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Fast jeder in Quarantäne muss mit Kontrolle rechnen

Die Ordnungsämter bekommen Listen vom Landratsamt und kontrollieren Tausende - wie und welche Strafgelder für Corona-Verstöße verhängt wurden.

Von Peter Redlich
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Olaf Lier, Leiter des Coswiger Ordnungsamtes, auf Kontrollgang in der Stadt.
Olaf Lier, Leiter des Coswiger Ordnungsamtes, auf Kontrollgang in der Stadt. © Arvid Müller

Radebeul/Meißen/Coswig/Riesa/Großenhain. Es passiert nahezu täglich. Vom Coswiger Ordnungsamt rücken Mitarbeiter aus, um zu kontrollieren. Es geht um Quarantäne. Wer bleibt wirklich zu Hause und hält die Tage aus? Mit Versorgung durch Nachbarn und Freunde. Homeoffice ist ja zumindest möglich.

Aktuell gilt: Entweder zehn Tage Quarantäne ohne abschließenden Test oder fünf Tage mit PCR-Test zum Abschluss, der negativ sein muss. Wobei der PCR-Test nicht vor dem fünften Tag der Quarantäne durchgeführt werden darf. Wer dagegen verstößt, kann mit Bußgeldern belangt werden, die bei 200 Euro beginnen und sogar bis zu 25.000 Euro reichen.

Coswigs Ordnungsamtsleiter Olaf Lier: „Wir gehen zu den Kontrollen bewusst in zivil und fahren nicht mit einem gekennzeichneten Dienstauto der Stadt, um nicht noch darauf hinzuweisen, dass hier jemand wohnt, der von der Stadt kontrolliert wird.“ Vor der Haustür wird der Betreffende angerufen und darum gebeten, sich zu zeigen.

Wer zu kontrollieren ist, das erfahren die Mitarbeiter in den Ordnungsämtern im Kreis Meißen aus dem Gesundheitsamt des Landratsamtes. „Das Gesundheitsamt sendet zweimal in der Woche Listen mit Personen und gegebenenfalls Kontaktpersonen an die Gemeinden mit der Bitte um Quarantänekontrollen“, sagt Doris Käthner von der Pressestelle des Landratsamtes.

Über 2.000 Kontrollen in Radebeul

In Coswig waren das im letzten Jahr bis jetzt knapp 1.000 Kontrollen, die vorgenommen worden sind. Eine erhebliche Belastung zusätzlich zu den üblichen Aufgaben wie Verkehrskontrollen und anderen Ordnungsgängen. Lier sagt, dass weniger als ein Prozent der Kontrollierten nicht angetroffen worden sind und damit eine Meldung ans Landratsamt notwendig war.

Richtig hoch ist die Zahl der Kontrollen in Radebeul. Ingolf Zill, im Ordnungsamt eigentlich der Sachgebietsleiter Verkehr, ist zuständig für die Rückmeldungen an das Landratsamt. Wir schaffen nicht alles, aber den größten Teil, der auf den Listen angegebenen Adressen. 2021 und bis jetzt sind in Radebeul 2.298 Kontrollen zusammengekommen. Zill sagt, dass die Belastung sehr unterschiedlich übers Jahr sei, eben weil die Ansteckungen mit dem Covid-Virus in den Wintermonaten viel höher sind. November und Dezember wären daher bisher die mit Abstand aufwendigsten Monate. Mindestens ein Mitarbeiter im Ordnungsamt ist damit in Vollzeit beschäftigt. In Radebeul gehen die Mitarbeiter allerdings in der bekannten blauen Bekleidung und mit Dienstfahrzeug zu den Adressen. Zill: „Damit wird ja nicht explizit gesagt, dass wir zu Corona-Kontrollen unterwegs sind.“

Aus Großenhain informiert Pressesprecherin Diana Schulze, dass insgesamt drei Personen mehrere Stunden wöchentlich für die Kontrollen zeitlich gebunden sind. Im Durchschnitt jede Person etwa zwei Stunden pro Woche. „Die Mitarbeiter der Stadt führten von März 2021 bis Mai 2021 Kontrollen durch und kontrollierten von Ende Oktober bis zum 22. Dezember. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum etwa 950 Personen unangemeldet und stichprobenartig überprüft“, so Diana Schulze. Die Jahresgesamtzahl sei allerdings noch höher. Die Listen mit den Adressen vom Frühjahr seien aus Datenschutzgründen bereits vernichtet. Im Frühjahr 2021 wurden vier Anzeigen, aus den unterschiedlichsten Gründen, an das Kreisordnungsamt weitergeleitet, heißt es aus Großenhain. In den weiteren Monaten gab es keine Probleme.

Polizei musste noch nicht eingreifen

Bislang gab es keine größeren Schwierigkeiten, außer ein paar verbale Streitgespräche mit genervten Quarantäne-Kontrollierten. Zu einer Eskalation und damit zu einer erforderlichen Unterstützung durch die Polizei kam es aber bisher noch nie, so Schulze.

Riesas Pressesprecher Uwe Päsler sagt, dass die Zahl der Kontrollen „mehrere Hundert“ beträgt. „Die Masse der Kontrollen verlief erfolgreich. Die Prozentzahl derer, die nicht anzutreffen waren oder nachweislich gegen die Auflagen verstoßen haben, war deutlich im einstelligen Bereich“, so Päsler.

Da diese Aufgabe zusätzlich zum normalen Aufgabenspektrum des Ordnungsamtes zu erfüllen war, wurde auch der Umfang der Kontrollen abhängig vom normalen Alltagsgeschäft gemacht. Bei Personalknappheit oder hoher Auftragsbelastung durch die regulären Kontrollen wurden Quarantänekontrollen in Riesa entsprechend zurückgefahren. Durch die lange Erholungsphase im Sommer - wenige bis gar keine notwendigen Kontrollen - blieb die Belastung aber im Rahmen, heißt es aus Riesa. Uwe Päsler: „Es ist kein Fall bekannt, dass es Ärger gab. Im Gegenteil, sehr viele Leute haben sich eher über den kurzen Besuch gefreut und waren für ein Gespräch dankbar.“

In der Stadt Meißen nimmt im Wesentlichen das Landratsamt die Kontrollen selbst vor, heißt es aus dem Büro des Oberbürgermeisters von Anne Dziallas. Dies geschehe vom Kreisordnungsamt des Landratsamtes Meißen in Zusammenarbeit mit der Polizei. Nur vereinzelt komme es durch das städtische Ordnungsamt zu Unterstützungsleistungen.

Es ist eine Bitte an die Städte

Aus dem Landratsamt heißt es von Doris Käthner, dass neben den an die Städte und Gemeinden gesendeten Listen mit der Bitte um Quarantänekontrollen eine Ermittlung der Personenanzahl insgesamt, der an die Gemeinden übergebenen Quarantänekontrollen für einen größeren Zeitraum bzw. Monate zu aufwendig wäre. Zu beachten sei außerdem, dass Personen mehrfach in den Listen an die Gemeinden enthalten sein können und damit die Gesamtzahl verfälscht werde, so die Sprecherin. Auch müssten die Gemeinden dem Gesundheitsamt keine Rückmeldungen über die durchgeführten Kontrollen geben.

Im Kreisordnungsamt gehen Anzeigen bei Verstößen ein. Allerdings sei eine Differenzierung nach Kommunen nicht statistisch im System erfasst. Es ist lediglich eine Auswertung nach „Verstößen im Zusammenhang mit Corona-Regelungen“ möglich. In diesem Zusammenhang sind in 2021 insgesamt 2.207 Verfahren durchgeführt worden. Für die durchgeführten Verfahren wegen Verstoßes gegen Corona-Regeln im Jahr 2021 wurden insgesamt rund 259.250 Euro Bußgelder angeordnet.

Alle Verstöße würden durch die Bußgeldstelle des Landratsamtes Meißen verfolgt. Der Betroffene hat die Möglichkeit, sich zu äußern, bevor der Bußgeldbescheid verschickt wird. Legt der Beschuldigte Einspruch ein, landet das Verfahren auf dem Tisch der Staatsanwaltschaft.

Fazit: Die Ämter arbeiten die Kontrolllisten weitgehend ab - also muss fast jeder, der sich in Quarantäne befindet auch mit der Kontrolle rechnen. Und: Offenbar halten die meisten Bürger die Auflagen ein.