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Automatensprengung, Brandserie, Fälschungen und Geldbetrug

Kripofälle im Kreis Meißen, die 2021 und fortgesetzt für Aufsehen sorgen. Die Täter sind teils gefasst oder werden noch verfolgt.

Von Peter Redlich
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Erwischt: das Blitzerfoto von dem Tatfahrzeug zur Automatensprengung. Die Meißner Kripo-Ermittler sind den Tätern auf der Spur.
Erwischt: das Blitzerfoto von dem Tatfahrzeug zur Automatensprengung. Die Meißner Kripo-Ermittler sind den Tätern auf der Spur. © Polizeidirektion Dresden

Meißen/Radebeul/Großenhain/Riesa. Die Kriminalaußenstelle der Polizeidirektion Dresden (KAST) in Meißen hatte in den letzten zwölf Monaten teils spektakuläre Fälle zu lösen. Die etwa 30 Mitarbeiter starke Mannschaft um Leiter Jürgen Leistner ist eine Truppe, die mit ihrer akribischen Kleinarbeit immer mehr Erfolg hat. Reichlich 500 Verfahren sind derzeit im Bestand zu bearbeiten. Hier einige der aufsehenerregendsten Fälle aus dem Jahr 2021, deren Spuren zum Teil noch weiter verfolgt werden.

Automatensprenger von Klipphausen - kamen sie aus den Niederlanden?

Es war am 9. April, als ein Sparkassenautomat - eingebaut in einem Wohnhaus in der Gemeinde Klipphausen - in die Luft flog. Die Täter hatten Gas eingeleitet und dies zur Explosion gebracht. Mehrere Zehntausend Euro waren die Beute. Bei ihrer Flucht in einem PS-starken Audi RS 6 kam es wenige Kilometer nach dem Nossener Autobahnabzweig zu einem Reifenplatzer. Auf einem Feld zündeten die Täter, um Spuren zu vernichten, das Auto an und flüchteten.

Die unmittelbar nach der Automatensprengung eingesetzten Bereitschaftspolizisten und ein Polizeihubschrauber müssen die Täter allerdings so erschreckt haben, dass sie die Tasche mit dem Bargeld auf dem Feld zurückließen. Die Diebe konnten flüchten, doch die kleine Ermittlergruppe der Meißner Kriminalaußenstelle ist ihnen weiter auf der Spur und lässt nicht locker.

Inzwischen wissen die Ermittler, dass der schnelle Audi in Dänemark gestohlen worden ist. Diese Täter suchen sich offenbar besondere Fahrzeuge aus, die sehr speziell sind und möglichst ein zweites Mal existieren, damit nach dem Diebstahl vorerst kein Verdacht aufkommt. Dieses Fahrzeug gibt es baugleich in der Schweiz.

Die Meißner wissen inzwischen auch, dass die Automatensprenger durch den Westen Deutschlands gefahren sind, auf der Strecke Kennzeichen gestohlen haben und diese kurz vorher ans Fahrzeug geschraubt haben müssen. Geholfen haben den Meißnern auch die Spurensicherer vom Landeskriminalamt, die den eigentlich völlig verbrannten Wagen so genau untersucht haben, dass offenbar Täternachweise gefunden worden sind.

Mittlerweile gibt es aus Meißen Recherchen, die bis nach Holland, zu einer dort bislang europaweit agierenden 300-köpfigen Automatensprengerbande, reichen. In den Niederlanden wurden Männer aus Nordafrika speziell für diese Aufbrüche geschult und dann auch nach Deutschland geschickt. Und: Die Ermittler der KAST haben sogar ein Blitzerfoto von der A 4 ausfindig machen können, auf welchem der Audi RS 6 zu erkennen ist. Kripochef Jürgen Leistner: „Wir sind großer Hoffnung, die Täter ermitteln zu können.“

Der Geldabholer einer Betrügerbande in der Meißner Heinrich-Heine-Straße gefilmt.
Der Geldabholer einer Betrügerbande in der Meißner Heinrich-Heine-Straße gefilmt. © Polizeidirektion Dresden

Eine Brandserie und die Aufklärung eines Brandes an nur einem Tage

Immer wieder brannte es zwischen dem 17. Mai und 4. Juni 2021 an verschiedenen Orten in Meißen und bis hin nach Riesa. Insgesamt 18 kleine und mittlere Brände beschäftigten die Feuerwehrleute. In Riesa wurde Feuer in einer Bankfiliale gelegt - gefilmt von den Überwachungskameras. In Meißen brannten plötzlich Lkw-Planen. Wie sich herausstellte, hat eine Meißnerin die Feuer angezündet. „Wir konnten eine verdächtige Frau ermitteln. Die Beweismittel dazu liegen bei der Staatsanwaltschaft“, sagt Jürgen Leistner. Zum Motiv gibt es Mutmaßungen, die bis in den psychischen Bereich der Frau gehen.

Ganz schnell konnte ein Brandleger gefasst werden, der im Großenhainer Ortsteil Görzig zugange war. Ein aus Rumänien stammender Mitarbeiter hatte nach seiner Entlassung offenbar aus Wut darüber den Firmensitz seines damaligen Arbeitgebers - Knusper-Grill in der Unteren Straße 5 - angezündet.

Allerdings war der Täter auf Aufnahmen von Überwachungskameras erkannt worden. Auf der Flucht ins Ausland konnte der 52-Jährige noch vor der Grenze geschnappt werden. Er hat einen Schaden von 150.000 Euro angerichtet und wartet jetzt in Untersuchungshaft auf seine Verurteilung.

Ist das derselbe Geldabholer wie der auf dem Video aus Meißen? Dieses Phantombild zu einer Tat in Radebeul wurde erst vor wenigen Tagen von der Polizeidirektion veröffentlicht.
Ist das derselbe Geldabholer wie der auf dem Video aus Meißen? Dieses Phantombild zu einer Tat in Radebeul wurde erst vor wenigen Tagen von der Polizeidirektion veröffentlicht. © Polizeidirektion Dresden

Betrugsdelikte und Fälschungen aufgeklärt und Tätern auf der Spur

Es hat in den letzten Monaten immer mehr zugenommen. Älteren Menschen im Kreis Meißen wird von Betrügern am Telefon vorgegaukelt, ein naher Verwandter - Enkel oder Kind - habe einen Unfall verursacht oder brauche ein teures Covid-Medikament und Verhaftung oder Heilung könne nur durch eine Zahlung einer Kaution verhindert werden. Am 3. Dezember wäre ein Ehepaar aus Weinböhla um ein Haar um 20.000 Euro gebracht worden. Nur dem umsichtigen Verhalten eines Mitarbeiters der Sparkasse Meißen, der stutzig wurde und die Polizei anrief, ist es zu verdanken, dass die Senioren ihr Gespartes nicht verloren haben.

Beinahe wäre es den Kriminalisten noch gelungen, den Geldabholer zu schnappen. Doch die ausgebufften Betrüger witterten etwas. Dennoch gibt es möglicherweise Hinweise auf die Täter. Bei einem Betrug, der allerdings erst nach der Geldübergabe von den Geschädigten bemerkt worden ist, wurde ein Geldabholer der Betrügertruppe gefilmt. Der Mann wartete am 14. Juni 2021 in der Heinrich-Heine-Straße in Meißen. Die Dashcam in einem geparkten Auto hatte ihn zufällig erfasst.

Eine Beschreibung mit einem Phantombild zu einem ähnlich aussehenden Geldboten aus einem anderen Fall vom 19. Oktober in der Radebeuler Waldstraße liegt der Polizei vor. Die Betrogenen sollten mit dem Kennwort Blume ihr Geld an einen Herrn Kowalsky übergeben. Jürgen Leistner: „Möglicherweise wird hier wiederholt derselbe Mann geschickt.“

Einbruch mit Waffendiebstahl und die Bitte der Kripoleute

Im letzten Jahresviertel 2021 häuften sich im Raum Dresden und rund um Pirna Einbrüche in Einfamilienhäuser. Auch in der Terrassenstraße in Radebeul wurde am 12. November eingebrochen. Die Täter nutzten zwischen 18 und 21 Uhr die Abwesenheit der Bewohner und stahlen mehrere 10.000 Euro Bargeld sowie zwei scharfe Waffen mit Munition. In dem Zusammenhang wurden von der Polizei Spuren gesichert, die denen aus dem Pirnaer Raum und Dresden ähneln. Zum Beispiel das Profil in Schuhabdrücken. Auch ein Kleintransporter mit rumänischem Kennzeichen soll wiederholt gesichtet worden sein. Jürgen Leistner: „Wir bitten die Bürger, sehr aufmerksam zu sein und beim Beobachten von Leuten und Fahrzeugen, die nicht in ein ansonsten ruhiges Wohngebiet gehören, die Polizei anzurufen. Dies sollte schnell geschehen, dann gibt es die Möglichkeit, sofort eine Streife zu schicken und zu kontrollieren.“

Zunahme von Kinderpornografie und Impfausweisfälschungen

Ein- bis zweimal in der Woche rücken die Kripobeamten der KAST Meißen zu Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts auf pornografische Delikte mit Kindern aus. Jürgen Leistner: „Wir bekommen dazu Hinweise vom Bundeskriminalamt und wenn diese sich auf Personen im Kreis beziehen, werden wir tätig.“ Der Erste Kriminalhauptkommissar weist ausdrücklich darauf hin, dass etwa bei derartigen Fotos auf dem Handy ein Verbrechenstatbestand vorliegen kann. Leistner: „Wer so etwas geschickt bekommt, muss aktiv dagegen vorgehen. Nicht nur löschen, sondern sich dagegen verwahren und Anzeige erstatten, sonst kann es Ärger geben.“ Manche Jugendliche, die solcherart Fotos aus Jux mitunter weiterverbreiten, seien sich des Ernstes der Lage nicht bewusst.

Vor allem im letzten halben Jahr habe die Zahl von aufgedeckten Impfausweisfälschungen deutlich zugenommen. Hinweise darauf bekommen die Kripoleute zumeist von Apothekern, bei denen sich die Besitzer der Fälschungen einen QR-Code als Freibrief erschleichen wollen. Auch hierzu sind die Polizisten wiederholt zu Durchsuchungen unterwegs.