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Verwechslungsgefahr: Neue Pilzarten breiten sich im Rödertal aus

Neue Pilzarten breiten sich in der Region aus. Da gilt es auch bei der Pilzsuche im Rödertal achtsamer zu sein, wie die Experten Tristan Jurisch aus Fischbach und Eckart Klett aus Liegau-Augustusbad betonen.

Von Rainer Könen
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Tristan Jurisch aus Fischbach ist ausgewiesener Pilz-Sachverständiger.
Tristan Jurisch aus Fischbach ist ausgewiesener Pilz-Sachverständiger. © René Meinig

Radeberg. Wer zum ersten Mal in die Pilze geht, der sollte sich am besten an eine Handvoll Sammelpilze halten: Steinpilz, Herbsttrompete oder Maronenröhrling sind leicht zu identifizieren. Und im Zweifel bittet man eben langjährige Pilzsammler um Rat. Aber in diesen Zeiten kann auch der erfahrenste Pilzsucher mit seiner Expertise gelegentlich daneben liegen - breiten sich doch in den hiesigen Regionen zunehmend neue Pilzarten aus, die so manchem altbekannten Speisepilz zum Verwechseln ähnlich sind.

Heißt beim essbaren Pfifferling, dass man diesen auch mit dem Ölbaumtrichterling verwechseln kann. Der kommt zwar hierzulande noch selten vor, ist aber giftig. Oder der braune Fliegenpilz. "Diese eigentlich in Gebirgsregionen vorkommende giftige Pilzart trifft man mittlerweile an einigen Stellen in der Region an", erklärt der Liegauer Pilzsachverständige Eckart Klett. Aber Vorsicht: Der braune Fliegenpilz werde schnell mit dem essbaren Perlpilz verwechselt. "Da ist es wichtig, die Unterscheidungsmerkmale zu kennen", sagt Klett.

Erschwerend komme dazu noch, dass beide Pilze dem gefährlichen Pantherpilz zum Verwechseln ähnlich sehen, erläutert der Liegauer Pilzexperte. Dieser hat eine ungeriefte Manschette und eine wulstige Knolle, in die der Stiel eingepfropft ist. Manche Sammler halten diesen oft für einen Grauen Wulstling, der wiederum essbar ist.

Neue Sorten siedeln sich im Rödertal an

Der aus Australien stammende Tintenfischpilz kommt nun auch im Rödertal vor.
Der aus Australien stammende Tintenfischpilz kommt nun auch im Rödertal vor. © privat
Eckart Klett ist Pilzberater und sehr erfahren.
Eckart Klett ist Pilzberater und sehr erfahren. © Agentur

Dass sich in den vergangenen Jahren etliche neue Pilzarten angesiedelt haben, hängt nicht nur mit den veränderten klimatischen Bedingungen zusammen, vielmehr verändere sich der hiesige Pilzbestand auch durch den globalen Warenverkehr, erklärt der 72-jährige Klett, der zu den erfahrensten Pilzberatern in der Lausitz gehört.

"Durch weltweit vertriebene Pflanzen und landwirtschaftliche Erzeugnisse verteilen sich Bakterien, Keime und Viren", sagt der Pilzfachmann. Im Lausitzer Pilzzentrum, einer ehrenamtlich-tätigen rund 30-köpfigen Regionalgruppe der Deutschen Gesellschaft für Mykologie, hat man sich längst auf die neuen Gegebenheiten in der Pilzwelt eingestellt. Klett: "Wir werden regelmäßig geschult, es gibt einen permanenten Erfahrungsaustausch." Mit anderen Worten: Man sei auf dem aktuellen Stand und könne Ratsuchende über die neuen Pilzarten aufklären.

Australische Tintenfischpilze auch in Arnsdorf

Auch Tristan Jurisch ist Pilzexperte. Der 18-Jährige, der im Arnsdorfer Ortsteil Fischbach lebt, weist darauf hin, dass in den vergangenen Jahren etliche Pilzarten aus dem Mittelmeerraum eingeschleppt wurden. Das wüssten viele Pilzsammler gar nicht, erklärt Jurisch, der vor zwei Jahren Sachsens jüngster Pilzsachverständiger war. Besonders bizarr war der Fund, den der junge Mann vor Kurzem am Wachauer Teich machte: ein rosafarbener und mit Tentakeln versehener Tintenfischpilz.

Auch Klett fand mal ein solches, ursprünglich aus Australien stammendes Exemplar, das an eine Krake erinnert. "Ich habe einen solchen vor acht Jahren im Park des Arnsdorfer Krankenhaus entdeckt", berichtet Klett. Bisher gab es in Sachsen 109 Tintenfischfundmeldungen. Nicht auszuschließen, dass sich der weiter verbreitet, so es noch wärmer und trockener in den hiesigen Breiten wird.

Zugewanderte Arten sind geschützt

Mittlerweile gibt es Pilzexperten, die die Auffassung vertreten, dass alles, was in Sachen Pilzen galt, inzwischen aufgrund der veränderten klimatischen Bedingungen in der Natur Makulatur ist. Das findet der Liegauer Eckart Klett allerdings nicht. Natürlich gebe es Veränderungen bei der Pilzartenbestimmung, aber alles sei noch überschaubar.

Neu in den sächsischen Wäldern sind auch seltene Pilze wie der Anhängselröhrling oder der Kaiserling, beide essbar. Nicht essbar ist hingegen der aus Kanada stammende büschelige Egerlingsschirmpilz. Der ist giftig und wird leicht mit Parasolen, mit Schirmpilzen, verwechselt. Die zugewanderten essbaren Arten seien, darauf weist Klett im Übrigen hin, aufgrund ihrer Seltenheit geschützt und gehörten demnach nicht in den Kochtopf.

Seiner Ansicht nach bringt die Klimaveränderung für sächsische Pilzliebhaber künftig auch Nachteile. Speisepilze wie die aus Nordamerika stammende Rotkappe lieben es kühl, dürften sich auf Dauer, wie manch andere Sorten, in höhere Lagen zurückziehen. Darunter auch der aus Russland und nordischen Ländern eingewanderte Chaga-Heilpilz, den man hier noch antreffen kann. Auf dem Vormarsch sei derzeit der Hallimasch, sagt Klett. Das könne man gut in der Dresdner Heide beobachten. Aber: Im rohen Zustand sei der giftig, erst wenn man ihn mindestens zehn Minuten erhitze, sei er genießbar, erläutert der Liegauer.

Beide Pilzexperten, sowohl der erfahrene Klett als auch der Jung-Experte Jurisch weisen auf eines dringend hin: Dass man nur die Pilze sammeln solle, die man absolut sicher erkennen könne. Und zwar ohne Pilzbuch und Pilz-App. Und im Zweifelsfall solle man, so Eckart Klett, bei einem der örtlichen Pilzberater vorbeischauen.

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