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Stadtgalerie Radebeul zeigt Landschaften im Wirbel der Zeit

Farb- und zeichenreiche Malerei über das Verhältnis von Mensch und Natur zeigt die Ausstellung „rempe & nagel“ in der Stadtgalerie Radebeul.

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Anita Rempe und Maja Nagel stellen erstmals gemeinsam in der Stadtgalerie Radebeul Arbeiten aus.
Anita Rempe und Maja Nagel stellen erstmals gemeinsam in der Stadtgalerie Radebeul Arbeiten aus. © Arvid Müller

Von Lilli Vostry

Radebeul. Weithin weiße, karge Flächen, auf denen in schwarzen Linien umrissen, geisterhaft und geheimnisvoll sich Mensch- und Naturwesen umkreisen, treffen auf farbflirrende, großformatige Waldbilder. Landschaften in starken Kontrasten zueinander zeigt die Ausstellung „rempe & nagel“ mit Malerei und Zeichnungen von Anita Rempe und Maja Nagel in der Stadtgalerie Radebeul, die kommenden Sonntag letztmalig offensteht für Besucher.


Geöffnet: Sonntag, 21. Januar, 13 bis 17 Uhr

So kurz und bündig der Ausstellungstitel, so eigenständig, konträr, farb- und zeichenreich und doch auch aufeinander Bezug nehmend, wirken auch die Arbeiten der beiden Künstlerinnen. „Sie kennen sich schon viele Jahre und stellen hier zum ersten Mal gemeinsam aus. Die sehr unterschiedlichen Handschriften, das stark Farbige und die reduzierte Figur, sind der Reiz dieser Doppelausstellung“, sagt Stadtgalerist Alexander Lange. Verbindend sei nicht nur ihre künstlerische Arbeit auf Papier und Leinwand, sondern ebenfalls von ihnen gezeichnete und produzierte Animationsfilme.

Von Braunkohlebergbau geschundene Landschaften

Maja Nagel zeigt ausschließlich Arbeiten in Kohle und Graphit, vorwiegend in schwarz-weiß und Grautönen auf Papier. In knapp prägnanter Formsprache, offen und vieldeutig, mal düster, bedrohlich, einschneidend, mal ironisch, kraftvoll und märchenhaft poetisch stellt Maja Nagel das Verhältnis zwischen Mensch und Natur dar. Ihr zentrales Thema sind das allmähliche Verschwinden von Heimat und Identität in der vom Braunkohlebergbau geschundenen Lausitz in der Nähe ihrer Geburtsstadt Bautzen, die Auswirkungen und das Besinnen auf die Wurzeln. Ihre Bilder geben einen beeindruckenden wie erschreckenden Einblick in eine abgebaggerte, uralte Kulturlandschaft. Das betrifft besonders zahlreiche Siedlungsgebiete der Sorben.

Ein paar Grasbüschel, dunkle Vögel, eine wie Rauch aufsteigende Figur auf einem Baumstumpf und ein Bagger umlagern sich im Titelbild der Ausstellung „schaustellen“ von Maja Nagel. Eine Frau reitet auf einem schweren Stein und hält sich an ihm fest, über ihr ein Greifarm oder Schlinge, in einer Kohlezeichnung von 2022 mit dem Titel „…aufsitzen“.

Aussagereich schon die Bildtitel wie „schnell weg“, „immer im wirbel“, „zeitschläge“ und „staubschöne“ aus der Zeichnungsserie „na kromje/an der kante“ der sorbischen Künstlerin. Zwei Frauen in sorbischer Tracht, mit weit schwingenden Röcken, Hauben und Rucksäcken auf dem Rücken laufen unter einer schwarzen Sonne durch öde Landschaft. Eine Sorbin steht mit wehenden Bändern in der Erde, die wie schwarze Flügel ihre Schatten hinterlassen. Eine Frau sucht zwei schwarze Knäuel in den Händen zu entwirren in einer ihrer neuesten Kohlezeichnungen von 2023 mit dem Bildtitel „drüberdrunter“. Ein weißer „Engel“ mit schwarz umrandeten Flügeln hängt gleich neben dem Galerieeingang.

Zeit, die fließt, verrinnt oder innehält

Maja Nagel hat in Dresden an der Kunsthochschule Malerei und Grafik studiert, hat längere Zeit in Berlin, Dresden und Strehla gelebt und wohnt und arbeitet inzwischen auf einem ehemaligen Bauernhof in Eula bei Nossen. Beim Käthe-Kollwitz-Haus in Moritzburg betreut sie seit langem die Grafikwerkstatt.

Anita Rempes Ölbilder sind oft expressiv farbig, konkret und abstrahiert. Manchmal schemenhaft wie aus dem Zugfenster fällt der Blick auf rasch vorüberziehende Landschaften, Bäume und Waldlichtungen. Mit Bildtiteln wie „Grüne Fluchtlandschaft“, „Vivaldi“, „Zusammenbruch“, „Ina geht“ und „Waldes-Techno-Mann“. Ihre Porträts ähneln ausdrucksreichen Gesichts-Landschaften.

Die Bilder von Anita Rempe erzählen von Zeit, die fließt, verrinnt oder innehält im Moment. Sie wurde 1965 in Magdeburg geboren, ist studierte Gebrauchsgrafikerin und Illustratorin und arbeitete als freie Trickfilmzeichnerin für TV- und Filmproduktionen. Als Kunsttherapeutin ist Anita Rempe auch in Radebeul tätig. Sie wohnt und arbeitet im Fischerdorf Gauernitz an der Elbe. Ihre Malerei und Maja Nagels Zeichnungen verbindet, das Kostbare, die Urkraft und Fragilität der Natur, nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Ausstellung ist noch bis 21. Januar zu sehen.