Riesa. Man möchte es kaum glauben: An einem Donnerstag um 14 Uhr dringt aus dem Tanzsaal des Sachsenhofs in der Hauptstraße Tanzmusik. Geht man die Treppe hoch und schaut durch die offenen Flügeltüren, bietet sich ein surrealer Anblick für die Uhrzeit: Die Tische im Saal sind voll besetzt, auf der Tanzfläche schieben tanzende Paare übers Parkett. Aus den DJ-Boxen von der Bühne dröhnt "Komm, wir fahr'n nach Amsterdam".

Seit Mai findet hier jeden zweiten Donnerstag im Monat von 14 bis 18 Uhr fröhliches Tanzvergnügen für Senioren statt. Für 12 Euro kann man den Nachmittag hier verbringen und bekommt noch Kaffee und Kuchen dazu. Organisiert haben die Veranstaltungsreihe Karin Ulbricht und Rosmarie Zschoke.

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Die Frauen kennen sich seit Jahrzehnten und wohnen inzwischen sogar im gleichen Haus. Beide gingen 20 Jahre lang ins Oschatzer "O" zum Tanzen. Und fragten sich irgendwann: Könnte es so eine Veranstaltung nicht auch in Riesa geben? Kurzerhand sprachen sie Anfang des Jahres den Inhaber des Sachsenhofs an. Dem gefiel die Idee. Er setzte eine Annonce in die Zeitung. Zur Premiere kamen bereits 60 Gäste.

Wenig später hängen Plakate in der Stadt, auf denen zum Tanztee eingeladen wird - allerdings in die Stadthalle Stern. Gleiches Format, gleicher Preis. Jeden dritten Donnerstag im Monat. Zufall? Den Organisatoren ist es egal; sie tanzen da wie dort, genau wie viele der anderen Gäste - je mehr Gelegenheiten, desto besser. John Jaeschke, Geschäftsführer des FVG, sagt nach einem halben Jahr Laufzeit: "Die Veranstaltungsreihe war für uns ein Testballon. Sie wird gut angenommen und wir sind zufrieden. Grundsätzlich wollen wir den Tanztee weiterführen, müssen aber ab Dezember aus Kostengründen erst einmal in eine Winterpause gehen."

Davon ist im Sachsenhof keine Rede: Am 8. Dezember gibt es dort die Weihnachtsausgabe des Seniorentanzes, erzählt Rosmarie Zschoke. Die 83-Jährige war früher Kindergartenleiterin. "Organisieren liegt mir im Blut", sagt sie. Zum monatlichen Tanznachmittag trifft sie regelmäßig frühere Arbeitskollegen und Sportkameraden, sagt sie: "Wir sind eine uralte Freundesgruppe und nutzen die Gelegenheit, um uns zu sehen und ein Tänzchen zu wagen - wer es noch kann. Die Ruheständlerin mag es gesellig: Sie hat zehn Enkel und bisher schon sieben Urenkel.

Dicsofox, Walzer und Polonaise

Bärbel Gräber (60) ist heute mit ihrer Mutter Gerlinde Wesolowski (79) da. Die beiden lassen kaum einen Tanz aus. Sie kommen seit der ersten Veranstaltung her. Freitags gehen sie zum Seniorentanz in die Diakonie; außerdem sind sie Stammgäste beim Tanztee im Stern und in der Gaststätte Am Humboldtring, wo auch regelmäßig getanzt wird. Die Tänze der Stunde sind hier wie da Discofox und Walzer, Jive, Twist und Rock'n' Roll - "die Tänze unserer Jugend", wie Rosmarie Zschoke sagt. Gelernt habe sie sie zu Hause bei ihren Eltern; eine Tanzstunde habe es damals noch nicht gegeben.

DJ René Ritscher aus Hirschstein legt im Sachsenhof Oldies, Schlager und Tanzmusik auf. Nach zwei bis drei Liedern ist jeweils eine Tanzpause - "angepasst an unsere Verhältnisse", sagt Rosmarie Zschoke und lacht. Ein Gast schwärmt: "Wir haben hier schon Polonaise getanzt, einer wurde auf dem Servierwagen vorneweg geschoben - es ist einfach jedes Mal eine super Stimmung."

Als er in Rente ging, habe seine Ärztin ihm geraten, er solle machen, was ihm Spaß bereite, sonst werde er nicht glücklich. Nun hat er sich jeweils eine Partnerin für Radausflüge und Kulturereignisse gesucht und kommt regelmäßig zum Seniorentanz hierher und zum Tanztee in den Stern. Er strahlt: "Jetzt bin ich ausgelastet." Sachsenhof-Inhaber Nemi Ljatif (56) ist glücklich, dass der Saal wieder genutzt wird, und hat gerade die Zusage gegeben, dass es nächstes Jahr mit der Veranstaltung weitergehen wird.