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Warnstreik in Zeithain: Beim nächsten Mal wird es härter

Weil die Tarifverhandlungen in der Stahlbranche ins Stocken geraten sind, legen Zeithainer Rohrwerker ihre Arbeit nieder. Es droht ein größerer Streik.

Von Jörg Richter
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Mit Bengalfeuer und Gewerkschaftsflaggen streiken Stahlarbeiter vor den Toren der Mannesmannröhren-Werk GmbH in Zeithain.
Mit Bengalfeuer und Gewerkschaftsflaggen streiken Stahlarbeiter vor den Toren der Mannesmannröhren-Werk GmbH in Zeithain. © Jörg Richter

Zeithain. Bengalfeuer haben etwas Stimmungsvolles und Bedrohliches zugleich. Das wissen Fußballfans im K-Block von Dynamo Dresden. Aber auch die Rohrwerker bei Mannesmann in Zeithain. Etwa 80 Kollegen der Früh- und Tagschicht haben sich am Donnerstag ab 5 Uhr vorm Werktor eingefunden und die roten Feuer gezündet. Sie wollen mit ihrem Warnstreik ein Zeichen setzen. Es ist vor allem an die Arbeitgeber gerichtet: "Seht her, wir sind viele und bereit für mehr!"

Drinnen im Werk dreht sich der Ringofen noch. Doch er wird nicht bestückt. Im Verwaltungsgebäude brennt nur hinter wenigen Fenstern Licht. Es ist die IT-Abteilung. Die Fenster der Geschäftsleitung sind dunkel. Rund 200 Meter vorm Werktor steht ein Lkw mit Litauer Kennzeichen und wartet darauf, auf das Betriebsgelände fahren zu können. Jetzt kommt er nicht rein. Das bringt auch nichts. Er würde ohnehin nicht beladen.

Notbesetzung mit acht Kollegen

Der Betrieb verharrt mit einer Notbesetzung. Acht Kollegen kümmern sich darum, dass an den Anlagen durch den Warnstreik kein Schaden entsteht, bestätigt Dennie Bannier vom Betriebsrat der Mannesmannröhren-Werk GmbH in Zeithain. "Wir wollen natürlich nicht, dass etwas kaputtgeht", sagt er. Schließlich sind der Ringofen und die Walzen die Voraussetzungen für die gut bezahlten Arbeitsstellen.

Damit sie gut bezahlt bleiben, haben die Zeithainer Rohrwerker ihre Arbeit für fünf Stunden niedergelegt. In den Schmiedewerken Gröditz wurde bereits am Nikolaustag gestreikt. Damals für drei Stunden. "Jetzt legen wir eine Schippe drauf", sagt Patrick Wohlfeld von der IG Metall Dresden und Riesa.

Vorm Pförtnerhaus bei Mannesmann in Zeithain haben sich die Streikenden postiert.
Vorm Pförtnerhaus bei Mannesmann in Zeithain haben sich die Streikenden postiert. © Jörg Richter
Die Streikfeuer der IG Metall wärmen die Kollegen.
Die Streikfeuer der IG Metall wärmen die Kollegen. © Jörg Richter
8,5 Prozent mehr Lohn und die 32-Stunden-Woche sind die Hauptforderungen der IG Metall.
8,5 Prozent mehr Lohn und die 32-Stunden-Woche sind die Hauptforderungen der IG Metall. © Jörg Richter

Denn die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft und den Stahlkonzernen sind ins Stocken geraten. Die IG Metall möchte für ihre Mitglieder 8,5 Prozent mehr Lohn und die 32-Stunden-Woche einführen. Die Arbeitgeberseite hat sich darauf nicht eingelassen und bisher nur 3,1 Prozent Lohnsteigerung angeboten.

Stephan Vetter von der IG-Metall-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg-Sachsen war bei den Tarifverhandlungen für Nord-West-Deutschland in Düsseldorf als Gast mit dabei. Drei Verhandlungsrunden gab es bisher. Eine vierte ist am Montag unterbrochen worden. Knapp 25.000 Stahlwerker in Nordrhein-Westfalen seien auf die Straße gegangen. Deshalb sind auch erst einmal die Tarifgespräche für den Osten, die in Berlin stattfinden, ausgesetzt worden.

"Die Arbeitgeber müssen sich jetzt bewegen, sonst läuft es auf eine Eskalation hinaus", sagt Vetter. Und das bedeutet nicht mehr nur Warnstreik, auf den sich die Unternehmen vorbereiten können, sondern richtiger Streik. Der wird vorher nicht angekündigt und trifft die Konzerne hart. Dann entstehe auch wirtschaftlicher Schaden. "Die Logik eines Streiks ist der Produktionsausfall", sagt Vetter. Das sei das einzige Mittel, vor dem die Arbeitgeber zurückschrecken.

Wann es so weit ist, verrät er nicht, sonst wäre es ja kein unangekündigter Streik. Vor dem Jahreswechsel auf alle Fälle nicht, so Vetter. Denn manche Betriebe nutzen die Zeit vor Weihnachten für Generalreparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen. So momentan auch die Schmiedewerke Gröditz, weshalb dort diesmal nicht gestreikt wurde.

Stahlarbeiter halten zusammen

Dennoch sind auch ein paar Gröditzer Stahlwerker nach Zeithain gekommen, um ihre hiesigen Kollegen beim Warnstreik zu unterstützen. So auch der Schmiedewerke-Betriebsrat Uwe Jahn. Er ist ebenfalls erzürnt über die momentane Situation bei den Tarifgesprächen. "Die Arbeitgeber bewegen sich keinen Millimeter", ist er sauer. "Die Stahlwerker müssen zusammenhalten." Notfalls auch bei einem Streik, der über mehrere Tage oder Wochen geht. Dafür benötigt aber die IG Metall das Votum ihrer Mitglieder für eine komplette Arbeitsniederlegung.

Jahn hofft, dass es nicht so weit kommen muss. Die Tarifverhandlungen sollen am Freitag in Düsseldorf (für Nord-West-Deutschland) und am Montag in Berlin (für Ostdeutschland) fortgesetzt werden.