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Neuer Kröten-Shuttle in Liegau-Augustusbad

In einem der größten Krötenwandergebiete um Dresden gibt es nun einen neuen Shuttle-Service für die Tiere. Auch Ausgleichsmaßnahmen für den S177-Neubau sind dort geplant.

Von Siri Rokosch
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Bei der Krötenwanderung in Liegau-Augustusbad ist viel los. Die kleineren Männchen klammern sich an die Weibchen - zur Paarung.
Bei der Krötenwanderung in Liegau-Augustusbad ist viel los. Die kleineren Männchen klammern sich an die Weibchen - zur Paarung. © René Meinig

Liegau-Augustusbad. Etwa 30 Jahre lang hat Lothar Edelmann in jedem Frühjahr Tausende Kröten vom Waldrand der Dresdner Heide bis zum Schwarzen Teich, auf der anderen Straßenseite, in Liegau-Augustusbad getragen. Dafür hat er vom Radeberger Oberbürgermeister eine Ehrenmedaille erhalten. Nun hat er sich von dieser ehrenamtlichen Arbeit verabschiedet und den sogenannten Kröten-Shuttle an 13 engagierte Liegauer abgegeben.

1.337 Kröten in zehn Tagen

Ganz modern organisieren sich die Kröten-Helfer in einer Whatsapp-Gruppe. Dort gibt es einen Kalender, in den sich die Kröten-Träger eintragen können. Wer mitmachen will, könne sich an Roland Rammer - den neuen Leiter - wenden, auch Schulklassen könnten helfen, und dabei gleich die Lebensweise der Kröten kennenlernen.

Arbeit gibt es genug: "Wir gehen jeden Morgen und jeden Abend an die Krötenzäune und schauen, ob Tiere dort in die Erde eingelassenen Eimer gefallen sind. Zudem zählen wir sie", erklärt Rammer die Arbeit. Die Tiere werden dann umgeladen in eigens mitgebrachte Eimer und zu dem rund 100 bis 200 Meter entfernten schwarzen Teich getragen. Dort paaren sich die Tiere, laichen und verbringen die Sommerzeit anschließend in den umliegenden Gärten der Anwohner. Im Oktober laufen sie einzeln und zu unterschiedlichen Zeiten zurück in den Wald, um zu überwintern. Deshalb sei ein Shuttle-Service wie im Frühjahr im Herbst nicht nötig.

Der Liegauer Roland Rammer leitet die neue Kröten-Shuttle-Gruppe. Jeden Morgen und Abend sammeln die Mitglieder die Tiere ein und tragen sie sicher über die Straße. Hier zu sehen, ist eine Erdkröte.
Der Liegauer Roland Rammer leitet die neue Kröten-Shuttle-Gruppe. Jeden Morgen und Abend sammeln die Mitglieder die Tiere ein und tragen sie sicher über die Straße. Hier zu sehen, ist eine Erdkröte. © René Meinig

Jetzt, im März, sehe das anders aus, sagt Rammer: "Es werden viele Tiere überfahren. Die sind ja alle so paarungswillig, dass sie an nichts anderes denken. Und selbst wenn ein Auto mit nur 30 km/h über die Kröten rollt, sterben sie durch den Druck, der entsteht." Deshalb wird in den nächsten vier Wochen weiter gesammelt. Bis zum 22. März waren binnen zehn Tagen 1.337 Kröten aufgehoben und zum schwarzen Teich gebracht worden. Darunter waren auch 51 Grasfrösche, vier Springfrösche, ein Teichmolch und zwei Bergmolche.

Am 23. März wurden allein am Vormittag mehr als 50 Tiere vor dem Weg über die Straße gerettet, auch eine Blindschleiche hatte sich im Eimer verheddert und musste herausgeschnitten werden. Im vergangenen Jahr waren rund 2.200 Tiere gezählt worden, einmal habe es sogar 5.000 Tiere in einem Frühjahr gegeben.

Im Schwarzen Teich wimmelt es derzeit von Kröten und Fröschen. Bald wird gelaicht und die Kaulquappen schlüpfen.
Im Schwarzen Teich wimmelt es derzeit von Kröten und Fröschen. Bald wird gelaicht und die Kaulquappen schlüpfen. © René Meinig

Um die Krötenwanderung noch besser betreuen zu können, soll zeitnah ein neuer Verein mit dem Namen "Grünes Liegau" gegründet werden. Die Mitglieder wollen sich zusätzlich um den Kuhteich und den Forellenwald kümmern.

Bäume abholzen für eine sichere Krötenwanderung?

Im Zuge des laufenden Neubaus der S177 ist auch der Liegauer Krötenschutz als sogenannte Ausgleichsmaßnahme im Gespräch.

Für den Straßenneubau muss zwangsläufig ein Teil der Natur weichen. So gab es an der neuen S177 zwischen Rossendorf und Großerkmannsdorf "Versiegelungen von Flächen sowie die Beeinträchtigung bisheriger Lebensräume, die nicht vermieden werden konnten", teilte der Pressesprecher des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr (Lasuv), Franz Grossmann, mit.

Den einzelnen Eingriffen in die Natur werde die jeweilige "Kompensationsmaßnahme" zugeordnet und so der Nachweis geführt, dass die Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen ausreichend und angemessen sind.

Angedacht waren verschiedene Möglichkeiten. Zum einen sollte die Straße An den Folgen zwischen der Langebrücker Straße und Am Wald gesperrt und ein Wendehammer neu gebaut werden. Dafür müssten aber Bäume weichen und die Anwohner einen Umweg fahren, um nach Hause zu kommen. "Wenn die Straße An den Folgen zwischen der Langebrücker Straße und der Straße am Wald immer gesperrt würde, könnten die Anwohner zwar zu ihren Grundstücken fahren, aber nicht wenden. Und das betrifft auch die Müllabfuhr. Die kann ja nicht rückwärts auf die viel befahrene Langebrücker Straße rausfahren. Und deshalb will das Lasuv einen Wendehammer mitten in den Wald bauen und dafür Bäume fällen", erklärt der Liegauer Ortsvorsteher Raimund Pecherz (parteilos).

Außerdem nutzen die Tiere ja nicht nur dieses Stück der Straße, um zum Schwarzen Teich zu gelangen, sondern auch andere angrenzende Straßen.

Daneben gab es die Idee, Krötentunnel an festen Leitwänden und Durchlässen zu bauen. Aktuell setzten sich die Anwohner beim Lasuv dafür ein, dass die Straße An den Folgen nur während der Krötenwanderung im Frühjahr für sechs Wochen gesperrt wird, und die Tiere weiterhin händisch über die Straßen getragen werden. "Die Kröten zu tragen ist mit Sicherheit das Effektivste", sagt Rammer. Das Lasuv stehe dieser Idee bislang positiv gegenüber. Eine endgültige Entscheidung gibt es noch nicht.