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Carlos aus Mexiko sucht Gastfamilie in Arnsdorf

Für einen sechsmonatigen Schüleraustausch wird in Arnsdorf noch eine Gastfamilie gesucht. Doch wie funktioniert das? Und welche Voraussetzungen müssen Gastfamilien mitbringen?

Von Siri Rokosch
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V.r.: Marion Paula, Jaron und Tim Müller. Die Familie aus Kleinwolmsdorf hat bereits Erfahrungen mit Austauschschülern gesammelt und erklärt, was Carlos' Gastfamilie für Voraussetzungen braucht.
V.r.: Marion Paula, Jaron und Tim Müller. Die Familie aus Kleinwolmsdorf hat bereits Erfahrungen mit Austauschschülern gesammelt und erklärt, was Carlos' Gastfamilie für Voraussetzungen braucht. © Sven Ellger

Arnsdorf. Oft sind es "gut betuchte" Austauschschüler, welche aus fernen Ländern nach Deutschland kommen, um Kultur, Sprache und Leben der hiesigen Einwohner kennenzulernen. Für den 17-jährigen Carlos aus Mexiko wird momentan eine Gastfamilie in Arnsdorf gesucht.

Tim Müller aus Arnsdorf kennt sich bestens aus, wenn es um Austauschschüler geht. Er und seine Frau hatten vor etwa fünf Jahren einen Jugendlichen aus Kolumbien für sechs Monate bei sich aufgenommen. Dort "gehöre es zum guten Ton", dass sich die jungen Heranwachsenden im Ausland aufhalten und dort Erfahrungen sammeln, sagt Müller und erwähnt: "Ihm war schon klar, dass es bei uns anders aussieht als in seinem Heimatland."

Von der Großstadt aufs Dorf

Tim Müller und seine Frau erklären, wie es sich als Gastfamilie lebt. "Der Schüleraustausch wird über 'aubiko', dem Verein für Austausch, Bildung und Kommunikation, organisiert. Soweit ich weiß, kam unser Austauschschüler, Eduardo aus Kolumbien, in Hamburg am Flughafen an und hielt sich dort noch eine Woche lang auf. Dort bekamen alle Kinder nötige Informationen und einen Crashkurs in Deutsch."

Danach sei Eduardo mit dem Zug nach Dresden gefahren und von seiner Gastfamilie am Hauptbahnhof abgeholt worden, so Tim Müller weiter. "Schwierig war für ihn damals vor allem, dass er aus einer großen Stadt mit rund einer Million Einwohnern kam und hier auf dem Dorf nicht viel los ist", sagt der Familienvater.

Für die gesamte Familie sei vor allem eins schwierig gewesen, das gesamte Familienleben mit einem fremden, jugendlichen Menschen zu teilen: "Wir hatten eigentlich gehofft, dass ein Mädchen zu uns kommt, für unsere Tochter, doch dann kam Eduardo. Das war sehr schön, aber eine Umstellung, denn er hat natürlich eigene Interessen, will sich mit neuen Freunden Treffen und auch einen privaten Rückzugsbereich." Tim Müller habe dem Jungen sein Fahrrad zur Verfügung gestellt, und so konnte der 17-jährige Kolumbianer sich freier bewegen.

Sprachkenntnisse seien für neue Gastfamilien nicht zwingend nötig, erklärt Tim Müller weiter: "Die Schüler haben in ihrer Heimat bereits umfangreiche Deutschkenntnisse erlernt. Wir hatten mit Eduardo zwar zu Anfang Spanisch gesprochen, aber das ist eigentlich nicht Voraussetzung. Man muss sich einfach darauf einstellen und weltoffen sein", so der Arnsdorfer.

Gibt es Geld für die Gastfamilien?

Auch Carlos aus Mexiko ist bereits 17 Jahre alt und verfügt über Deutschkenntnisse der Stufe B1, zudem spricht er englisch. Nun sucht er gemeinsam mit dem Hamburger Verein für Austausch, Bildung und Kommunikation eine Gastfamilie aus Arnsdorf für seinen sechsmonatigen Aufenthalt im Rödertal. Die Schule sucht dabei der Verein aus und klärt alle bürokratischen Hürden. Wahrscheinlich wird auch Carlos auf das Radeberger Humboldt-Gymnasium gehen, genau so wie bereits Eduardo vor drei Jahren.

Carlos interessiere sich für Ingenieurwissenschaft und Geschichte und "vor allem für die Kombination aus beidem", teilt "aubiko" mit. Vielleicht wolle er später in Deutschland ein Praktikum in einer Autofirma machen und eventuell auch Maschinenbau studieren. Er habe bereits ein Schuljahr in den USA verbracht, was ihn sehr bereichert habe, "aber jetzt freut er sich darauf, Deutschland und seine Kultur und Menschen kennenzulernen", so Bettina Lotter-Jones von "aubiko".

Das Unternehmen arbeitet mit Gastfamilien in ganz Deutschland zusammen. Im Januar kommen mehrere Austauschschüler, die für sechs Monate bleiben. Im April kämen Schüler, um drei Monate in Deutschland zu leben und im September welche für ein ganzes Jahr. "Wir arbeiten hauptsächlich mit Ländern in Südamerika, explizit Kolumbien und Mexiko, sowie mit Taiwan zusammen", erklärt Bettina Lotter-Jones.

Interkultureller Austausch auf vielen Ebenen

Die Ziele seien der interkulturelle Austausch von Sprache und Lebensstil sowie die Vermittlung einer breiteren Lebensperspektive für die nächste Generation. "Die Gastfamilien profitieren auch davon, dass sie selbst und ihre Kinder erleben, dass nicht alle Menschen gleich leben", sagt Lotter-Jones. Für die Gastfamilien heiße dies, dass sie den Schülern "ein Zuhause in einem anderen Land bieten und die Austauschschüler in ihr tägliches Leben liebevoll aufnehmen".

Auch sei eine finanzielle Unterstützung möglich, die allerdings unterschiedlich ausfalle, "aber die Familien können bis zu 250 Euro pro Monat verlangen, um die steigenden Lebenshaltungskosten zu decken".

Für deutsche Schüler gebe es ebenfalls die Möglichkeit fremde Länder zu erkunden, sagt Lotter-Jones: "Wir haben auch ein Austauschprogramm für Großbritannien, Irland und dieses Jahr ein Taiwan-Ausgangsprogramm, für das sich deutsche Schüler bewerben können."

Tim Müller und seine Familie wollen "ihren Austauschschüler" in Kolumbien einmal besuchen, wenn es die Zeit zulässt. Die Mutter von Eduardo habe die Familie damals auch ein Mal besucht, sagt Müller. Der Kontakt zu Eduardo bestehe immer noch.