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Krise auf dem Energiemarkt: Wie ein Radeberger Unternehmen die Zukunft gestalten will

15 Jahre schon gibt es den "Wärmehamster" - ein moderner Wärmespeicher made in Radeberg. Nun gibt sein Erfinder ihn in neue Hände. Wie eine Geschäftsübergabe auch in schwierigen Zeiten gelingen kann.

Von Verena Belzer
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Der "Hamster" wird übergeben: Björn Kunath (links), langjähriger Angestellter, übernimmt zum Jahreswechsel die Radeberger Firma Energie-Depot von Ralf Förster.
Der "Hamster" wird übergeben: Björn Kunath (links), langjähriger Angestellter, übernimmt zum Jahreswechsel die Radeberger Firma Energie-Depot von Ralf Förster. © Christian Juppe

Radeberg. Als im vergangenen Jahr Russland die Ukraine überfiel und in Deutschland deutlich weniger Energie als gewohnt ankam, da spürten es die Bürger erstmals empfindlich am eigenen Leib: Strom kostet Geld. Auf Messen wurde Rolf Försters Stand von Interessenten geradezu überrannt. Er ist der Gründer der Radeberger Firma Energie Depot, die sich auf Wärmetechnik spezialisiert hat und den "Wärmehamster" erfunden hat - einen innovativen Wärmespeicher. "Dabei erzähle ich den Leuten schon seit 15 Jahren immer dasselbe: Macht euch unabhängig!" Das gelinge am besten mit erneuerbaren Energien und einem gut funktionierenden Wärmespeicher. "Es muss im Geldbeutel knirschen, bevor die Leute mitgehen" sagt Rolf Förster.

Seine Firma Energie-Depot war folglich spätestens seit der Energiekrise im Gegensatz zu den allermeisten Branchen ein Krisengewinner - auch wenn Geschäftsführer Förster das Wort nicht gern in den Mund nimmt.

Rolf Förster propagiert seit 15 Jahren Unabhängigkeit vom Strommarkt

Pünktlich zum 15. Geburtstag wechselt der "Hamster" nun seinen Besitzer. Sein Erfinder, der Wachauer Ralf Förster übergibt das Unternehmen an seinen langjährigen Mitarbeiter Björn Kunath.

Und der könnte es wahrlich schlechter haben: Er übernimmt eine bestens laufende Firma, deren Markenkern, der "Wärmehamster", im Gegensatz zu herkömmlichen Speichern nicht aus Stahl, sondern aus Glasfaserkunststoff hergestellt ist - und damit deutlich besser speichert und nachhaltiger ist.

Langjähriger Mitarbeiter wird neuer Chef

Der "Wärmehamster", er ist auch ein wenig Rolf Försters Baby - eines, das er gehegt und gepflegt hat, um das er sich gekümmert hat und das er hat wachsen lassen. Klar, dass es ihm nun, wo er so langsam seinen Abschied aus dem Arbeitsleben einleiten will, wichtig war, einen passenden Nachfolger für seine Firma zu finden.

Und dass Björn Kunath dieser Mann sein könnte, das weiß Rolf Förster schon seit geraumer Zeit. Kunath arbeitet seit zehn Jahren bei Energie-Depot. "Wir haben jetzt viele Jahre zusammengearbeitet, viel geredet", erzählt Rolf Förster. "Als es irgendwann darum ging, wer die Firma übernimmt, war er mein erster Ansprechpartner." Er sei froh, dass er jemanden gefunden habe. "Es standen jetzt auch nicht die Leute draußen Schlange."

Es ist das Problem vieler Firmengründer - wenn nicht gerade der Nachwuchs das Unternehmen übernimmt, gestaltet sich die Suche oft schwierig.

Björn Kunath ist gelernter KfZ-Mechatroniker und bei Energie-Depot der Werkstattleiter. Eigentlich branchenfremd, hat er die Abläufe und Prozesse bei seiner neuen Firma derart schnell optimiert, das es auch dem Chef imponierte.

Der "Wärmehamster" steht schon in 1000 Häusern

Der wird Kunath nun ab dem kommenden Jahr selbst sein. "Ich habe natürlich Respekt vor der Aufgabe, aber keine Angst", sagt der 46-Jährige. "Ich weiß, was auf mich zukommt." Und Rolf Förster ergänzt: "Er hat ja auch immer alles mitbekommen, er kennt sich aus. Wobei es natürlich dann doch etwas anderes ist, selbst Chef zu sein. Das macht etwas mit einem."

Björn Kunath jedenfalls ist motiviert, "man weiß ja, wofür man es macht". Und alles, was mit Wärme und Energie zu tun habe, sei schließlich Zukunftsbranche.

In rund 1.000 Häuser hat Energie-Depot bereits seinen "Wärmehamster" eingebaut - und jede Lösung ist eine Individuallösung. "Hauptsächlich in Sachsen, aber auch schon am Bodensee und in Südafrika", berichtet Förster.

Über einen Preis für die Firma wollen die beiden Männer nicht sprechen - nur so viel: "Wir haben uns so geeinigt, dass jeder von uns beiden gut schlafen kann", sagt Förster.

Auch beim Energie-Depot sucht man nach Fachkräften

So ganz ins Rentnerdasein will sich Rolf Förster aber nicht verabschieden. "Das siebte Enkelkind ist auf dem Weg", erzählt er. "Ich möchte auch wieder mehr Sport machen." Ideen für Beschäftigung habe er jedenfalls. Und dennoch: Erst einmal wird er weiter für seinen "Hamster" arbeiten - doch ab dem kommenden Jahr dann als Angestellter seines jetzigen Mitarbeiters Björn Kunath.

Eine schwierige Konstellation? "Da sehe ich die Herausforderung bei mir selbst", gibt Rolf Förster freimütig zu. "Da wird man sich schon ein wenig zurücknehmen müssen. Das letzte Wort hat dann Björn."

Der wiederum ist froh, dass sein jetziger Chef noch mit an Bord bleibt. Kundenakquise, eine Forschungskooperation mit der Hochschule Mittweida, Suche nach weiteren Fachkräften: Themen, bei denen Rolf Förster noch helfen kann, gibt es ausreichend.

Denn auch Energie-Depot sucht - hier ist es wie in nahezu allen Branchen - dringend Fachkräfte. Das jetzige Personal wolle auch irgendwann in Rente gehen - "da ist es gut, frühzeitig neue Mitarbeiter anzulernen", sagt Björn Kunath.

Rolf Förster wiederum plädiert schon seit geraumer Zeit für eine Reform der Ausbildung: "Meiner Meinung nach sollte man Lehrlingsentgelte branchenübergreifend vereinheitlichen und auch die Weiterbildung zum Meister unbedingt kostenfrei anbieten."

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