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Sachsen: Drohungen gegen Schulen haben "Pro-Palästina-Bezug"

Am Montag und Dienstag gab es deutschlandweit zahlreiche Bombendrohungen. In Sachsen sind mehrere Schulen betroffen. Jetzt hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

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Die Drohungen gegen Schulen in Sachsen, wie hier in Brandis,  haben nach Angaben des Innenministeriums einen Bezug zum Nahost-Konflikt gehabt.
Die Drohungen gegen Schulen in Sachsen, wie hier in Brandis, haben nach Angaben des Innenministeriums einen Bezug zum Nahost-Konflikt gehabt. © NEWS5

Berlin/Dresden. Die Drohungen gegen Schulen in Sachsen haben nach Angaben des Innenministeriums einen Bezug zum Nahost-Konflikt gehabt. "Bei den bislang in Sachsen bekanntgewordenen Fällen ist eine politische Motivation erkennbar, die im Kontext mit dem aktuellen Israel-Palästina-Konflikt steht", teilte Innenminister Armin Schuster (CDU) auf Anfrage mit. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen, die Extremismuseinheit PTAZ beim Landeskriminalamt gleiche die Ergebnisse zudem mit anderen Bundesländern ab.

In den anonymen Drohmails seien Bombenexplosionen oder Schusswaffenanschläge angekündigt worden. Bislang gingen Schreiben an Schulen in Dresden, Chemnitz, Brandis und Pulsnitz ein. Die Drohungen seien "in einen pro-palästinensischen Kontext" gestellt worden, teilte das Ministerium mit. Sie ordneten sich in eine Welle ähnlicher anonymer Drohschreiben im gesamten Bundesgebiet ein.

In Anbetracht der Eskalation im Nahen Osten sei mit weiteren Drohungen zu rechnen. "Auch wenn bislang von keiner Ernsthaftigkeit der Drohungen auszugehen ist, wird bei zukünftigen Drohmails weiterhin jedem Sachverhalt mit der im Einzelfall gebotenen Sorgfalt und Intensität nachgegangen", erklärte das Innenministerium.

Entwarnung in Pulsnitz

In Pulsnitz bemerkten Schulmitarbeiter am Morgen laut Polizei eine Bombendrohung eines unbekannten Absenders. Auch wenn bei den Vorfällen am Montag nirgends Sprengmittel gefunden worden seien, nehme die Polizei die Drohung ernst, hieß es. Das Schulgelände, zu dem auch noch eine Oberschule gehört, wurde geräumt. Am Nachmittag gab es die Entwarnung. Nach Aussage eines Polizeisprechers wurde weder in der Grund- noch in der angrenzenden Oberschule eine Bombe oder ein anderer gefährlicher Gegenstand gefunden.

In Brandis bei Leipzig sei der Eingang der Drohung kurz vor 7 Uhr gemeldet worden, sagte eine Polizeisprecherin. Es sei eine "strafbare Handlung" angedroht worden. Alle Schülerinnen und Schüler seien aufgefordert worden, zu Hause zu bleiben. Auf dem Gelände befinden sich eine Grundschule, eine Oberschule und ein Gymnasium. Auch hier seien "keine Feststellungen getroffen" worden, sagte eine Sprecherin der Polizeidirektion Leipzig am Nachmittag.

Nach einer Bombendrohung in einer Schule in Brandis bei Leipzig hat die Polizei mit Spürhunden das Objekt durchsucht.
Nach einer Bombendrohung in einer Schule in Brandis bei Leipzig hat die Polizei mit Spürhunden das Objekt durchsucht. © Sören Müller

"Die Drohungen sollen Verunsicherung und Ängste schüren", sagte Susann Meerheim vom sächsischen Kultusministerium. "Dagegen wird vor Ort mit Professionalität gearbeitet." Die Schulleitungen kooperieren dabei eng mit der Polizei vor Ort, um die Sicherheit in den betroffenen Schulen zu gewährleisten.

Die Schulen seien auf solche Bedrohungslagen vorbereitet, unter anderem durch den Rahmenplan zur Bewältigung von Bedrohungslagen und allgemeinen Gefahrensituationen, das Arbeitsschutzmanagementsystem sowie Übungen und zahlreiche Fortbildungen. Regelmäßig würden die Schulleitungen in Beratungen auf die verschiedenen Werkzeuge und Instrumente zur Bewältigung von Bedrohungslagen und allgemeinen Gefahrensituationen hingewiesen, teilt das Kultusministerium mit.

Privatradios und Schulen in Thüringen betroffen

Auch an drei Erfurter Schulen gingen nach Polizeiangaben wortgleiche E-Mails ein. In diesen soll teils in arabischer Sprache, teils auf Deutsch mit Gewalt gedroht worden sein, hieß es. Die Schulen waren daraufhin am Dienstagmorgen evakuiert worden beziehungsweise erst gar nicht für den Unterricht geöffnet worden. Bei Durchsuchungen fanden Polizisten keine verdächtigen Gegenstände.

Am Mittwoch sollte es wieder regulären Unterricht geben, sagte eine Polizeisprecherin. Betroffen waren die Gemeinschaftsschule Willy Brandt, die IGS Gesamtschule sowie die Gemeinschaftsschule Steigerblick. Erst am Montag hatte es Bombendrohungen gegen eine andere Schule in Erfurt und weitere Schulen in anderen Bundesländern gegeben. Auch in diesen Fällen konnte Entwarnung gegeben werden.

Der Absender der jüngsten Droh-Mails gegen die Erfurter Schulen sei unbekannt, so die Polizei. Ermittelt werde wegen der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat.

Eine Bombendrohung richtete sich am Dienstag auch gegen ein Funkhaus mit mehreren Radiosendern in Weimar. Auch in diesem entdeckten die Polizisten bei Durchsuchungen keine verdächtigen Gegenstände. Ein Sprengstoffspürhund habe nicht angeschlagen, sagte ein Polizeisprecher. Das Funkhaus, in dem "Antenne Thüringen", "Landeswelle Thüringen" und "Radio Top40" untergebracht sind, war zuvor geräumt worden.

Die Droh-Mail, die beim Funkhaus eingegangen sei, sei mit "Hamas" unterzeichnet gewesen. Ob tatsächlich ein Bezug zu der radikalislamistischen Terrorgruppe Hamas bestehe, müsse geprüft werden, sagte der Polizeisprecher. Aktuell werde noch gegen unbekannt wegen Androhung einer Straftat ermittelt. Drohschreiben mit Bezug auf die Hamas und den Gaza-Krieg waren am Dienstag auch an Schulen in anderen Bundesländern eingegangen.

Berliner Hauptbahnhof von Evakuierung betroffen

Bis Dienstagmittag waren auch Schulen in Bayern und Nordrhein-Westfalen betroffen.

Nach Angaben der Bundespolizei war am Dienstag auch der Berliner Hauptbahnhof von einer Bombendrohung betroffen. Bei der Deutschen Bahn sei in der Nacht zum Dienstag gegen 3 Uhr eine entsprechende E-Mail eingegangen, sagte eine Sprecherin der Bundespolizeidirektion Berlin auf Anfrage.

Die Polizei habe daraufhin die Kräfte am Hauptbahnhof verstärkt und die Gefährdungslage überprüft. Letztlich sei nicht von einer Gefährdung der Reisenden ausgegangen worden.

Nach Angaben der Berliner Polizei waren auch der Sender RTL und das Willy-Brandt-Haus, der Sitz der Bundeszentrale der SPD, von einer Bombendrohung betroffen. Das Landeskriminalamt (LKA) sei eingeschaltet worden. Weitere Details nannte eine Polizeisprecherin zunächst nicht.

Bereits am Montag Drohungen an sächsische Schulen

Bereits am Montag waren in verschiedenen Bundesländern Bombendrohungen eingegangen - unter anderem an Schulen in Thüringen und Sachsen.

In Dresden gab es eine Bombendrohung am Bertolt-Brecht-Gymnasium. Laut Polizeiangaben wurde sie per E-Mail an die Schule gesendet. Die Polizei schickte Einsatzkräfte, prüfte die Drohung. "Es ist von der Schule angedacht worden zu evakuieren", so ein Polizeisprecher.

Doch die Polizei konnte schnell entwarnen und der Schulbetrieb lief weiter. "Gleichwohl werden wir im Bereich des Gymnasiums den ganzen Tag präsent sein", teilte der Sprecher am Montag mit. Ein Ermittlungsverfahren wegen Androhung von Straftaten werde geprüft.

Polizisten haben am Montag bereits eine Schule in Chemnitz mit einem Spürhund durchsucht.
Polizisten haben am Montag bereits eine Schule in Chemnitz mit einem Spürhund durchsucht. © Harry Härtel

Gleiches gilt auch für die Oberschule "Am Körnerplatz" in Chemnitz. Dort ging anonym per Mail eine Drohung ein. Da dort jedoch am Montag kein Unterricht stattfand, mussten keine Schüler evakuiert werden. Gleichzeitig konnten Polizeibeamte mit Hunden nach der Durchsuchung des Hauses Entwarnung geben.

Auch gegen das ZDF in Mainz wurde am Montag eine Bombendrohung ausgesprochen. Dabei wurde nichts Verdächtiges gefunden, die Polizei gab Entwarnung.

Das droht den Tätern

Eine Bombendrohung fällt in Deutschland häufig unter den Straftatbestand der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (Paragraf 126 des Strafgesetzbuches (StGB)). Das kann zu Geldstrafen oder sogar mehrjährigen Haftstrafen führen.

Mitte Oktober wurde ein 41-Jähriger wegen einer Bombendrohung gegen die Krefelder Außenstelle der Bundesagentur für Arbeit zu 2.000 Euro Strafe verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ende 2016 wurde ein Mann wegen mehrerer Bombendrohungen gegen eine Kita und ein Altenheim im bayerischen Wolframs-Eschenbach zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. (dpa mit SZ/ftk/ehl/sca)