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Streit um Abschiebung eines 18-Jährigen aus Freiberg in den Irak

Die Polizei hat den 18-jährigen Mazyar A. in Freiberg abgeholt und von seiner Familie getrennt. Er soll integriert sein - und will arbeiten. Nun jedoch sitzt er in Abschiebehaft.

Von Fionn Klose
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Ein 18-Jähriger soll in den Irak abgeschoben werden. Und wird damit von seiner Familie getrennt. Daran regt sich Kritik.
Ein 18-Jähriger soll in den Irak abgeschoben werden. Und wird damit von seiner Familie getrennt. Daran regt sich Kritik. © Michael Kappeler/dpa (Symbolbild)

Freiberg/Dresden. Gegen die geplante Abschiebung eines 18-jährigen Irakers aus Freiberg regt sich Kritik. Sie sei aus mehreren Gründen skandalös, sagt die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Juliane Nagel. "Mazyar A. soll aus dem Kreis seiner Familie gerissen werden – als einziger." Er sei erst in diesem Jahr volljährig geworden und falle damit aus dem aufenthaltsrechtlichen familiären Schutz.

A. ist nach Informationen von Sächsische.de am vergangenen Montag von der Polizei aus einer Wohnung in Freiberg geholt worden. Dort lebte er mit seiner Familie. Derzeit sitze er in Dresden in Abschiebehaft, teilte der Sächsische Flüchtlingsrat (SFR) mit. Am 12. Dezember könnte er abgeschoben werden. "Er hat immer wieder wiederholt, dass er einen Schulabschluss und eine Ausbildung machen möchte", sagt SFR-Sprecher Dave Schmidtke. "Er spricht Deutsch, hat ein B2-Zertifikat und er versteht nicht, warum er in Haft sitzt, ist extrem eingeschüchtert." Er sei schon mehrmals zusammengebrochen. Er habe keinerlei Straftaten begangen.

Familie von A. wird angeblich im Irak bedroht

Linken-Politikerin Nagel bezeichnete in diesem Fall die Abschiebung als "zutiefst unmenschlich". Sachsen werfe in Zeiten des Arbeits- und Fachkräftemangels "ohne Not einen Menschen aus dem Land". Der Druck der Bundesrepublik auf den Irak, Asylbewerber zurückzunehmen, gehe "an der Realität in dem Land vorbei".

Es bestehe für A. eine besondere Gefährdungslage, wenn er allein im Irak ist, sagte Schmidtke. Seine Familie stamme aus dem Nordirak. "Als sie noch dort lebten, wurden sie von einer anderen Familie bedroht, die eine einflussreiche Verbindung in Regierungskreise hat." So soll es auch zu einem Angriff gekommen sein, bei dem auf ein Auto, in dem Familienmitglieder von A. saßen, geschossen worden sei.

Die Situation im Irak ist noch immer instabil. Laut der Uno-Flüchtlingshilfe ist die Sicherheitslage angespannt, es bestehe weiter die Bedrohung durch Terrororganisationen wie den Islamischen Staat. Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Irak. Es müsse "landesweit mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen terroristischen Gruppierungen und Sicherheitskräften" gerechnet werden.

Innenministerium bestätigt Abschiebung

Auf Anfrage von Sächsische.de bestätigt das sächsische Innenministerium (SMI), dass "derzeit die Abschiebung eines vollziehbar ausreisepflichtigen irakischen Staatsangehörigen in die Republik Irak vorbereitet wird." Der Freistaat sei verpflichtet, Ausländer abzuschieben, die ihr Asylverfahren erfolglos durchlaufen haben und nicht freiwillig ausreisen. Die Situation des Betroffenen in seinem Herkunftsland sei durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geprüft, der Asylantrag abgelehnt worden. "Nach Auffassung des BAMF steht ihm kein asylrechtlicher Schutz zu", so das SMI weiter. Diese Entscheidung sei bindend.

Mazyar A. reichte dem SFR zufolge keine Klage ein, weil er zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig gewesen sei und die Frist verpasst habe.

Im ersten Halbjahr 2023 schob Sachsen zwei männliche Personen in den Irak ab. Das geht aus der Antwort des SMI auf eine Anfrage von Nagel hervor. Insgesamt wurden fünf Familien im selben Zeitraum durch Abschiebungen getrennt.