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Röderaue: Beschlüsse zur Kita-Zukunft verschoben

Die Kitas in Frauenhain und Pulsen sollen geschlossen werden, weil das Geld für eine Sanierung fehlt. Dagegen regt sich Widerstand.

Von Jörg Richter
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Die Kita Frauenhain soll verkauft werden, weil die Gemeinde Röderaue kein Geld für eine Sanierung hat. Stattdessen sollen Frauenhainer Kinder in Zukunft in einen neuen "Kindercampus" gehen.
Die Kita Frauenhain soll verkauft werden, weil die Gemeinde Röderaue kein Geld für eine Sanierung hat. Stattdessen sollen Frauenhainer Kinder in Zukunft in einen neuen "Kindercampus" gehen. © Sebastian Schultz

Röderaue. Die Sitzung des Gemeinderates Röderaue hat einen ungewöhnlich großen Besucheransturm erlebt. Wie Anwesende bestätigen, seien 40 bis 50 zum Teil aufgebrachte Frauenhainer zur Gemeinderatssitzung nach Raden gekommen, um sich gegen die Schließung ihrer Kita auszusprechen.

Sie reagierten damit auf einen Artikel der Sächsischen Zeitung, in dem über entsprechende Pläne berichtet wurde. Der Gemeinderat sollte am Donnerstag einen Beschluss aus dem Vorjahr zur weiteren Sanierung der Kitas in Frauenhain und Pulsen aufheben. Zudem sollte beschlossen werden, dass die ehemalige Grundschule Pulsen zur zentralen Kindereinrichtung mit Krippe, Kindergarten und Hort ausgebaut werden soll.

"Zum Glück kam der Artikel noch zur richtigen Zeit", sagt Thomas Unger, der nach eigenen Angaben mehrere Jahre als Hausmeister in der Kita Frauenhain gearbeitet habe. Er und mehrere Eltern kritisieren die Schließung der beiden Kitas.

Das sei weder der Wille des Gemeinderates noch der Verwaltung, betont Heiko Königsdörfer von der CDU-Fraktion. Er hatte in dem Artikel angekündigt, sich bei den Beschlüssen zu enthalten. Denn als Frauenhainer könne er die Entscheidung, eine weitere öffentliche Einrichtung in seinem Heimatort zu schließen, nicht mittragen.

Spontane Bürgersprechstunde

Königsdörfer begrüßt es, dass Eltern ihren Unmut kundgetan haben. Alle die Kitas betreffenden Tagesordnungspunkte wurden abgesetzt und vertagt. Stattdessen wurde die Gemeinderatssitzung zu einer spontanen Bürgersprechstunde, berichtet der CDU-Mann. Auch das Konzept vom "Kindercampus" in Pulsen soll auf den Prüfstand.

Es bleibt aber bei der kritischen Situation, dass die Kitas in Frauenhain und Pulsen lange Mängellisten aufweisen, die seit Jahren bekannt sind. Außerdem ist die finanzielle Lage der Gemeinde Röderaue so prekär, dass Fördermittel für die Sanierungsmaßnahme aufgrund fehlender Eigenmittel zurückgegeben werden mussten. Das Kreisjugendamt Meißen und das Rechts- und Kommunalamt Meißen hatten zudem die Zusammenlegung der beiden Kitas empfohlen.

Was bisher geschah

Wenn der neue Bürgermeister Bernd Schuster (parteilos) vorher gewusst hätte, welch marode Gemeinde er übernimmt, hätte er sich möglicherweise nicht zur Wahl gestellt. Denn schon wieder musste er den Gemeinderat vor unangenehme Entscheidungen stellen. Bei der Sitzung am Donnerstagabend (14. März) in der Schulstube in Raden sollen die Räte das Aus der Kitas in Frauenhain und Pulsen beschließen.

Hintergrund sind sowohl Sparzwänge der Gemeinde Röderaue als auch Kritik der Landesdirektion Sachsen und des Jugendamtes Meißen an den baulichen Gegebenheiten in den Kitas in Frauenhain und Pulsen. Vertreter beider Behörden hatten bereits 2019 beide Kindereinrichtungen besucht und genau unter die Lupe genommen. Die Landesdirektion schickte daraufhin für jede Kita ein Schreiben an den damaligen Bürgermeister Lothar Herklotz. Beide Briefe enthielten eine Mängelliste von jeweils fünf Seiten, in denen auch arbeitsschutzrechtliche Probleme genannt wurden.

Noch im vergangenen Jahr hatte sich der hiesige Gemeinderat klar für eine Sanierung der beiden Kitas ausgesprochen. Ein zugehöriger Beschluss vom 16. Mai vergangenen Jahres soll nun am Donnerstag aufgehoben werden. In den Erhalt der beiden Gebäude soll kein Geld mehr gesteckt werden.

Baukosten explodieren

Im Beschlusstext wird das mit Kostenexplosionen im Bau- und Handwerksgewerbe begründet. Deshalb seien die Sanierungsmaßnahmen für die Gemeinde Röderaue nicht realisierbar. Während der erste Bauabschnitt im Frauenhainer Kinderhaus "Hasenhügel" noch zu Ende gebracht werden soll, musste die Gemeinde die Fördermittel für den zweiten Bauabschnitt jetzt zurückgeben, weil ihr die notwendigen Eigenmittel fehlen.

Ursprünglich sollten beide Kitas für insgesamt rund 500.000 Euro einigermaßen saniert werden. Doch schon 2021 gab es eine Kostenschätzung, die von der dreifachen Summe für eine Komplettsanierung beider Häuser ausging. "Daher wird zum wirtschaftlichen Haushalten empfohlen, die Sanierung zu stoppen", heißt es im Beschlusstext.

Weil die Beanstandungen von 2019 nicht behoben worden und beide Kindereinrichtungen nur etwa zur Hälfte ausgelastet sind, drohe die Schließung beider Kitas durch das Landesjugendamt Chemnitz.

Für Heiko Königsdörfer von der CDU-Gemeinderatsfraktion sind die Vorgaben der Ämter nicht immer nachvollziehbar. Er hält sie für "glatte Erpressung. Als Frauenhainer blutet mir das Herz, weil wieder eine Einrichtung flöten geht", sagt er. Königsdörfer weiß aber auch, dass es für den Sparzwang in der Gemeinde Röderaue keine Alternative gibt. "Wir müssen unseren Haushalt straff sanieren. Und das geht unser neuer Bürgermeister konsequent an." Dennoch will sich Königsdörfer bei den Beschlüssen, die Sanierung des Kinderhauses Frauenhain abzubrechen und es zu verkaufen, enthalten.

Peter Tschäpe von den Linken wird bei der Abstimmung im Gemeinderat nicht dabei sein. Er besichtigt zurzeit das Europaparlament im französischen Strasbourg. "Aber ich hätte zugestimmt", betont er. Vor dem Hintergrund des Sparzwangs sei er voll auf der Seite des Bürgermeisters.

Zudem befürwortet er das Konzept eines neuen "Kindercampus" in der ehemaligen Grundschule Pulsen. Dort sollen Krippe, Kindergarten und Hort künftig unter einem Dach vereint sein. "Das ist für die Gemeinde langfristig ein Kostenvorteil", sagt Tschäpe und ergänzt: "Lieber eine moderne Kindereinrichtung als zwei alte Kitas."

DDR-Bau soll verkauft werden

Aktuell wird das Kinderhaus "Hasenhügel" in Frauenhain noch saniert. Wenn der erste Bauabschnitt beendet ist, soll der Gutachterausschuss des Landkreises Meißen den Wert schätzen. Anschließend soll der DDR-Plattenbau durch ein Immobilienbüro zum Verkauf angeboten werden. Die Gemeinde Röderaue hofft, dass durch den Erlös wenigstens die Kosten der bisherigen Sanierung wieder in den Gemeindehaushalt zurückfließen und auch die Fördermittel zurückgezahlt werden können.

Nach Informationen der Gemeinde Röderaue wurden das Landesjugendamt Sachsen sowie die Unfallkasse Sachsen bereits in die Pläne für den neuen "Kindercampus" in Pulsen eingeweiht. Nach einem Vor-Ort-Termin sind sie mit den geplanten Umbaumaßnahmen für eine zentrale Kindertageseinrichtung einverstanden.

Die Entscheidung über die Zukunft der beiden Kitas in Frauenhain und Pulsen fällt der Gemeinderat am Donnerstagabend. Vertreter der anderen Fraktionen "Sport Frauenhain" und AfD wollten der Sitzung nicht vorweggreifen oder waren bei der kurzfristigen Anfrage leider nicht erreichbar.