SZ + Update Döbeln
Merken

Döbelner Stadtrat und Neonazi stören Veranstaltung des Treibhausvereins

Zwei Personen stören unabhängig voneinander die "Ideenfabrik Rechtsextremismus" im Haus der Demokratie in Döbeln. Das führt zu einem Großeinsatz der Polizei.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Mit insgesamt sieben Fahrzeugen ist die Polizei am Mittwochabend zu einem Einsatz beim Treibhausverein ausgerückt.
Mit insgesamt sieben Fahrzeugen ist die Polizei am Mittwochabend zu einem Einsatz beim Treibhausverein ausgerückt. © privat

Döbeln. Ein Großaufgebot der Polizei sorgte am Mittwochabend in Döbeln für Aufsehen. Einsatzort war der soziokulturelle Treibhausverein an der Bahnhofstraße. Der Verein hatte dort die "Ideenfabrik - Rechtsextremismus in Döbeln und Mittelsachsen" veranstaltet.

"Die erste Meldung haben wir gegen 19.25 Uhr erhalten", sagte Jana Ulbricht, Pressesprecherin der Polizeidirektion Chemnitz, auf Nachfrage von Sächsische.de. Danach habe sich ein Mann aus dem AfD-Bereich bei einer Veranstaltung des Treibhauses aufgehalten, der dort nicht erwünscht war, letztendlich aber selbst die Polizei rief.

Nach Informationen von Sächsische.de handelt es sich dabei um Dirk Munzig. Er ist Stadtrat in Döbeln. Nach einem bizarren militärischen Auftritt während eines Corona-Protestes im Juni 2021 war er aus der AfD ausgetreten, für die er in das Stadtparlament eingezogen war.

Dirk Munzig war Chef der AfD-Stadtratsfraktion in Döbeln. 2021 ist er nach einem bizarren Auftritt bei einer Corona-Demo auf dem Obermarkt zurückgetreten.
Dirk Munzig war Chef der AfD-Stadtratsfraktion in Döbeln. 2021 ist er nach einem bizarren Auftritt bei einer Corona-Demo auf dem Obermarkt zurückgetreten. © Archiv/Erik-Holm Langhof

Laut der Polizeisprecherin sei es zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen, nach der Munzig wegen Beleidigung Anzeige gegen den Treibhausverein erstattet habe.

Gegenüber Sächsische.de sagte Dirk Munzig, er habe Anzeige nicht gegen den Verein, sondern gegen drei Personen, einen Gast der Veranstaltung, Treibhaus-Geschäftsführer Clemens Albrecht sowie eine Mitarbeiterin gestellt. Anlass sei gewesen, dass von dem Gast "Faschisten raus" gerufen worden sei.

Dass er der Veranstaltung verwiesen wurde und Treibhaus von seinem Hausrecht Gebrauch machte, kann Munzig nicht verstehen. "Der Verein ist steuerfinanziert und als Steuerzahler habe ich das Recht auf Teilnahme", sagte er.

Polizeibeamte aus Döbeln und Chemnitz im Einsatz

Als die Veranstaltung bereits etwa eine Stunde lief, seien Stefan Trautmann und eine Begleitperson hinzugekommen und hätten auf einem Sofa Platz genommen. So schildert es Treibhaus-Geschäftsführer Clemens Albrecht.

Stefan Trautmann ist mehrfach vorbestraft und war über mehrere Jahre NPD-Stadtrat in Döbeln.

Mittlerweile engagiert er sich bei den Freien Sachsen, die der sächsische Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft. So betreute er beispielsweise den Infostand der Freien Sachsen bei einer Montagsdemo in Waldheim und initiierte Proteste gegen die Unterbringung von Geflüchteten, aber auch eine Demonstration gegen den Christopher Street Day in Döbeln.

Stefan Trautmann ist ehemliger NPD-Kommunalpolitiker und engagiert sich jetzt bei den rechtsextremen "Freien Sachsen".
Stefan Trautmann ist ehemliger NPD-Kommunalpolitiker und engagiert sich jetzt bei den rechtsextremen "Freien Sachsen". © Archiv/Erik-Holm Langhof

Trautmann ist im gesamten Freistaat auf Demonstrationen und Rechtsrock-Veranstaltungen unterwegs, betreut das Info-Telefon Mittelsachsen der Freien Sachsen, inszeniert sich aber auch als „Kümmerer“, indem er zum Beispiel Hausaufgabenhilfe oder Tauschbörsen im Laden D32 organisiert.

Trotz mehrfacher Aufforderungen, haben Stefan Trautmann und seine Begleitung die Veranstaltung "Ideenfabrik - Rechtsextremismus in Döbeln und Mittelsachsen" nicht verlassen. Wie Clemens Albrecht gegenüber Sächsische.de berichtete, hätten beide Männer Handys gezückt und womöglich auch gefilmt. "Um die Teilnehmer zu schützen, haben wir um das Sofa Paravents aufgestellt", so der Geschäftsführer des Vereins.

Dass sich die beiden Männer entfernen, dafür sorgte dann die Polizei, die diesmal vom Verein gerufen wurde. Sie war letztendlich mit etwa 20 Polizeibeamten sowie zwei Fahrzeugen des Reviers Döbeln und fünf Fahrzeugen des Einsatzzuges Chemnitz vor Ort.

Hausrecht durchgesetzt

Bereits im Vorfeld hatte der Verein mitgeteilt: "Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die neonazistischen Parteien oder Organisationen angehören, der neonazistischen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen."

An der Veranstaltung hatten sich zunächst etwa 35 Personen beteiligt. Nach der ersten Störung verließen bereits etwa 15 von ihnen das Haus. Von den Verbliebenen notierten die Polizeibeamten anschließend die persönlichen Daten, damit sie später als Zeugen gehört werden können.

"Wir müssen noch einmal nachjustieren, wer, wann, was gesagt hat", so die Polizeisprecherin. "Anscheinend hat es wechselseitige Beleidigungen gegeben." Derzeit werde wegen Hausfriedensbruchs ermittelt.

Der Döbelner Treibhaus-Verein hat die extreme rechte Szene fest im Blick. Zuletzt erschien die siebte Auflage von „blickpunkt.rechts“, die allein für das Jahr 2022 über 100 rechte Aktivitäten in der Region Döbeln dokumentiert. Dazu zählen neben Demonstrationen auch Sticker, Schmierereien oder das Zeigen eines Hitlergrußes. (SZ)

Dieser Beitrag wurde am 19. Oktober um 13.10 Uhr aktualisiert.