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Stricken, Häkeln, Nähen - Die neue Lust an der Handarbeit im Landkreis Meißen

In Radeburg bringt eine neue Inhaberin frischen Wind in den Wollladen. Auch anderswo im Elbland sind Stricken, Häkeln und Nähen voll im Trend.

Von Lucy Krille
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Bianca Steinhagen (l.) mit Mama und Mitarbeiterin Kerstin Raum im Radeburger Wollladen. Hier gibt es längst mehr als "nur" Wolle und Nadeln.
Bianca Steinhagen (l.) mit Mama und Mitarbeiterin Kerstin Raum im Radeburger Wollladen. Hier gibt es längst mehr als "nur" Wolle und Nadeln. © Norbert Millauer

Landkreis. Selbst gemachte Pullover, trendige Patchworktaschen und ausgefallene Federmäppchen: Handarbeiten haben längst ihr altbackenes Image verloren. Immer mehr junge Menschen nehmen Nadel und Faden in die Hand. Zu Recht, findet Bianca Steinhagen, denn: "Es macht wahnsinnig viel Spaß." Die Radeburgerin hat im Juli vergangenen Jahres die "Wollkiste" auf der Großenhainer Straße übernommen.

"Das ist aus einer Witzelei entstanden", erzählt Steinhagen, die eigentlich nur ihre Mutter Kerstin Raum besuchen wollte, die seit vielen Jahren im Laden arbeitet. Chefin Sylke Schuppe dachte zu dieser Zeit gerade ans Aufhören, während Steinhagen, gerade im Elternurlaub war von ihrem Job in der Zoll- und Automobilbranche. Nebenbei erwähnte sie, dass sie sich vorstellen könnte, sich selbstständig zu machen.

Aus der Witzelei wurde Ernst. Mittlerweile ist Bianca Steinhagen Inhaberin des Geschäfts, das seit mehr als 30 Jahren für viele Radeburger und Radeburgerinnen Anlaufstelle ist, wenn die Wolle ausgegangen ist oder die Maschen nicht so wollen wie man selbst. Steinhagen versteht die ungebrochene Lust am Stricken nur zu gut: "Ich renne ja selbst nur im Strickrock herum." Es sei einfach ein tolles Gefühl, eigene Sachen zu kreieren.

Meißnerin will Strick- und Häkelcafé eröffnen

Das sieht auch Carola Müller vom 3-H-Laden in Meißen so. Ein Schild vor einem Regal in ihrem Laden weist darauf hin, dass hier bald Wolle und Zubehör gekauft werden können. Gegenüber sitzt ein gehäkelter Elefant, darin leuchtet ein Nachtlicht. "Ich mache alles, was mit Handarbeit zu tun hat, sehr gern", sagt Müller. Nur beim Stricken, da hapert es noch.

Früher haben ihr die Oma und die Mutti Socken gestrickt. Doch langsam wird es Zeit, das selber zu lernen. "Vielleicht unternehme ich noch mal einen Versuch", überlegt Müller. Am liebsten mit anderen zusammen. Denn die Meißnerin träumt von einem Näh- und Strickkreis in ihrem Laden. Nebenan sei ein Altenheim, und auch Jüngere können gern vorbeikommen, so die Überlegungen von Müller. In Großenhain gibt es so etwas schon. In der Begegnungsstätte treffen sich aller 14 Tage Seniorinnen. "Es ist kein Strickkurs, sondern ein geselliges Beisammensein. Untereinander wird sich geholfen", sagt Antje Skopp-Löper von der Stadtverwaltung. "Sicherlich könnten auch junge Menschen dazukommen und das Stricken erlernen."

Dass alles was mit Nadel und Faden zu tun hat, gerade voll im Trend liegt, beweist allein schon ein Blick ins Internet. Unzählige Vorlagen finden sich dort, egal ob für ein neues Stirnband, selbst genähte Kuscheltiere oder den Klassiker - die Wollsocken. Auch Antonia Balzer vom Wolldepot in Radebeul ist dort unterwegs. Regelmäßig meldet sie sich mit kleinen Filmchen und Bildern oder macht auf Handarbeiten ihrer Kundinnen aufmerksam.

Im 3-H-Laden auf der Elbstraße in Meißen gibt es unter anderem selbst gemachte Handarbeiten. Bald will Inhaberin Carola Müller mit anderen zusammen stricken und häkeln. Mitarbeiterin Maria Schumann sortiert schon die erste Wolle ein.
Im 3-H-Laden auf der Elbstraße in Meißen gibt es unter anderem selbst gemachte Handarbeiten. Bald will Inhaberin Carola Müller mit anderen zusammen stricken und häkeln. Mitarbeiterin Maria Schumann sortiert schon die erste Wolle ein. © Claudia Hübschmann

Strickkurse sind trotz Internetkonkurrenz beliebt

Neben wöchentlichen Stricktreffs, einem monatlichen Strickfrühstück und Kursen für Anfänger richtet sich Balzer auch explizit an Kinder und Jugendliche. Immer freitags stricken und häkeln Acht- bis 14-Jährige gemeinsam. "Mützen, Stirnbänder, Taschen, je nachdem, was sie wollen", sagt Balzer. Die zehn Plätze für das Häkel-Camp in den Winterferien sind schon ausgebucht.

Trotz der vielen Inspirationen im Internet sind Balzers Angebote gut gefüllt. Denn beim Stricken zählt mehr als das Ergebnis. Es geht um das gemeinsame Erlebnis und den Austausch. Für besondere Workshops sind jüngere und ältere Generationen auch bereit, etwas mehr Geld auszugeben. So war im Wolldepot vor Kurzem der Youtuber Thorsten Duit zu Gast und lernte ihnen mehr übers Sockenstricken oder wie ein Rundhals gelingt. Ein Workshop kostete 55 Euro.

Auch in Radeburg geht das Angebot weit über den Wollverkauf hinaus. Steinhagen arbeitet mit einer Buchhandlung zusammen, auch Schmuck ist im Sortiment. "Ein Nadelhersteller bietet jetzt auch einen Strickring an - der eignet sich als Schmuck oder eben zum Stricken", erklärt Steinhagen. Ein Besuchermagnet seien auch Kurzwaren wie Reißverschlüsse oder Knöpfe.

Nähkurse für Kinder und Jugendliche

"Es kommen viele über die Autobahn oder gar aus Meißen und Riesa", erzählt Steinhagen. Auch Teenies und Grundschülern hat sie schon Tricks gezeigt. "Manche Schulen fragen sogar ein Großsortiment an Häkelnadeln an."

Auch Petra Hollang von der Patch- und Strickmanufaktur in Meißen beobachtet eine große Nachfrage von Kindern und Jugendlichen. Seit 2011 bietet sie Strick- und Häkelkurse an, doch besonders oft bringt sie anderen das Nähen bei. "Da ich selber noch drei im Haushalt lebende Kinder habe, kann ich der Nachfrage kaum gerecht werden", sagt Hollang.

An der Volkshochschule Meißen hat man den Trend ebenfalls erkannt. In Gröditz und Radebeul gibt es Nähkreise, Tipps und Tricks oder Anleitungen für den Umgang mit der Nähmaschine. Fürs Stricken hapert es derzeit an Kursleitern, sagt Ines Ragala. Doch sobald sich das ändert, sollen auch dort die Stricknadeln wieder in die Hand genommen werden.