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Reisetipp Andalusien: Filmreifes Almería

Berge, Wüste, Vulkanküste: Die andalusische Provinz überrascht mit ganz unterschiedlichen Landschaften. Das wissen auch Produzenten zu schätzen.

Von Birgit Hilbig
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Wüste von Tabernas: Die in Europa einzigartige Landschaft zieht nicht nur Touristen und Naturwissenschaftler, sondern auch jede Menge Filmemacher an.
Wüste von Tabernas: Die in Europa einzigartige Landschaft zieht nicht nur Touristen und Naturwissenschaftler, sondern auch jede Menge Filmemacher an. © Turespaña

Mit Sonne geizt keine Gegend in Almería: Knapp 3.000 Stunden im Jahr und damit fast doppelt so oft wie in Sachsen strahlt Klärchen über der andalusischen Region. Doch der Charakter der einzelnen Landschaften könnte kaum unterschiedlicher sein. Nur jeweils eine Autostunde voneinander entfernt, so Aktivtouristiker Rubén Navarro, erhebt sich vulkanisches Gestein über dem Mittelmeer, weht der Staub über der Wüste von Tabernas und grünen die sanften Vorberge der Sierra Nevada.

Nicht umsonst locken Veranstalter wie er mit einem Kontrastprogramm, das in wenigen Tagen Eindrücke und Aktivitäten in diesen drei Naturräumen verspricht. Wo man beginnt und womit man seine Reise durch die Landschaften krönt, bleibt natürlich dem persönlichen Geschmack überlassen. Doch als Sohn von Bayárcal empfiehlt Rubén einen Start in seinem Bergdorf auf rund 1.260 Metern Meereshöhe.

Zentraler Punkt des am Hang gelegenen 300-Seelen-Örtchens ist die trutzige Kirche, die seit dem 16. Jahrhundert katholisch, vermutlich aber schon älter ist. Dort lassen sich verschiedenste Streifzüge und Wanderungen beginnen: unter anderem eine nicht allzu herausfordernde, bestens markierte Rundtour ums Dorf. Auf schmalem, steinigem Pfad steigen Wanderer bis auf rund 1.500 Meter, wo die Grenze zwischen Natur- und Nationalpark verläuft. Üppiges Grün wechselt sich ab mit trockenem Pinienwald; in der Ferne grüßt der Mulhacén, der höchste Berg der Iberischen Halbinsel.

Zipline „Gran Tirolina de Sierra Nevada“: Hilfe bei der Landung nach dem 650-Meter-„Flug“ über die Schlucht.
Zipline „Gran Tirolina de Sierra Nevada“: Hilfe bei der Landung nach dem 650-Meter-„Flug“ über die Schlucht. © Birgit Hilbig

Nicht hinauf, sondern hinunter geht es auf der Zipline „Gran Tirolina de Sierra Nevada“, die der ganze Stolz von Rubén und seiner Frau Desirée ist. Von der Bergstation, einem ehemaligen Dreschplatz, „fliegen“ Wagemutige 650 Meter über eine Schlucht – je nach Vorliebe im Sitzen oder bäuchlings mit ausgebreiteten Armen. „Wie Batman“, erklärt Rubén seinen Gästen. Wer weniger als 60 Kilogramm wiegt, wird mit Eisengewichten beschwert, damit der Schwung bis zum anderen Ende des Seils reicht. Zur „Nervenberuhigung“ zelebriert Desirée im Anschluss Waldbaden zu tibetanischen Klängen.

Drehort zahlreicher Western

Die klare Bergluft gegen heißen Wind tauschen Urlauber auf der Weiterreise nach Tabernas, wo jährlich weniger als 200 Millimeter Regen fallen. Touristiker bezeichnen die Gegend gern als einzige Wüste Europas, wobei sie streng genommen „nur“ eine Halbwüste ist. „Ihr gelbliches Sedimentgestein erinnert an Landschaften im amerikanischen Südwesten“, sagt Naturparkführerin Cristina Serena. Und genau das macht die Wüste von Tabernas nicht nur für Naturliebhaber interessant: Seit den 1950er-Jahren ist sie Drehort zahlreicher Western und anderer Abenteuerfilme, darunter „Lawrence von Arabien“ oder „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“.

Es mag verwundern, so Cristina Serena, dass für amerikanische Filme in Südspanien gedreht wird: „Doch die Weite der Originallandschaften macht die Produktion sehr aufwendig und teuer. Unsere kleine Wüste dagegen ist mit allen Medien erschlossen und von Straßen umgeben. So hat das Filmteam nicht nur beste Arbeitsbedingungen, sondern kann in Hotels in der nur 40 Kilometer entfernten Stadt Almería übernachten.“ Mit „Mini Hollywood“, „Western Leone“ und dem „Fort Bravo“ gibt es drei dauerhafte Filmkulissen, die in unterschiedlichem Maße touristisch vermarktet werden. Zudem kann man in der Wüste von Tabernas wandern, reiten oder – auf dafür zugelassenen Routen – mit offenen Geländefahrzeugen cruisen.

Für Urlauber wie Filmleute reizvoll ist auch die Nähe einer weiteren markanten Landschaft: Cabo de Gata, eine vom Vulkanismus geprägte Küstenregion. „Oft stellt die Wüste von Tabernas Arizona dar und Cabo de Gata Mexiko“, fasst Cristina Serena zusammen. Einen entscheidenden Anteil am mexikanischen Flair haben neben den zerklüfteten Felsen ganz sicher die zahlreichen Agaven. Sie gehören zwar nicht ursprünglich in die Region, wurden aber wohl schon vor Jahrhunderten importiert und gedeihen auch unter andalusischem Himmel prächtig.

Im Wind an der Loma Pelada

Die Einheimischen sind stolz darauf, dass der Geopark Cabo de Gata-Nijar als größtes Naturschutzgebiet an der Mittelmeerküste gilt und sich bis weit ins Wasser hinein erstreckt. Bis Mitte Juni, wenn es noch nicht ganz so heiß ist, lässt sich vor allem die Steilküste gut erwandern. Vom teils sehr bequemen, teils ausgesetzten Weg aus reicht der Blick weit über Buchten und Strände wie aus dem Katalog sowie kleine Orte mit schneeweißen Häusern. Einer der beliebtesten Aussichtspunkte ist Loma Pelada, nach Auskunft des Guides Carlos Quiles allerdings auch einer der windigsten Orte in Europa.

Küstenwanderung am Cabo de Gata: auf schmalen Pfaden hoch über dem Meer.
Küstenwanderung am Cabo de Gata: auf schmalen Pfaden hoch über dem Meer. © Birgit Hilbig

Nach der Tour lädt der Hauptort San José mit seinen vorwiegend maritimen Restaurants zur Einkehr ein. Auf den Speisekarten steht naturgemäß viel Fisch; die Preise entsprechen im Schnitt den hierzulande üblichen. Den Abschluss der Drei-Landschaften-Reise bildet für viele ein Aufenthalt an naturgeschützten Stränden wie der Playa Genoveses oder der Playa Mónsul, wo es zumindest in der Vor- und Nachsaison angenehm ruhig sein kann. Und wo Filmleute ebenfalls Kulissen fanden: So steht an der Playa Mónsul jener Felsen, vor dem im „Letzten Kreuzzug“ der Vater von Indiana Jones einen Schwarm Möwen aufscheucht, um ein Flugzeug zum Absturz zu bringen.

Ausflug in die Solarforschung

Unbarmherzig brennt die Sonne über einer fast schattenlosen Ebene in der Wüste von Tabernas – doch für die Plataforma Solar de Almería könnte es keinen idealeren Ort geben. Seit rund 40 Jahren forschen dort Wissenschaftler, darunter Mitarbeiter des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), an der Optimierung solarer Technologien.

Ein Besucherzentrum ermöglicht auch Laien einen Einblick in die weltweit größte Einrichtung ihrer Art. Der Rundgang führt sie unter anderem zu einem schlanken Turm, der von einem ganzen Feld drehbarer Reflektoren umgeben ist, und zu einer langen Reihe gewölbter Spiegel. Bei beiden Prinzipien, dem Turm- und dem Parabolrinnenkraftwerk, wird das Sonnenlicht konzentriert und damit ein Trägermedium erhitzt, das letztlich die Wärme für den Betrieb klassischer Dampfturbinen bereitstellt. In einer Halle sehen die Besucher ein System aus vielen wabenförmigen Spezialspiegeln, das Temperaturen von bis zu 2.500 Grad Celsius erzeugen kann und für Materialtests genutzt wird – beispielsweise für Hitzeschilde von Raumfahrzeugen.

Die Plataforma Solar de Almería.
Die Plataforma Solar de Almería. © Birgit Hilbig

Eine weitere Anlage setzt die Sonnenenergie zur Meerwasserentsalzung ein, und schließlich werden die Gäste in das immer bedeutsamer werdende Thema der Wasserbehandlung mittels Sonnenlicht eingeführt. Zum etwa 90-minütigen Programm gehören auch ein Video und Vorführungen. Eine Anmeldung ist erforderlich.

  • Gruppen: ab sechs Personen
  • Reservierung: unter [email protected]
  • Ticketpreis: acht Euro, ermäßigt sechs Euro

Sonniges Südspanien

  • Anreise: meist per Flugzeug nach Málaga (z. B. von Berlin mit Easyjet oder Ryanair, von Frankfurt oder München mit Lufthansa), weiter in die Stadt Almería mit Pkw oder Bus (rund 200 km)
  • Beste Reisezeit: April bis Juni und September/Oktober; im Sommer kann es sehr heiß werden.
  • Übernachtung: Doppelzimmer im Mittelklassehotel in der Stadt Almería ab ca. 75 Euro (z. B. Hotel Avenida)
  • Essen und Trinken: Hauptgerichte in besseren Restaurants zwischen 20 und 30 Euro (z. B. Steinbutt im „4 Nudos“ in San José 22 Euro), Bier oder Weinschorle ca. 3,50 Euro, Kaffee im Bistro schon ab 1 Euro
  • Die Reise wurde unterstützt von: Andalucía Turismo, Turismo de Almería und dem Spanischen Fremdenverkehrsamt Frankfurt