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Radebeuler Bürgergarten öffnet als böhmisches Gasthaus wieder

Ein tschechisches Ehepaar küsst das traditionsreiche Restaurant am Dorfanger Altkötzschenbroda wach. Und das Kabarett "Die Raspel" kehrt auf seine Stammbühne zurück.

Von Silvio Kuhnert
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Prost mit frisch gezapftem Pilsner Urquell: Tereza und Patrick Kuruc bringen mit böhmischen Spezialitäten neues Leben in den Bürgergarten am Westende des Dorfangers Altkötzschenbroda. Am 1. Februar 2023 öffnen sie ihr Restaurant.
Prost mit frisch gezapftem Pilsner Urquell: Tereza und Patrick Kuruc bringen mit böhmischen Spezialitäten neues Leben in den Bürgergarten am Westende des Dorfangers Altkötzschenbroda. Am 1. Februar 2023 öffnen sie ihr Restaurant. © Arvid Müller

Radebeul. In das traditionsreiche Gasthaus "Zum Bürgergarten" in Radebeul zieht wieder Leben ein. "Dobrý den", guten Tag, heißt es ab 1. Februar dieses Jahres am Westende des Dorfangers Altkötzschenbroda. Patrick und Tereza Kuruc bieten ihren Gästen böhmische Küche und frisch gezapftes Pilsner Urquell an.

Die beiden Tschechen wohnen schon einige Zeit in der Lößnitzstadt und verwirklichen nun hier ihren Traum von einem eigenen Restaurant. Eigentlich ist es der zweite Anlauf für den 37-Jährigen und seine zwei Jahre ältere Ehefrau. Bereits 2009 eröffneten sie das Restaurant "Zum Schloss" in Teplice. "Dieses gab ich 2017 an meine Eltern ab", sagt Patrick Kuruc. Um seine Deutschkenntnisse zu verbessern und weitere Erfahrungen in seiner Berufung zu sammeln, heuerte er bei der "Weißen Flotte" an und kellnerte auf den Dampfschiffen auf der Elbe. Irgendwann wurde ihm das Pendeln in seine nordtschechische Heimat nach den langen Schichten zu viel und er fand eine Wohnung in Radebeul. Auch beruflich wechselte er zurück aufs Land, arbeitete im Gasthof "Zu den Linden" im Osten der Lößnitzstadt.

Schmackhaftes Bier zu tschechischen Gerichten

Als die Gastronomie durch die langen Schließzeiten während der Coronakrise arg gebeutelt wurde, sattelte Patrick Kuruc komplett um, verkaufte Wohnmobile bei Schaffer-Mobil an der Kötzschenbroder Straße in Dresden-Kaditz. Dort habe er gut verdient, sagt Patrick Kuruc. Doch in ihm schlug weiterhin das Herz eines Gastwirtes. Im vergangenen Sommer organisierte er böhmische Wochenenden im Lößnitzbad. "Das Feedback war sehr gut", so Patrick Kuruc und er war sich sicher, sein Konzept mit tschechischer Küche und schmackhaften Pils passt in diese Region.

Anette Paul und Roland Dix kehren mit ihrem Kabarett "Die Raspel" auf die Bühne im Tonnengewölbe des Gasthauses zurück.
Anette Paul und Roland Dix kehren mit ihrem Kabarett "Die Raspel" auf die Bühne im Tonnengewölbe des Gasthauses zurück. © Arvid Müller

So machte er sich auf, seinen großen Traum vom eigenen Restaurant in Radebeul zu erfüllen. Über den Betreiber der Kuchenbude am Lößnitzbad kam er in Kontakt mit den Wirten "Der Schmiede" am Dorfanger, über die er den Eigentümer des Gasthauses "Zum Bürgergarten" kennenlernte. Da stand die Gaststätte mit großem Tonnengewölbe im Keller und Herrenzimmer mit Billardtisch und Bibliothek schon zwei Jahren leer.

Gasthaus mit langer Geschichte

Der Bürgergarten atmet Geschichte und hat einen eigenen Eintrag im Radebeuler Stadtlexikon. Dort ist zu lesen, dass auf dem Grundstück Kötitzer Straße 2 das dort befindliche Gebäude nach dem Dorfbrand von 1774 wieder aufgebaut wurde. Darin befand sich ein Kramladen. Das Geschäft ging 1821 in den Besitz von August Seitz aus Niesky über, der daraus eine Apotheke und Materialwarenhandlung machte. Der Vorgänger der heutigen Stadtapotheke (Bahnhofstraße 19) war bis 1870 hier. Zwei Jahre später wurde zum ersten Mal eine Gaststätte aus dem Haus. Nach mehrmaligem Besitzerwechsel bekam diese den Namen "Zum Bürgergarten", wovon das Sgraffito von Hermann Glöckner noch heute über dem Eingang zeugt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfügte das Haus über zwei Gaststuben, eine Stehbierhalle sowie einen Gästegarten mit Veranda und Kegelbahn und war ein beliebtes Arbeiterlokal.

Der Bürgergarten ist eine traditionsreiche Gaststätte. Seit 150 Jahren werden in dem Lokal Gäste bewirtet.
Der Bürgergarten ist eine traditionsreiche Gaststätte. Seit 150 Jahren werden in dem Lokal Gäste bewirtet. © Arvid Müller

1927 erfolgte ein Umbau und nach dessen Abschluss konnte hier auch das Tanzbein geschwungen werden. 1994 geschlossen wurde das Lokal und 1997 kurzzeitig wiederbelebt. 2005 öffnete es nach umfassender Sanierung wieder unter altem Namen. 13 Jahre betrieben Torsten und Mandy Hähnel die Gastronomie. Doch Ende 2018 mussten sie schließen, weil es immer schwieriger war, gute Mitarbeiter zu finden. Sie konzentrierten sich auf ihre anderen Häuser am Dorfanger. Mit Alter Apotheke, Dampfschiff, Dittrichs Erben und dem Sonnenhof haben sie bis heute noch genug Aufgaben.

Nach ihnen versuchten sich kurz hintereinander zwei Betreiber im Bürgergarten, jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Seit Sommer 2020 steht der Gasthof leer.

Gerichte frisch zubereitet

Den Neustart wagt nun das Ehepaar Kuruc. Acht Mitarbeiter haben sie aus ihrer tschechischen Heimat geholt. Passend zu ihrem Konzept mit traditioneller Küche aus ihrem Heimatland bekommt der Gasthof den Zusatz "Zum Böhmischen Bürgergarten". Auf der Speisekarte sind beispielsweise Altböhmische Knoblauchsuppe mit geräuchertem Fleisch, Brotcroutons, Käse und Ei für 5,90 Euro, deftiger Rindergulasch mit Semmelknödel oder Schweinebraten mit einer Marinade aus eigenem Saft, Bier und Honig mit einer Variation von böhmischen Knödeln mit Wein- und Rotkraut für je 15,90 Euro zu finden. Aber auch hausgemachte Sülze, eingelegter Camembert oder eine ertrunkene Wurst nach eigener Rezeptur dürfen als Begleiter zum böhmischen Bier nicht fehlen. "Aus dem Frost kommen nur Pommes und Kroketten, alles andere wird frisch zubereitet", so Patrick Kuruc.

Das Herrenzimmer mit Billardtisch kann für zehn Euro pro Stunde gemietet werden.
Das Herrenzimmer mit Billardtisch kann für zehn Euro pro Stunde gemietet werden. © Arvid Müller

Neben den erwähnten Speisen von der Karte gibt es täglich einen wechselnden Mittagstisch ab 9,90 Euro. Darüber hinaus vermieten die Wirte sechs Gästezimmer. Ihr Lokal hat Sonntag bis Donnerstag von 11 bis 22 Uhr sowie Freitag und Sonnabend von 11 bis 24 Uhr geöffnet.

Kabarett einmal im Monat

Durch die Neueröffnung kehren Anette Paul und Roland "Otto" Dix auf ihre alte Bühne zurück. Seit 22 Jahren spielen sie zusammen im Kabarett "Die Raspel", zunächst in Dresden. "Im Januar 2014 wurden wir liebevoll im Bürgergarten aufgenommen", erinnert sich Anette Paul. Ab da spielten sie regelmäßig im wohl schönsten Gewölbekeller, wie sie meinen, auf dem Dorfanger in Radebeul. Selbst als dieser geschlossen war, hielten sie "Altkö" die Treue und wichen mit ihren Auftritten in "Dittrichs Erben" aus. Doch die Vorfreude ist groß nun wieder an alter Wirkungsstätte ihre Programme zum Besten zu geben.

Das erste Mal treten sie am 17. Februar dieses Jahres um 19.30 Uhr im "Zum Böhmischen Bürgergarten" mit ihrem Stück "Vorwärts nimmer, rückwärts immer" auf. Danach sind sie einmal im Monat mit jeweils einem anderen Programm zu Gast. Zu den Vorstellungen gibt es Speisen aus der böhmischen Küche.