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Stadträte fragen zur Greensill-Pleite

Zum zweiten Mal beantwortet die Coswiger Verwaltung Fragen der Stadträte - acht von ihnen verlangen Akteneinsicht.

Von Udo Lemke
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Es wird Jahre dauern, ehe klar ist, ob und wie viel Geld die Stadt Coswig von ihrer 2,5-Millionen-Euro-Anlage bei der inzwischen insolventen Bremer Privatbank Greensill zurückbekommt.
Es wird Jahre dauern, ehe klar ist, ob und wie viel Geld die Stadt Coswig von ihrer 2,5-Millionen-Euro-Anlage bei der inzwischen insolventen Bremer Privatbank Greensill zurückbekommt. © dpa

Was ist eine erhebliche Geldanlage und hat der OB eine Informationspflicht?

Diese Fragen stellte der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Stadtrat, David Steinmann. In der Antwort der Stadtverwaltung heißt es, dass der Oberbürgermeister laut Sächsischer Gemeindeordnung den Stadtrat über alle wichtigen Angelegenheiten zu informieren hat. „Wann eine Angelegenheit so wichtig ist, dass der Gemeinderat informiert werden muss, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist immer im Einzelfall zu beurteilen. Zeitpunkt sowie Art und Weise der Unterrichtung sind dabei in das Ermessen des Oberbürgermeisters gestellt.“ Wann der Fall eintritt, dass so viel Geld angelegt wird, dass dies für die Stadt von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist, müsste in der Hauptsatzung festgelegt werden. „Die Hauptsatzung der Stadt Coswig enthält bisher keine entsprechende Regelung.“ In einer weiteren Frage wollte Steinmann wissen, wann eine frühestmögliche Information über die Anlage der 2,5 Millionen Euro bei Greensill erfolgt wäre. „Die Geldanlage wurde am 16.12.2020 abgeschlossen. Da es keine zusätzliche Informationspflicht gegeben hat, wäre regulär mit dem Zwölf-Monatsbericht im März 2021 darüber informiert worden.“

Warum wurde ein kritischer Artikel im Internet zu Greensill nicht beachtet?

Bereits im August 2020 wurde im Internet auf zweifelhaftes Gebaren der Greensill-Bank aufmerksam gemacht. Warum hat die Stadt trotzdem 2,5 Millionen Euro bei dem Geldhaus angelegt, wollte Linken-Stadtrat Bernhard Mossner wissen. Der Bereich Finanzcontrolling der Stadtverwaltung informiere sich regelmäßig und fortlaufend in Fachzeitschriften und Veröffentlichungen über aktuelle Entwicklungen, heißt es in der Antwort. Aufgeführt werden 13 Quellen, darunter die Monatsberichte des Bundesfinanzministeriums und der Deutschen Bundesbank und die Zeitschrift für Kommunalfinanzen. „Anlasslose Internetrecherchen oder Onlineveröffentlichungen von Autoren, die im kommunalen Kontext eher unbekannt sind, wurden bisher nicht in Entscheidungen einbezogen.“

Wofür waren die nun fehlenden 2,5 Millionen Euro in Coswig vorgesehen?

Die vorhandene Liquidität der Stadt Coswig sowie die im Rahmen des Haushaltes generierten Einnahmen sollen zur Finanzierung aller im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben dienen. Dies könne anhand des Haushaltsplans 2020/2021 erläutert werden: Die im Jahr 2019 aufgebaute Liquidität war im Haushaltsjahr 2020 insbesondere für verschiedene Investitionen verplant, so für den Neubau der Musikschule, die Turnhalle FSZ und die Kita Salzstraße, sodass im Jahresverlauf ein Abbau der Liquidität zu erwarten gewesen sei. Der zum Ablauf des Haushaltsjahres 2020 geplante Restbestand an Liquidität in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro sei erforderlich, um die tägliche Zahlungsfähigkeit der Stadt zu sichern, so die Stadtverwaltung.

In diesem Jahr ist ein Aufbau von weiteren 551.000 Euro an Liquidität vorgesehen. „Zum 31.12.2020 betrug der tatsächliche Liquiditätsbestand rund 6,6 Millionen Euro und lag damit deutlich über dem Planwert.“ Die Abweichung resultiere im Wesentlichen aus im Jahr 2020 noch nicht verausgabten, aber bereits gebundenen Mitteln in Höhe von 4,4 Millionen Euro. Sollte, wie absehbar, die Geldanlage bei der Greensill Bank AG nicht zum 16. Juli ausgezahlt werden, würde Coswig voraussichtlich am 31.12.2021 noch über 783.763 Euro liquide Mittel verfügen. Damit würde im Haushaltsjahr 2021 kein Finanzierungsdefizit in der Stadt entstehen.

Hat die geforderte Akteneinsicht von Stadträten bereits stattgefunden?

In der Stadtratssitzung am 19. Mai stellten acht Stadträte Antrag auf Akteneinsicht in sämtliche Informationen im Zusammenhang mit der Geldanlage der Großen Kreisstadt Coswig über 2,5 Millionen Euro bei der Greensill Bank. Auf SZ-Nachfrage erklärte Oberbürgermeister Thomas Schubert (parteilos), dass der erste Termin am 7. Juli stattgefunden hat, der zweite folge kommende Woche.

Hier findet sich die vollständige Antwort der Stadtverwaltung auf die Fragen der Stadträte.