uwe Böhnhardt unter seinem und dem Namen seiner Ehefrau zwei Bahncards beschaffte, habe Susann E. hierfür ihre Personalien zur Verfügung gestellt. Dies ermöglichte es den Mitgliedern der Terrorgruppe, ohne die Gefahr einer Enttarnung vergünstigt mit Zügen der Deutschen Bahn zu fahren, heißt es in der Anklage. Zudem habe die Beschuldigte die beiden NSU-Mitglieder Zschäpe und Böhnhardt Ende Oktober 2011 zu ihrem Wohnmobil gebracht. Mit dem Fahrzeug begingen die Gruppe ihren letzten Raubüberfall am 4. November 2011 in Eisenach.

Beschuldigte befindet sich auf freiem Fuß

Der Tatverdacht gegen Susann E. hat sich laut Bundesanwaltschaft aufgrund neuer Erkenntnisse weiter erhärtet. Die Beschuldigte befindet sich auf freiem Fuß.

Der Nationalsozialistische Untergrund wurde im Herbst 1998 von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in Thüringen gegründet. Die drei waren wegen einer drohenden Festnahme in den Untergrund abgetaucht. Um ihre nationalsozialistisch geprägten völkisch-rassistischen Vorstellungen vom "Erhalt der deutschen Nation" zu verwirklichen, hatte es sich die Gruppierung zum Ziel gesetzt, aus der Illegalität heraus Mord- und Sprengstoffanschläge zu begehen.

Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos ermordeten im Zeitraum vom 9. September 2000 bis 6. April 2006 neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft. Zudem verübten sie im Januar 2001 und Juni 2004 zwei Sprengstoffanschläge in Köln, bei denen zahlreiche Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Ein weiterer Mordanschlag des NSU galt im April 2007 zwei Polizeibeamten in Heilbronn, bei dem eine Polizeibeamtin getötet und ihr Kollege schwer verletzt wurde.

Haftverschonung für den Ehemann

Ihren Lebensunterhalt im Untergrund finanzierte das Trio durch Raubüberfälle auf Geldinstitute und Einkaufsmärkte. Zwischen 1998 und 2011 begingen sie 15 Überfälle mit Schusswaffen, zuletzt in Eisenach. Zu dieser Tat reisten Böhnhardt und Mundlos in einem gemieteten Wohnmobil an. Nachdem sie im Anschluss von der Polizei umstellt worden waren, setzten sie das Fahrzeug in Brand und begingen Selbstmord. Wie mit der Gruppe zuvor abgesprochen, legte Zschäpe noch am selben Tag in der gemeinsamen Wohnung in Zwickau einen Brand. Sie tauchte kurzzeitig unter und stellte sich am 8. November 2011 der Polizei.

Die Bundesanwaltschaft hatte am 8. November 2012 Anklage gegen Zschäpe sowie vier Unterstützer und Gehilfen des NSU vor dem Oberlandesgericht München erhoben, darunter André E. Mit Urteil vom 11. Juli 2018 wurde Zschäpe unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Mordes und versuchten Mordes, Raubes, räuberischer Erpressung und Brandstiftung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen André E. verhängte das Gericht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. André E. ist von der Haft verschont worden und nimmt am sächsischen Aussteigerprogramm teil.