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Kleine Köche zu Besuch im Riesaer Seniorenheim

Bei Azurit in Riesa startet ein besonderes Tandemprojekt. Am Freitag gab's erste Einblicke in die Großküche.

Von Stefan Lehmann
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Danilo Andrich versorgt sonst rund 130 Bewohner im Azurit-Seniorenzentrum. In den kommenden Wochen wollen er und die Kollegen Kita-Kindern aus Riesa Freude am Kochen vermitteln.
Danilo Andrich versorgt sonst rund 130 Bewohner im Azurit-Seniorenzentrum. In den kommenden Wochen wollen er und die Kollegen Kita-Kindern aus Riesa Freude am Kochen vermitteln. © Sebastian Schultz

Riesa. Die Szene sorgt auch später am Vormittag noch für Schmunzler unter den Bewohnern des Seniorenheims Elbharmonie: Auf die Frage, was denn ein Schneebesen sei, antwortet ein Junge, damit werde doch im Winter der Schnee von den Wegen geschoben. Koch Danilo Andrich sorgt gleich danach für Aufklärung - und zeigt den Kindern der Kita Kunterbunter Schmetterling das Küchengerät. Nur, dass der Schneebesen aus Andrichs Küche größer ist als einige der kleinen Besucher.

In den kommenden Monaten besuchen die Kinder aus der Kita einmal pro Woche das Azurit-Seniorenzentrum in der Riesaer Innenstadt. "Kleine Leute – große Töpfe" ist das Motto eines gemeinsamen Projekts, bei dem den Jüngsten die Freude am Kochen nähergebracht werden soll. Ein grobes Gerüst hat das Seniorenzentrum dabei schon vorgegeben bekommen, in den Details sei man aber frei, sagt Heimleiterin Jana Reuße.

Die Senioren seien schon den ganzen Morgen über aufgeregt gewesen, erzählt Reuße und lächelt. "Sie haben schon eine halbe Stunde vor Beginn gewartet." Auch die Heimbewohner haben sich für das Projekt passende Kochschürzen übergeworfen; für die Kinder gibt's zusätzlich kleine Kochmützen.

Gekocht wird beim Auftakt am Freitag allerdings noch nicht. Erst mal steht etwas Theorie auf dem Plan, es geht in einem Schnellexkurs um die Ernährungspyramide und gesundes Essen. Daneben gibt's noch einiges Wissenswertes aus der Großküche. Da erklärt der Koch zum Beispiel, dass er und seine Kollegen wegen der Verbrennungsgefahr selten kurzärmelig arbeiten. Und dass die Knöpfe an der Arbeitskleidung deshalb auch rund statt flach sind: "Dann kann man nirgendwo hängenbleiben." Geringere Unfallgefahr also.

Zum Auftakt gab es einen Blick auf die Ernährungspyramide. In den nächsten Wochen werden Brot, Obstsalate und Quarkspeisen gebacken und zubereitet.
Zum Auftakt gab es einen Blick auf die Ernährungspyramide. In den nächsten Wochen werden Brot, Obstsalate und Quarkspeisen gebacken und zubereitet. © Sebastian Schultz

Es ist das erste Mal für den Koch des Seniorenzentrums, dass er vor so jungem Publikum aus seinem Arbeitsalltag erzählt. "Bei den nächsten Malen wird's lockerer", erzählt er und grinst. Bisher habe er lediglich mal Besuch der Kita-Gruppe seiner Tochter gehabt und die Kinder durch seinen Arbeitsplatz geführt. Damals war Danilo Andrich allerdings noch nicht Koch bei Azurit, sondern im Riesenhügel. Er ist rumgekommen in den vergangenen Jahren, seine ersten Sporen verdiente er sich beispielsweise in der Gastronomie am Starnberger See.

Aus der Gastro-Branche hat er sich verabschiedet. "Ich werde in zwei Jahren 50", erzählt er. Die Arbeitsbedingungen im Seniorenheim seien ganz andere, der Alltag deutlich geregelter. Gerade die Arbeit in den Nachtstunden vermisst er wohl nicht. Auch, wenn man sich in seinem aktuellen Beruf kreativ weniger austoben kann. "Wir haben hier ein Budget, mit dem wir wirtschaften müssen", erklärt der Azurit-Koch. Bei der Zutatenwahl greife man daher oft auf Convenience-Produkte zurück. Die würden dann noch weiter verfeinert. "Wir sind Food-Designer, keine Köche", erklärt Danilo Andrich dazu.

Am Freitag gebe es beispielsweise neben Vorsuppe und süßer Nachspeise als Hauptgericht Fischfilet Bordelaise mit Langkornreis, dazu eine Dill-Sauce. "Freitags gibt's immer Fisch", sagt Andrich zu den Kindern - und erklärt dann auch noch, dass die Küche den Senioren auch noch ein zweites Hauptgericht anbietet, eine Schonkost. Am Freitag etwa Putenragout.

An Pute und Fisch werden sich die Kinder aus der ASB-Kita in den kommenden Wochen nicht versuchen. Für Abwechslung soll aber trotzdem gesorgt werden. Während des siebenwöchigen Projekts soll beispielsweise auch ein Bäcker zu Besuch kommen und mit den Kindern Brot backen. Obstsalat, Plätzchen und selbst gemachte Nudeln mit Tomatensauce stehen ebenfalls auf dem Plan. Beim Auftakt wird aber noch serviert: Zum Abschied gibt's für Kinder und Bewohner Hot-Dogs.

Für die Bewohner des Heims ist der Kinderbesuch eine zusätzliche Abwechslung. "Kinder gehen immer", sagt Jana Reuße. Viele hätten ja selbst Enkel - und die Senioren freuten sich, wenn sie ihr Wissen weitergeben können. Übrigens auch an die Köche bei Azurit. Jana Reuße erinnert sich an eine Bewohnerin, die der Küche ein Rezept zukommen ließ, damit das Fleisch besonders gut gelingt. Natürlich sei nicht alles umsetzbar, wenn man für mehr als 130 Leute kocht. Auf Hinweise der Bewohner werde aber sehr wohl reagiert. "Wünsche kommen ganz oft", sagt auch Danilo Andrich. Etwa nach mehr Rosenkohl. "Und nach Sauerkraut! Wenn es nach den Bewohnern geht, könnte es das jeden Tag geben!"