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Das stille Leben der Dinge

Die Ausstellung „An den Rändern“ von Stefan Voigt zeigt vielerlei Entdeckungen in einem virtuellen Rundgang durch die Stadtgalerie Radebeul.

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Der Radebeuler Künstler Stefan Voigt steht in seiner Ausstellung „An den Rändern“ in der Stadtgalerie. Sie geht bis 18. April dieses Jahres und ist bei einem virtuellen Rundgang zu sehen.
Der Radebeuler Künstler Stefan Voigt steht in seiner Ausstellung „An den Rändern“ in der Stadtgalerie. Sie geht bis 18. April dieses Jahres und ist bei einem virtuellen Rundgang zu sehen. © Norbert Millauer

Von Lilli Vostry

Radebeul. Dunkle Flächen mit hellen Farbspritzern, vergilbte, abgeblätterte und frische weiße Spuren durchziehen die Bildräume. Aus der untersten Leitersprosse wachsen Gerüste scheinbar ins Endlose. Drähte ragen wie Antennen in den Raum. Linien öffnen, gliedern, weiten und begrenzen grau gerasterte Flächen. Das am Rand oft auftauchende große „B“ lässt sich als Baustelle, Bruch und Balance deuten.

In diesem Spannungsfeld verlassener Räume, in denen die Dinge ein stilles, wild wucherndes Eigenleben führen, bewegt sich die derzeitige Ausstellung „An den Rändern“ mit Zeichnung und Malerei von Stefan Voigt in der Stadtgalerie Radebeul. Der Ausstellungstitel spielt ironisch auch auf die Situation der Künstler an, die oft am Rand im Verborgenen wirken, nicht nur in Corona-Zeiten.

In seinen Bildern verbindet Stefan Voigt assoziationsreich Außen- und Innenwelten. Der Betrachter erkundet mit ihm noch unerschlossene Gebiete und Territorien voller Farb- und Formkontraste. Das tragende Element in seinen Papierarbeiten sei die Linie, sagt Voigt. „Für mich sind es Wirklichkeitsfragmente, Objekte und Dinge auf der Durchreise“, so der Künstler über sein Schaffen.

Nachdenken über Klimawandel

Die Ausstellung versammelt vorwiegend abstrakte und einige figürliche Arbeiten, zumeist Zeichnungen und Mischtechniken in Pastelltönen und schwarze Linienumrisse sowie auf alten Buchdeckeln und einer Landkarte von Venedig gezeichnete „Versunkene Städte“ und „Wildnis“ mit archaischer Symbolik. Sie regen zum Nachdenken über den Klimawandel an. Die Bildräume wirken mal ruhig, klar, meditativ und luftig weit, mal sperrig und verschlossen. Da treffen feste, starre, ins Leere greifende, sich auflösende, eckige und kreisende Formen aufeinander. Linien verlaufen gerade, schlängelnd, auf und ab, geordnet und verquer. Da landet man plötzlich im „Niemandsland“, geht auf „Rückzug“, in Schwingung mit der Bilderserie „Seismic“, findet „Zuflucht“, durchquert eine „Passage“. Und die Räder drehen sich immerzu unter dem Motto: „Es geht voran“.

Stefan Voigt wurde 1961 in Dresden geboren und studierte dort von 1982 bis 1987 an der Hochschule für Bildende Künste und erwarb sein Diplom in Malerei und Grafik bei Professor Gerhard Kettner. Seit seinem Abschluss arbeitet Voigt freischaffend als Künstler und wohnt inzwischen in Radebeul.

Blick auf die Ränder der Großstadt

Der Blick aus dem Atelierfenster in einer ehemaligen Schokoladenfabrik an der Hopfgartenstraße in Dresden-Johannstadt, umgeben von Neubauten und Industriebrachen, sei sehr anregend für sein Schaffen. Vor allem das Nichtgreifbare der Zwischenräume interessiere ihn. Er versuche, sie in seinen Bildern zu fassen, so Voigt. Seine Arbeiten zeigen, wie viel auch noch an den Rändern der Großstadt zu entdecken ist - zwischen Verfall, Stillstand und neuer Nutzung. Und dem Umgang mit den Leerräumen.

Da die Bilderschau derzeit coronabedingt wegen des Lockdowns weiterhin geschlossen ist, lädt ein virtueller Rundgang durch die Ausstellung ein, begleitet von einer Lesung nordischer Gedichte mit Undine Materni und Musik von Tobias Herzz Hallbauer. Außerdem kann der Ausstellungskatalog zum Preis von fünf Euro erworben werden.

Ausstellungsrundgang unterwww.radebeul.de/stadtgalerie; Katalogbestellung per E-Mail an [email protected] oder unter 10351 8311600