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Frauenhain: Steht ein weiteres Volksfest vor dem Aus?

Nach dem Frauenhainer Inselfest will sich die Gemeinde Röderaue nun auch aus dem beliebten Naturmarkt Flora et Herba zurückziehen. Noch gibt es eine Hoffnung.

Von Jörg Richter
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Bärbel Fischer war das Gesicht von Flora et Herba. Sie hält die Werbezettel der bisherigen 19 Ausgaben des Frauenhainer Naturmarktes in der Hand. Der Druck für die Jubiläumsveranstaltung ist erst mal gestoppt.
Bärbel Fischer war das Gesicht von Flora et Herba. Sie hält die Werbezettel der bisherigen 19 Ausgaben des Frauenhainer Naturmarktes in der Hand. Der Druck für die Jubiläumsveranstaltung ist erst mal gestoppt. © Foto: Lutz Weidler

Frauenhain. Nein, grimmig gucken will Bärbel Fischer nicht. Auch nicht für die Zeitung. Dabei hätte die Frohnatur allen Grund dazu. Denn ihr "Baby" steht auf dem Spiel. Der Naturmarkt Flora et Herba ist ihre Idee gewesen. Jedes Jahr am zweiten September-Wochenende zieht er Tausende Besucher auf die Frauenhainer Insel.

Laut Bärbel Fischer soll es der größte Naturmarkt Sachsens sein. Auf alle Fälle ist Flora et Herba eine Erfolgsgeschichte und auch eine Marke, die sich die Gemeinde auf Initiative der bisherigen Hauptamtsleiterin Kerstin Herklotz sogar sichern ließ.

Seit 2005 fand Flora et Herba 19-mal statt. Auch während der Corona-Zeit, als die Infektionszahlen im Spätsommer niedrig waren, konnte der Frauenhainer Naturmarkt stattfinden. "Wir haben mit 30 Händlern begonnen", erinnert sich die Organisatorin. Zuletzt seien es über 130 gewesen.

Zurück zu den Pflichtaufgaben

Bärbel Fischer und ihre Mitstreiterin Silke Petrasch hatten sich schon auf die 20. Auflage gefreut. Der Jubiläumsmarkt sollte etwas ganz Besonderes werden. Für Bärbel Fischer, die in diesem Jahr 64 wird, sollte es gleichzeitig der Abschied sein, bevor sie in Rente geht. Aber daraus wird wohl nichts.

Die Gemeinde Röderaue und die gemeindeeigene Leuchtpunkt gGmbH, bei der Bärbel Fischer angestellt ist, ziehen sich als Unterstützer zurück. In einer nicht öffentlichen Sitzung Ende November wurde der Gemeinderat darüber informiert, dass der Gesellschaftszweck der Leuchtpunkt gGmbH auf seine Pflichtaufgaben minimiert wird. Das sind der Betrieb der beiden Kitas und des Hortes sowie die Seniorenbetreuung.

Der Naturmarkt Flora et Herba ist dagegen eine freiwillige Aufgabe. Deshalb soll ein privater Veranstalter gefunden werden, der den Markt fortführt. Der Gemeinderat hat am Donnerstagabend zugestimmt, dass "eine Ausschreibung für die Vergabe einer Dienstleistungskonzession für die Organisation und Durchführung des Naturmarktes Flora et Herba" erstellt werden soll.

Bürgermeister Bernd Schuster (parteilos) nennt den Hauptgrund, warum sich die Gemeinde und die gemeinnützige Leuchtpunkt-Gesellschaft aus der Durchführung des Marktes zurückziehen. "Wir haben dafür einfach das Personal nicht mehr", sagt er. Oberflächlich betrachtet sei Flora et Herba ein Plus-Minus-Geschäft gewesen. "Aber es wurden keine Arbeitsstunden erfasst", kritisiert er.

Wenn man die Arbeitszeit von allen Leuchtpunkt- und Bauhof-Mitarbeitern, die an der Organisation, am Auf- und Abbau des Marktes beteiligt sind, in die Bilanz einrechnen würde, würde unterm Strich ein Minus von rund 35.000 Euro stehen. "Dann sieht es schon ganz anders aus", so Schuster. Außerdem würden die Arbeitskräfte an anderer Stelle fehlen.

Deshalb habe die Gemeindeverwaltung entschieden, die Organisation und Durchführung des Naturmarktes auszuschreiben und an ein Privatunternehmen zu vergeben. Es gebe bereits Interessenten. Dabei soll es sich um ein Veranstaltungsmanagement aus der Region handeln.

Bärbel Fischer ist wenig begeistert. "Man kann doch bei Flora et Herba nicht Halligalli machen und Hüpfburgen aufbauen. So läuft das nicht", sagt die resolute Frauenhainerin. Da gehöre mehr dazu. "Mit mir ist das nicht zu machen."

Zwei große Jubiläen in Pulsen und Koselitz

Sie selbst habe Anfang Dezember davon erfahren, dass die Leuchtpunkt gGmbH und damit auch sie den Naturmarkt nicht mehr auf die Beine stellt. "Ich bin nicht böse", sagt Bärbel Fischer und fügt leise hinzu: "Ich bin nur traurig und enttäuscht." Sie gesteht, dass sie am selben Abend zu Hause geweint habe. Mittlerweile sei sie über den Schmerz hinweg.

Nach dem Frauenhainer Inselfest und dem Radener Backscheunenfest steht damit möglicherweise auch der Naturmarkt Flora et Herba vor dem Aus. "Es wäre schade drum", sagt auch Bürgermeister Schuster. Wenn nicht sofort ein neuer Veranstalter gefunden werde, könne das 20. Jubiläum des Naturmarktes auch 2025 durchgeführt werden.

Ganz müssen die Menschen in der Gemeinde Röderaue aber nicht auf gesellige Dorffeste verzichten. In diesem Jahr stehen hier gleich zwei große Ereignisse an. Pulsen feiert vom 31. Mai bis 2. Juni sein 750. Jubiläum. Zudem jährt sich die Ersterwähnung des Koselitzmarktes zum 450. Mal. Er ist vom 4. bis 7. Juli geplant.