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Idee: Klettern an Streumener Windrädern

Eine Studie der TU Dresden hält Klettern im Windpark für möglich. Und was sagt einer der Hauptbetreiber der Windräder dazu?

Von Jörg Richter
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Das Klettern in Hochseilgärten ist sehr beliebt. Wenn es nach Studenten der TU Dresden geht, könnte dies auch an Windrädern möglich sein.
Das Klettern in Hochseilgärten ist sehr beliebt. Wenn es nach Studenten der TU Dresden geht, könnte dies auch an Windrädern möglich sein. © Bilder: Uwe Söder, Lutz Weidler

Riesa-Großenhain. Die TU Dresden hat im Auftrag des Landkreises Meißen das Buch "Kulturlandschaften" herausgegeben. Die Forschungsarbeit ist eine Bestandsaufnahme des hiesigen Landkreises, die viele Aspekte wie z. B. Geschichte, Demografie und Herausforderungen des Klimawandels betrachtet. In diesem Werk werden auch Vorschläge gemacht, wie man landschaftliche und kulturelle Gegebenheiten besser vermarktet, um den Landkreis für seine Bewohner und Gäste attraktiver zu gestalten.

Einer dieser Vorschläge klingt im ersten Moment verrückt. Auf Seite 218 wird unter dem Motto "Neue Aussichten erobern" die Idee eines Hochseil-Windgartens erläutert. Dieser hätte im Vergleich zu herkömmlichen Kletterparks, die meistens in Wäldern errichtet werden, den Vorteil, dass weder Baumschäden riskiert, noch Schutzgebiete tangiert werden.

"Mit einem solchen Ansatz könnten Landschaften gezielt aufgewertet werden, die ansonsten weniger für aktive Erholung zu bieten haben", heißt es in dem Buch. Neben dem Mehrwert für die Freizeitgestaltung könnte ein Kletterpark an oder zwischen Windrädern die Akzeptanz dieser Anlagen steigern. "Je multifunktionaler Windfarmen nutzbar sind, desto weniger dürften sie als störend wahrgenommen werden", sind sich die Autoren sicher.

Sachsen-Energie: Nicht völlig unmöglich

Explizit nennen sie den Windpark Streumen. Mit derzeit 18 Windrädern ist er einer der größten Windparks in Sachsen. Dort sind zwar die Entfernungen zwischen den einzelnen Anlagen relativ groß, doch diese könne man durch kleine Masten überbrücken, "so dass Touren in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Höhen entstehen können."

Die Sachsen-Energie AG (ehemals Enso) besitzt die meisten Windräder im Streumener Windpark. Dort ist man von der kuriosen Idee der TU Dresden überrascht. "Die Ergebnisse der umfangreichen Studie lagen uns im Detail noch nicht vor", sagt Pressesprecherin Nora Weinhold. "Die Kombination von Windpark und Hochseilgarten ist bisher keine sehr bekannte touristische Attraktion." Auch anderswo sei die Sachsen-Energie noch nicht darauf angesprochen worden.

Für völlig unmöglich hält sie sie offenbar nicht. "Als Betreiber stehen wir diesen Überlegungen nicht im Weg", so die Pressesprecherin. Allerdings hänge die Umsetzung einer solchen Idee von vielen Faktoren wie Statik, Betriebssicherheit, rechtlicher Voraussetzungen oder auch Flächennutzung ab. "Dazu bedarf es umfangreicher Abstimmungen", sagt Nora Weinhold.

So seien beispielsweise die Grundstücke ja nur explizit für die Nutzung für die Windenergieanlagen gepachtet. Eine touristische Nutzung müsste mit den Verpächtern abgesprochen werden, zumal sich die Windräder zwischen Streumen und dem Industriegebiet Zeithain-Glaubitz auf bewirtschafteten Ackerland befinden und die Zufahrtsstraßen nicht mit Asphalt, sondern nur mit Schotter ausgebaut sind.

Zudem stehen die Gewährleistung der Energieversorgung und die Sicherheit immer im Vordergrund. "Unabhängig davon sind auch touristische Erschließung durch Informationstafeln, z. B. an einem Wander- oder Radweg, vorstellbar", heißt es aus der Pressestelle der Sachsen-Energie AG.

Laut der TU Dresden sei ein aktueller Hochseilgarten, der direkt in einen Windpark integriert ist, nicht bekannt. "Insofern wäre die Umsetzung eines solchen Projektes eine Pionierleistung", so die Autoren des Buches "Kulturlandschaften Landkreis Meißen".

Premiere in Wien

Tatsächlich ist diese Idee nicht neu. Im September 2019 soll es nach Informationen österreichischer Medien zur weltweit ersten Kletterroute auf einem Windrad gekommen sein. Kletterweltmeisterin Jessica Pilz kletterte auf Wiens ältestes Windrad, das mit 50 Metern Nabenhöhe aus heutiger Sicht eher klein ist und für diesen Zweck extra mit Griffen wie auf einer Kletterwand präpariert wurde. Der Betreiber, die Wien Energie, wollte mit dieser Aktion für umweltfreundliche Stromerzeugung werben.

Das Landratsamt Meißen, das die Forschungsarbeit in Auftrag gegeben hatte, bestreite mit dieser Art des Umgangs mit Naturlandschaften Neuland, sagt Landkreis-Sprecherin Anja Schmiedgen-Pietsch. Und auch, wenn die Idee der TU-Studenten als abwegig erscheine, so habe sie bereits zu Nachfragen geführt. "Wir haben zwischenzeitlich diesen Gedanken aufgegriffen und wollen stattdessen einen Energieerlebnispunkt im Landkreis schaffen, der neben dem Bildungsaspekt auch ein sinnvolles ergänzendes Erlebnisangebot bereithält. Wie dieser Energieerlebnispunkt aussehen und wo er sich befinden soll, dazu gebe es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine konkreten Pläne.