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Riesa will sechs Millionen Euro einsparen

Diese Woche hatte Kämmerin Kerstin Köhler eine Haushaltssperre verkündet. Die betrifft mehr als 150 Posten - auch das städtische Personal.

Von Stefan Lehmann
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Blick aufs Riesaer Rathaus. Wegen der Corona-Krise hat die Stadt eine Haushaltssperre verhängt. Die umfasst weit über 150 Posten.
Blick aufs Riesaer Rathaus. Wegen der Corona-Krise hat die Stadt eine Haushaltssperre verhängt. Die umfasst weit über 150 Posten. © Sebastian Schultz

Riesa. Ohne Gegensteuerung drohe ein "erhebliches Defizit", es sei Krisenmanagement gefragt, um die "enorme Belastung" abzufedern. Die Worte von Riesas Finanzbürgermeisterin Kerstin Köhler lassen keine Zweifel: Die Corona-Krise ist endgültig auch im städtischen Haushalt angekommen. Im Finanzausschuss am Dienstagabend verkündete Köhler auch öffentlich, dass sie bereits zum 16. Oktober eine Haushaltssperre verhängt habe

Der Stadt fehlen wegen der Pandemie Einnahmen in den verschiedensten Bereichen - nicht nur bei der Gewerbesteuer, die nach jetzigem Stand um 25 Prozent weniger einbringen wird als geplant. Die Einbußen beginnen schon bei auf den ersten Blick trivialen Posten wie Einnahmen aus den Parkgebühren. Die seien während des Lockdowns geringer ausgefallen, weil die Innenstadt weniger stark frequentiert war. Dazu kommen fehlende Eintrittsgelder aus den zeitweise geschlossenen Bädern. "Im Freibad Weida fielen zudem höhere Personalaufwendungen an, um die Corona-Bestimmungen umzusetzen", erklärt Stadtsprecher Uwe Päsler auf Nachfrage. 

Riesas Finanzbürgermeisterin Kerstin Köhler hatte am Dienstag im Finanzausschuss erklärt, dass einzelne Positionen im Haushalt fürs Erste gesperrt sind.
Riesas Finanzbürgermeisterin Kerstin Köhler hatte am Dienstag im Finanzausschuss erklärt, dass einzelne Positionen im Haushalt fürs Erste gesperrt sind. © Sebastian Schultz

Um gegenzusteuern, muss die Stadt Einsparmöglichkeiten suchen. In Summe will die Stadt in diesem Jahr rund sechs Millionen Euro weniger ausgeben als ursprünglich geplant. Am Dienstag hatte Kerstin Köhler bereits mitgeteilt, man wolle in erster Linie an vielen kleinen Posten sparen. Gerade im investiven Bereich solle nichts wegfallen. 

Breitbandausbau wäre ohnehin erst 2021 umsetzbar

Am Mittwoch wird die Stadtverwaltung auf Nachfrage noch einmal konkreter. Demnach verteilen sich die sechs Millionen Euro auf 165 verschiedene Posten. Darunter seien aber auch "Ausgaben, die 2020 nicht mehr wirksam werden, aktuell also nicht 'wehtun'", so Uwe Päsler.  "Das sind 4,2 Millionen Euro." Davon wiederum sei der Breitbandausbau der größte Posten. Anders als zunächst in der SZ und auf sächsische.de berichtet, fällt der Breitbandausbau also nicht der Sparpolitik zum Opfer - er wäre in diesem Jahr ohnehin nicht mehr realisierbar gewesen. Päsler stellt klar: "Auch mit voller Stadtkasse hätten wir diese Verzögerung hinnehmen müssen – und im Gegenzug wäre die Investition bei entsprechendem Arbeitsstand auch trotz der Haushaltsperre gestartet!"

Bleiben allerdings nach wie vor rund 1,8 Millionen Euro aus diesem Jahr, die Riesa jetzt kurzfristig einsparen will und mit der Haushaltssperre belegt hat. "Viele Posten betreffen die Unterhaltung oder nun nicht mehr getätigte Anschaffungen, etwa von Hard- und Software", so der Rathaussprecher. In Einzelbeträgen seien das Anschaffungen im Bereich von 200 Euro bis 18.000 Euro je nach Posten. Dazu kämen auch nicht gezahlte Reisekosten, "weil es ja fast keine Lehrgänge, Tagungen und Weiterbildungen gab und aktuell auch nicht gibt".

Einsparung bei Gebäude- und Brückenunterhalt

Auch die Unterhaltungskosten für städtische Grundstücke und Gebäude, aber auch für Straßeneinläufe will die Stadt zunächst einsparen - hierfür waren noch 71.000 Euro veranlagt gewesen. Die 65.000 Euro für Brückenunterhalt muss Riesa ebenfalls einsparen. Dazu kommen Einsparungen in Höhe von 45.000 Euro bei Reinigungskosten. Auch bei der Grünflächenpflege werde gespart, heißt es. Einen Betrag nennt Päsler dafür nicht. Grundsätzlich summiere sich die Liste "mit einer Fülle von drei- und vierstelligen, ganz selten mal fünfstelligen Beträgen".

Auch bei den Ausgaben fürs städtische Personal will Riesa aber sparen. Unter anderem könne dort durch Teilzeitarbeit am Gehalt gespart werden, das geschehe auf Wunsch einzelner Mitarbeiter. Einige Neueinstellungen wiederum sollen später erfolgen, als das ursprünglich vorgesehen war. 

Grundsätzlich profitiere die Stadt davon, dass einige der genannten Posten im Haushalt von vornherein "relativ defensiv geplant" und folglich in normalen Jahren nicht völlig ausgeschöpft werden, so Päsler. 

Im Finanzausschuss kam am Dienstag Kritik daran auf, dass die Stadträte nicht im Vorfeld stärker in die Debatte um Einsparpotenziale einbezogen wurden. "Das habe ich ein bisschen vermisst", so AfD-Rätin Ute Blosfeld. Uta Knebel (Linke) entgegnete darauf, dass allen Räten klar gewesen sein müsse, "dass das auf uns zukommt". Man müsse sich auch an die eigene Nase fassen, warum Entscheidungen auf die lange Bank geschoben wurden. Knebel spielte dabei darauf an, dass für die städtische FVG erst im kommenden Jahr ein Konzept erarbeitet werden soll - später als von ihrer Fraktion gefordert. 

Riesa hofft auf den Schutzschirm

Grundsätzlich hofft Riesas Kämmerin nach wie vor auch auf Unterstützung von Bund und Land. So sei die zweite Tranche des Corona-Schutzschirms noch nicht exakt bezifferbar. Auch, wann sie kommt, wisse man im Rathaus noch nicht. "Außerdem kommt auch die Ersatzleistung des Freistaats für die Elternbeiträge vom Frühjahr 2020 herein", so Uwe Päsler. Damals hatte das Land angekündigt, wegen der coronabedingten Schließung der Einrichtungen die Beiträge übernehmen zu wollen. "Aber auch dort bleibt immer ein Rest Ungewissheit, wie hoch der Betrag dann genau ist."  

Völlig neu ist die Situation einer Haushaltssperre in Riesa nicht. Die bisher letzte seitens der Kämmerei verhängte Sperre datiert auf April 2013. Damals ging es laut Stadtverwaltung um 2,4 Millionen Euro. Im Jahr 2018 hatte außerdem die Rechtsaufsicht des Landkreises eine sogenannte Liquiditätssperre verhängt, weil sie die veranlagte Gewerbesteuer - und damit die Tilgung städtischer Kredite - als nicht zuverlässig ansah. 

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