SZ + Radebeul
Merken

Star-Bäcker aus dem Elbland: "Ich bekomme sogar Fanpost aus Amerika"

Mike Böhme liebt seine Arbeit, auch wenn er dafür in der Nacht aufstehen muss. In der Backstube und auf "Semmeltour" mit einem ganz normalen Bäcker aus dem Elbland, der auf Facebook eine Berühmtheit ist.

Von Lucy Krille
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Wenn Mike Böhme auf seiner zweiten Semmeltour unterwegs ist, geht die Sonne gerade auf. Der fotografierende Bäcker ist auf Facebook mittlerweile eine Berühmtheit.
Wenn Mike Böhme auf seiner zweiten Semmeltour unterwegs ist, geht die Sonne gerade auf. Der fotografierende Bäcker ist auf Facebook mittlerweile eine Berühmtheit. © Matthias Schumann

Weinböhla. Mit seiner Facebook-Seite ist es ein bisschen wie mit den Broten, die Mike Böhme jeden Morgen in den Ofen schiebt. Geduld, Handarbeit und Authentizität sind ihm wichtig. Und so hat es der Bäcker geschafft, mit kurzen, regelmäßigen Beiträgen von seinem Handy aus Zehntausende Menschen zu begeistern.

Besonders beliebt sind Böhmes Bilder vom Schloss Moritzburg, das er oft im Dunkeln einfängt, wenn nur die Scheinwerfer das Wahrzeichen erstrahlen lassen. "Von diesen Ansichten kann man nie genug bekommen. Ist wie mit frischen Backwaren" und "Wieder ein wunderschönes Foto" kommentieren die Menschen dann jeden Tag aufs Neue. Sogar Fanpost und Stollenbestellungen aus Amerika hat der Bäcker schon bekommen. Dahinter steckt harte Arbeit.

Um 1 Uhr stehen Böhme und seine Kollegen von der Bäckerei Liebscher in der Backstube in Weinböhla. Meist meldet sich der Mann aus dem Meißner Triebischtal, der mittlerweile in Weinböhla lebt, dann das erste Mal bei seinen Fans. Ein kurzes Bild aus der Backstube, ein fröhliches "Guten Morgen" - dann geht es weiter. Drei Stunden später sind die Brötchen fertig und die Brote an der Reihe.

Bäcker aus Weinböhla: "Backmischungen merken die Leute sofort"

Ein süßlicher Hefegeruch liegt in der Luft, der sich feuchtwarm auf die Haut legt. Im Winter angenehm, im Sommer weniger. Teig kneten, Laibe formen, gären lassen, in den Ofen schieben und nach etwa 45 Minuten wieder herausholen - das alles kann Böhme mittlerweile im Schlaf. Und dennoch muss er hellwach sein. Das geht schon beim Teig los, der selbst gewogen wird. "Backmischungen merken die Leute doch sofort", sagt Böhme.

Gar nicht so einfach, mitten in der Nacht. "Eigentlich schlafen wir zu wenig", sagt Böhme. Deswegen gehört ein Mittagsschläfchen nach der Schicht dazu. Bäcker ist sein Traumberuf, einer, der durch Technik nicht mehr so mit Knochenarbeit verbunden sei wie vor 30 Jahren, als er sein Handwerk hier gelernt hat. Besonders Spaß macht die Arbeit mit Kollegen wie Martin Weichelt. Der Kötitzer kommt jede Nacht mit dem Fahrrad in die Backstube gerollt.

"Das erste, was dann angeht, ist die Kaffeemaschine", erzählt Weichelt. Abends geht er zwischen um sieben und um acht ins Bett, zeitgleich mit seinen Kindern. "Das ist der Vorteil, dass man nach der Arbeit Zeit für die Familie hat", sagt Weichelt, der auch öfter zu Hause bäckt. Eine rollende Schicht könne er sich dagegen nicht vorstellen.

Um fünf startet Mike Böhme seine "Semmeltour"

Weichelt hat seinen Anteil daran, dass sein Kollege mittlerweile eine Berühmtheit auf Facebook ist. Während viele seiner Kollegen sich nicht in den sozialen Medien zeigen wollen, kommt er gern mit aufs Bild. Schnell wird dann deutlich, dass die beiden Männer nicht nur die Leidenschaft zum Backen, sondern auch den gleichen markanten Haarschnitt teilen.

Kurz vor 5 Uhr ist dann allerdings wenig Zeit für Fotos. In Weinböhla öffnen die Filialen schon halb sechs - höchste Zeit zum Ausliefern. Kürbiskernbrötchen, Sauerteigbrot, Semmeln und zig andere Sorten schiebt Böhme in den Lieferwagen. Zudem ist heute Pfannkuchentag. Dann verabschiedet er sich von seinen Kollegen und nimmt Kurs auf die Filiale am Rathaus in Weinböhla.

Die Verkäuferin ist schon da, nimmt die Brotkisten entgegen und gibt Böhme Backwaren vom Vortag mit. Denn weggeschmissen wird nichts. Aus altem Mischbrot werden Brotchips, Semmeln werden zu Semmelmehl gemacht und die Tafel kommt auch jeden Tag vorbei.

"Das Rumgehetze auf Facebook nervt mich total"

Weiter geht es nach Moritzburg - an den Ort, der Böhmes Facebookseite berühmt gemacht hat. "Schloss Moritzburg in Bildern" folgen mehr als 24.000 Menschen, dazu hat er über 12.000 Gefällt-Mir-Angaben. "Ich hatte 5,4 Millionen Zugriffe in den vergangenen 28 Tagen", sagt Böhme und schüttelt ungläubig den Kopf. Seine Fans verfolgen auch aus Norwegen, Holland oder Russland seinen Alltag.

Sein Erfolgsrezept ist die gute Laune, die er jeden Tag aufs Neue und egal zu welcher Uhrzeit verbreitet. "Das Rumgehetze auf Facebook nervt mich total", macht Böhme klar. Als seine Frau ihn zum Start seiner Seite vor drei Jahren fragte, was er davon habe, entgegnete Böhme: "Muss man immer was davon haben?" In seiner Jugend habe er viel Blödsinn gemacht. "Jetzt muss man auch mal was Gutes tun."

Die Fans danken es ihm. Die Auszeichnung als "bester Märchenschlossfotograf" steht auf einem Pokal, auch Kalender gibt es schon mit den Bildern seiner Handykamera. Manchmal warten die Leute vor dem Laden auf ihn. "Der Chef meinte schon, dass wir einen Pappaufsteller bräuchten", sagt Böhme und grinst.

In Moritzburg ist der Bäcker fast so berühmt wie Martin Dulig

Besonders in Moritzburg ist er wegen seiner Bilder mittlerweile bekannt. Mit berühmten Kunden wie dem Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) oder dem Pro-7-Moderator Daniel Aminati, die ab und an ebenfalls bei Liebscher einkaufen, kann er längst mithalten. Das beweist schon seine Entschuldigung in Richtung seiner Fans: "Ich kann leider nicht mehr auf jeden Kommentar antworten."

Nach einem Fotostopp am Schloss und einem Halt bei der Liebscher-Filiale auf der Schlossallee geht es weiter nach Radebeul. Langsam füllen sich die Straßen. Nach einem Stopp auf der Radebeuler Hauptstraße steuert Böhme die letzte Filiale an, einen winzigen Laden in Altkötzschenbroda. Dann geht es zurück in die Backstube, die zweite Fuhre Brot und der Kuchen warten. Währenddessen ploppen auf Facebook Dutzende Kommentare unter Böhmes Bild auf. "Guten Morgen und einen schönen Tag!"