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Erdbeeren im Reifungs-Chaos

Auf den Erlebnisplantagen rund um Dresden wurden die frühen Sorten fast zeitgleich pflückreif – die späten hingegen kommen erst ab nächster Woche.

Von Manfred Müller
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Die Selbstpflücker freuen sich über viele reife Früchte.
Die Selbstpflücker freuen sich über viele reife Früchte. © Arvid Müller

Moritzburg. Eigentlich hat Holger Schöne die Erdbeersorten so ausgewählt, dass es zur Erntezeit auf seinen Feldern vier Wochen lang schön rot aussieht. Der Landwirt aus Ponickau betreibt rund um von Dresden mehrere Obst- und Erlebnisplantagen, auf denen man neben Erdbeeren später im Jahr auch Himbeeren, Heidelbeeren und Brombeeren selbst pflücken kann. Diesmal aber ging alles durcheinander. „Die Saison war sehr kurz, die frühen Sorten reiften zu schnell ab“, erklärt Schöne. Die Besucher seien auf den Plantagen mit dem Pflücken gar nicht hinterhergekommen, sodass es am Ende etliche Verluste gab. Inzwischen ist die Pflückzeit für die frühen Allegro, Clery, Daroyal und Asia vorbei, während die späten Sorten, wie Malwina und Faith, noch nicht reif genug sind. Anfang nächster Woche, denkt Holger Schöne, wird es so weit sein.

Erdbeerernte mit Maislabyrinth und Stroh-Hüpfburg

Der Spargelhof Ponickau liegt an der A 13 nahe der brandenburgischen Landesgrenze. Betreiber Holger Schöne erkannte schon in den 1990ern, dass er mit dem Gemüse- und Obstanbau näher an die Landeshauptstadt heranrücken muss, um am Markt bestehen zu können. Und dass er der Dresdner Kundschaft etwas bieten muss, um sie an den Stadtrand zu locken. So entstand die Idee der Erlebnisplantage, auf der man sein Obst selbst pflücken oder auch am Stand kaufen kann und bei Bedarf einen Nachmittagskaffee und ein Stück Kuchen bekommt. Und wo es jede Menge Zerstreuung gibt – vom Maislabyrinth bis zur Stroh-Hüpfburg. Diverse saisonale Festivitäten – zum Beispiel Spargel- und Kürbisfeste – sollen ganze Familien zu einem Besuch auf der Plantage bewegen. Schöne startete zunächst südlich von Moritzburg, später kamen Standorte in Dresden-Weißig und Dresden-Lockwitz und eine Erdbeerplantage in Reichenberg hinzu. In Ponickau, zwischen den Autobahnabfahrten Schönborn und Ortrand, betreibt der Agrarunternehmer ebenfalls eine Erdbeerplantage und einen Hofladen.

Preise auf Vorjahresniveau

Katastrophenmeldungen von der diesjährigen Erdbeerernte hat Holger Schöne nicht zu bieten. Er baut die beliebte Frucht auf insgesamt 5,6 Hektar an und ist preislich auf dem Vorjahresniveau geblieben. Natürlich müssten die höheren Diesel-, Dünger- und Energiekosten über kurz oder lang in den Preis einfließen, sagt der Ponickauer. Aber bei den Erdbeeren sei das momentan noch nicht der Fall. Das werde erst nächstes Jahr kommen. Obstkulturen müssen schließlich gepflegt und bewässert werden, und das kostet Geld. Am Kaufverhalten seiner Kundschaft hat Holger Schöne bisher kaum Veränderungen festgestellt. Zu Saisonbeginn gab es ein paar Anlaufschwierigkeiten, die sich der Landwirt nicht so richtig erklären kann. Dann aber sei die Saison – bis auf das Reife-Chaos – ganz normal verlaufen. Er habe den Eindruck, dass seine Kundschaft wieder mehr Marmelade einkocht, sagt Schöne. Darauf deuteten die größeren Mengen hin, die die Selbstpflücker jetzt von den Feldern holen. Das sei in so unsicheren Zeiten aber auch keine große Überraschung. Geschmacklich sind die Feld-Erdbeeren ihren Pendants in den Supermärkten ohnehin überlegen. Sonnige Tage und kühle Nächte wie in den vergangenen Wochen machen die Früchte sehr aromatisch. Über den aktuellen Reifezustand der Beeren auf Holger Schönes Plantagen kann man sich im Internet unter www.spargelhof-ponickau.de informieren.

Immer weniger Erdbeerfelder

Nach Angaben des Branchenverbandes werden in Sachsen zurzeit auf 400 Hektar Erdbeeren angebaut. Ein medienwirksames Umpflügen von Erdbeerfeldern wie im Frühjahr in Nordrhein-Westfalen habe hier nicht stattgefunden. Die westfälischen Bauern wollten mit der Aktion gegen die gestiegenen Kosten und die niedrigen Preise protestieren. Im Freistaat gibt es zwar die gleichen Probleme, aber die Sache läuft nahezu geräuschlos ab. Die Erdbeer-Anbaufläche zum Beispiel ging seit der Einführung des Mindestlohnes kontinuierlich zurück.