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Der Reisetipp Spanien: Die Weinroute von Zamora

Wer Spanien besucht, sollte sich auf eine der Weinrouten begeben. Denn anders als der Name vermuten lässt, lernt man dort am besten auch Natur, Kultur und Menschen kennen.

Von Steffen Klameth
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Die Puente de Piedra in Zamora spannt sich in 16 Bögen über den Duero und gehört zu dem großartigen Ensemble romanischer Bauten in der westspanischen Stadt.
Die Puente de Piedra in Zamora spannt sich in 16 Bögen über den Duero und gehört zu dem großartigen Ensemble romanischer Bauten in der westspanischen Stadt. © Steffen Klameth

Winzer Juan Miguel Fuentes präsentiert seinen Gästen die Weinflasche wie einen kleinen Schatz. Auf dem Etikett prangt in güldenen Ziffern die Zahl 150, was nicht nur der Name dieses Tempranillos ist, sondern auch ein Hinweis auf das Alter der Trauben. 150 Jahre, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Fuentes öffnet die Flasche und schnuppert am Korken – alles okay. Dann füllt er den Wein in die Gläser. In winzigen Schlucken. Das ist schade, einerseits. Aber auch ganz gut so, andererseits. Es ist nicht die erste Weinprobe an diesem Tag. Und es wird nicht die letzte bleiben.

Wir sind unterwegs auf der Ruta del Vino de Zamora. Wer sich unter diesem Namen eine Weinroute vorstellt, wie man sie etwa aus Deutschland kennt, wird rasch eines Besseren belehrt. „Bitte einsteigen“, sagt Eva Gamazo Pérez, als sie uns am Morgen im Hotel abholt. „Wir starten mit dem Besuch einer Schokoladenmanufaktur.“ Schokolade zum Frühstück? Eva muss es wissen, schließlich ist sie die Geschäftsführerin der Ruta del Vino de Zamora. Eine von zehn Weinrouten in der Provinz Kastilien-Leon und eine von 37 in Spanien. „Wer Spanien besucht, sollte sich auf eine der Weinrouten begeben“, rät Eva. „So lernt man am besten Natur, Kultur und Menschen kennen.“

Von süß bis bitter: Cruz und José Refart in ihrer Schokoladenmanufaktur.
Von süß bis bitter: Cruz und José Refart in ihrer Schokoladenmanufaktur. © Steffen Klameth

Zum Beispiel Cruz Almara und ihren Mann José Louis. Wir treffen das Ehepaar in seinem kleinen Reich – der Schokoladenmanufaktur Refart. Besucher dürfen ihnen bei der Arbeit nicht nur zuschauen, sondern auch mitmachen. Gar nicht so einfach, die flüssige Kakaomasse gleichmäßig auf der Arbeitsfläche zu verteilen und abzukühlen! Auch die beiden Profis mussten das erst mal lernen.

Spezialität des Hauses: Praline mit Schafskäse

José Louis ist eigentlich Bauzeichner, verlor in der Finanzkrise seinen Job und erinnerte sich daran, dass er als Kind immer gern die Schokolade aus Deutschland gegessen hatte. Seit sieben Jahren produzieren die beiden ihre Schokolade selbst, 30 verschiedene Sorten für alle Geschmäcker, einige bereits preisgekrönt. Spezialität des Hauses des Hauses ist eine Praline, die alle wichtigen Produkte der Region enthält: Rotwein, Honig, Olivenöl, Käse. Ja, richtig gelesen: Schafskäse. Unter uns: Nicht alles, was originell klingt, muss auch so schmecken.

Also dann doch lieber gleich das Original. Etwa 60 Partnerbetriebe werben mit dem Siegel der „Ruta del Vino de Zamora“, darunter auch die Käserei Pastor in Morales del Vino. Drei Brüder, ein Sohn und drei Neffen kümmern sich hier um 2.800 Schafe. Eine heimische Rasse, erklärt Felix Pastor, während er uns zur Herde führt. Danach geht es zu den Melkständen und in die Käseproduktion.

Wir lernen, dass ein Laib mindestens 60 Tage reifen und dabei regelmäßig gedreht und umgelagert werden muss. Und dass Käse mit Löchern mehr Geschmack hat. Davon dürfen wir uns zum Schluss bei einer Verkostung überzeugen. 70.000 Kilo produziert der Familienbetrieb pro Jahr. Hört sich mächtig viel an, aber: „Große Käsereien machen das an einem Tag.“

Die Dänen waren begeistert

Die Weinroute lässt sich individuell erkunden, ohne Anmeldung kann man aber oft vor verschlossenen Türen stehen. Je nach Station zahlt man zwischen fünf und 15 Euro, Verkostungen inklusive. Bequemer ist eine organisierte Fahrt mit Guide (130 Euro), der in der Regel auch ins Englische übersetzen kann. Ansonsten kommen einem die Erklärungen der Produzenten buchstäblich spanisch vor.

Inzwischen ist es fast Mittag, da könnte man doch schon mal einen Tropfen… Unsere Begleiterin Eva hat das natürlich vorausgesehen. Wir sind in der Bodega Jarreno angemeldet, einer kleinen Winzerei im Dörfchen Moraleja del Vino. Im geräumigen Keller lagern Fässer aus französischer Eiche, in den Fässern reifen die hiesigen Spezialitäten: Tempranillo, Malvasia, Verdejo. Während Seniorchef Guillermo Freire, 71, einen Tropfen nach dem anderen ausschenkt, erzählt er von den guten alten Zeiten. Früher war die Gegend um Zamora Weinland, fast jeder Hof besaß Rebstöcke. Seine Großeltern seien dann die Letzten gewesen, die in dem Dorf noch Weinbau betrieben hätten.

Gut und teuer: Juan Miguel Fuentes ist Chef der Bodega Dominio de Sexmil.
Gut und teuer: Juan Miguel Fuentes ist Chef der Bodega Dominio de Sexmil. © Steffen Klameth

Das war vor 90 Jahren. Sein Vater begann dann irgendwann wieder mit einem kleinen Weinberg, und er, Guillermo, übernahm den Betrieb vor 25 Jahren. Nun führen ihn seine Söhne fort, allen Widrigkeiten zum Trotz. Die hohen Auflagen, die spanischen Weinen im Wettbewerb mit der Neuen Welt zum Nachteil gereichten. Die Hitze, die bis zu 30 Prozent Einbußen fordere.

Name des Weingutes wirkt verkaufsfördernd

Die vergleichsweise geringe Menge von 20.000 Flaschen, die er vornehmlich an Restaurants und Spezialitätenläden verkauft. Vor drei Jahren, erzählt der Winzer, habe er auf der Gastromesse in Madrid Dänen getroffen. Die waren von seinem Wein so begeistert, dass sie ihn gleich in großen Mengen bestellen wollten. „Solche Mengen konnte ich nicht liefern“, ärgert sich Guillermo, „das tut noch heute weh.“

Später, nach einem typischen Mittagsmahl, bei dem unter anderem Reis mit Schweinevarietäten (Ohr, Schwanz, Speck, Chorizo) serviert wird, lernen wir noch Juan Miguel Fuentes kennen. Er ist Präsident der regionalen Winzervereinigung und selbst ein leidenschaftlicher Weinbauer. Bei ihm, in der Siedlung Cabanas de Sayago, ist alles ein paar Nummern größer als in der Bodega Jarreno.

Seine Kunden bestellen aus China, der Schweiz, aus Deutschland. Vielleicht wirkt auch der Name des Weingutes – Dominio de Sexmil – verkaufsfördernd, wenngleich dies nichts Anzügliches hat, sondern nur der Name einer ehemaligen römischen Siedlung ist. Die Römer sollen es gewesen sein, die in dieser Gegend mit dem Weinbau begonnen haben.

Intensiv, vollmundig, langer Abgang

Juan führt uns in den Weinkeller und zieht mit dem Weinheber einen Malvasia aus dem Fass. Der Most wurde in Tonamphoren vergoren und reift nun in Eichenfässern. Lecker, auch wenn er noch ein bisschen Zeit braucht. Genauso wie der Garnacha, der ein paar Fässer weiter hinten lagert. „Wir produzieren ausschließlich ökologisch“, erklärt der Chef. Bekannt sei sein Weingut aber für die alten Rebstöcke – bis zu 200 Jahre wurzeln sie bereits in der sandigen Erde. Die Erträge sind geringer, die Weine dafür viel intensiver.

Was zu beweisen wäre. Juan öffnet eine Flasche, auf dem schwarzen Etikett prangt golden die Zahl 150, was nicht nur der Name dieses Tempranillos ist, sondern auch ein Hinweis auf das Alter der Trauben. Der Wein sei reine Handarbeit, erklärt der Winzer, von der Ernte bis zur Verpackung in Seidenpapier und Karton. Im Glas ist er fast schwarz. Intensives Bukett, vollmundig, langer Abgang: Kenner geben sich ganz dem Genuss hin. Und selbst Gelegenheitstrinker spüren, dass sie da etwas ganz Besonderes im Glas haben. Was man auch am Preis erkennt: 100 Euro.

Stadt, Land, Fluss: Noch mehr Sehenswertes in und um Zamora

Wer dem Jakobsweg aus Richtung Süden folgt, landet irgendwann auch in Zamora – und in einer anderen Zeit. Zamora gilt als Stadt der Romanik, nur wenige europäische Städte können in ihrem Zentrum mit so vielen gut erhaltenen Bauwerken aus jener Epoche aufwarten. Zwölf Kirchen sind zugleich Museen, das kleine Eintrittsgeld sind sie wert, allen voran die Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert (Foto). Zur gleichen Zeit wurde mit dem Bau der Festung begonnen. Neueren Datums sind die etwa 60 Murales: großformatige, kunstvolle und originelle Malereien an Hauswänden.
Wer dem Jakobsweg aus Richtung Süden folgt, landet irgendwann auch in Zamora – und in einer anderen Zeit. Zamora gilt als Stadt der Romanik, nur wenige europäische Städte können in ihrem Zentrum mit so vielen gut erhaltenen Bauwerken aus jener Epoche aufwarten. Zwölf Kirchen sind zugleich Museen, das kleine Eintrittsgeld sind sie wert, allen voran die Kathedrale aus dem 12. Jahrhundert (Foto). Zur gleichen Zeit wurde mit dem Bau der Festung begonnen. Neueren Datums sind die etwa 60 Murales: großformatige, kunstvolle und originelle Malereien an Hauswänden. © Steffen Klameth
Bis zu 400 Meter tief hat sich der Duero in die Felsen gegraben. Die Schlucht markiert die Grenze zu Portugal, dort heißt er Douro. Wanderwege führen zu besonders schönen Aussichtspunkten (Miradores). Wer die Region Arribes intensiver kennenlernen möchte, sollte eine Bootsfahrt auf dem Grenzfluss unternehmen. Mitarbeiter der biologischen Station Miranda do Douro erklären unterwegs die Besonderheiten des Naturparks: Flussotter und Königsadler, Nistplätze von Schwarzstörchen und hundertjährige Steineichen. Und unter dem Mikroskop die Babys eines Wasserflohs.
Bis zu 400 Meter tief hat sich der Duero in die Felsen gegraben. Die Schlucht markiert die Grenze zu Portugal, dort heißt er Douro. Wanderwege führen zu besonders schönen Aussichtspunkten (Miradores). Wer die Region Arribes intensiver kennenlernen möchte, sollte eine Bootsfahrt auf dem Grenzfluss unternehmen. Mitarbeiter der biologischen Station Miranda do Douro erklären unterwegs die Besonderheiten des Naturparks: Flussotter und Königsadler, Nistplätze von Schwarzstörchen und hundertjährige Steineichen. Und unter dem Mikroskop die Babys eines Wasserflohs. © Steffen Klameth
Reiseführer rühmen an Fermoselle vor allem die schönen Ausblicke. Mindestens genauso spannend ist jedoch seine Unterwelt, wie man etwa bei einer Führung mit Rafael Faixo (Foto) erfährt. Etwa 1.200 Weinkeller – mehr, als das Dorf heute Einwohner zählt – sollen sich unter den Gebäuden verbergen. Die meisten wurden vor rund 500 Jahren aus dem Fels geschlagen. Alle werden über ein Kanalsystem mit Wasser versorgt und haben eine konstante Temperatur von 14 Grad. Heute dienen noch rund 200 Keller ihrem ursprünglichen Zweck, fast ausschließlich für den Hausgebrauch.
Reiseführer rühmen an Fermoselle vor allem die schönen Ausblicke. Mindestens genauso spannend ist jedoch seine Unterwelt, wie man etwa bei einer Führung mit Rafael Faixo (Foto) erfährt. Etwa 1.200 Weinkeller – mehr, als das Dorf heute Einwohner zählt – sollen sich unter den Gebäuden verbergen. Die meisten wurden vor rund 500 Jahren aus dem Fels geschlagen. Alle werden über ein Kanalsystem mit Wasser versorgt und haben eine konstante Temperatur von 14 Grad. Heute dienen noch rund 200 Keller ihrem ursprünglichen Zweck, fast ausschließlich für den Hausgebrauch. © Steffen Klameth

Nacht im Palast

©  SZ-Grafik/Gernot Grunwald
  • Anreise: Mit dem Auto von Dresden knapp 2300 Kilometer. Mit dem Zug mindestens 24 Stunden. Am schnellsten mit dem Flugzeug nach Madrid und weiter mit dem Zug (etwa 1:15 Std.) oder Mietwagen (250 km).
  • Reisezeit: Empfehlenswert sind Frühling und Herbst. Im Winter ist hier recht kühl, im Sommer kann es sehr heiß werden. Regen fällt nur selten.
  • Weinroute: Der Verbund von rund 60 Winzereien, Manufakturen, Gaststätten und Herbergen hat sein Infozentrum an der Plaza Mayor im Zentrum von Zamora und vermittelt auch englischsprachige Tourguides. Die meisten Betriebe haben nur wochentags geöffnet.
  • Zamora: Das historische Zentrum kann man gut zu Fuß erkunden. In einigen Kirchen ist Eintritt fällig (z. B. Kathedrale sechs Euro). Festung gratis. Ein besonderes Erlebnis ist die Übernachtung in einem ehemaligen Königspalast, der von der staatlichen Parador-Kette als Vier-Sterne-Hotel betrieben wird (DZ ab 112 Euro).
  • Fermoselle: Die Weinkeller können nur im Rahmen von Führungen besichtigt werden, die man vorab reservieren sollte (ab 15 Euro).
  • Naturpark Arribes del Duero: Die lohnenswerte Bootsfahrt startet mehrmals täglich auf der portugiesischen Seite der biologischen Station Miranda do Douro. Eine Stunde 18/12 Euro, zwei Stunden 34/24 Euro.
  • Gut zu wissen: Deutsch wird in der Region so gut wie nicht gesprochen und verstanden. An touristischen Orten kommt man zumindest mit Englisch ganz gut zurecht.
  • Die Recherche wurde unterstützt vom Spanischen Fremdenverkehrsamt Frankfurt und dem Tourismusbüro Castilla y Leon.