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Mehr Arbeitslose in Sachsens Großstädten

Auf Sachsens Arbeitsmarkt ist noch Winter. Behördenchef Klaus-Peter Hansen hat recht klare Voraussagen für die nächsten Monate.

Von Georg Moeritz
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Die Zahl der Arbeitslosen in Sachsen ist im Februar im Vergleich gestiegen. Für März und April erwartet Agenturchef Klaus-Peter Hansen Besserung - erst mal.
Die Zahl der Arbeitslosen in Sachsen ist im Februar im Vergleich gestiegen. Für März und April erwartet Agenturchef Klaus-Peter Hansen Besserung - erst mal. © Hendrik Schmidt/dpa (Symbolbild)

Chemnitz. Die Wirtschaft wächst kaum noch, aber Sachsens Arbeitsagenturchef Klaus-Peter Hansen rechnet auch für dieses Jahr mit einer Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt. Im März und April „werden wir einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit erleben“, sagte Hansen am Donnerstag am Dienstsitz Chemnitz.

Der Rückgang werde uns allerdings „nicht vom Hocker hauen“, fügte der Behördenchef gleich hinzu. Er rechnet damit, dass die Arbeitslosenquote von derzeit 6,7 Prozent im Verlauf des Jahres noch über sieben Prozent steigen wird. Schon im Februar meldeten sich mehr Menschen arbeitslos als Menschen ihre Erwerbslosigkeit beenden konnten. 9.078 zuvor beschäftigte Sachsen gingen zum Amt, während umgekehrt 6.561 vorher Arbeitslose eine Stellung fanden.

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Am stärksten stieg die Arbeitslosigkeit in den Großstädten: In Dresden kamen im Februar per saldo 379 Arbeitslose hinzu, in Leipzig 315 und in Chemnitz 117. Hansen hatte in den vergangenen Monaten festgestellt, dass die Arbeitslosenquote in Chemnitz auffällig schnell stieg. Die Gründe: In Sachsens drittgrößter Stadt gebe es niedrige Mieten, freie Wohnungen und viele Geflüchtete aus der Ukraine. In einigen eher ländlichen Regionen ist die Arbeitslosigkeit dagegen im Februar leicht zurückgegangen: in den Landkreisen Leipzig und Bautzen sowie im Erzgebirge.

Winter macht vor allem Männer arbeitslos

Nun sind in Sachsen 142.201 Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind 972 mehr als vor einem Monat und 10.070 mehr als vor einem Jahr. Obwohl sich zunehmend geflüchtete Menschen aus der Ukraine arbeitslos melden können und darunter vor allem Frauen sind, ist die Zahl der arbeitslosen Männer im Jahresvergleich deutlich stärker gestiegen. Von Januar zu Februar ging die Zahl der arbeitslosen Frauen in Sachsen sogar leicht zurück, während die der Männer noch stieg.

Hansen nannte drei Gründe dafür, dass die Arbeitslosigkeit im Februar gestiegen ist: In witterungsabhängigen Außenberufen liegt es auch an der Saison. In manchen Lehrberufen ist die dreieinhalbjährige Ausbildung zu Ende gegangen, nicht jeder Absolvent wird direkt übernommen. Und der dritte Grund: die „verhaltene Einstellungsbereitschaft der Unternehmen“. Hansen spürt die „Verunsicherung der Wirtschaft“, wenn er auf seine Auftragszahlen schaut.

Seit mehr als einem Jahr sinkt der Bestand an freien Stellen. „Das gefällt mir nicht“, sagte Hansen. Zwar seien die Arbeitgeber weiterhin auf der Suche „nach Menschen, die etwas können, die etwas wollen“. Daher stehen noch immer 36.900 freie Stellen in den Computern der sächsischen Arbeitsagenturen und Jobcenter. Doch vor einem Jahr waren es noch 3.000 mehr. Im Februar haben sächsische Arbeitgeber 7.427 freie Stellen neu gemeldet. Das waren zwar mehr als im Januar, aber weniger als ein Jahr zuvor.

Habeck: Nicht jeder meldet Stellen der Arbeitsagentur

Längst nicht alle Arbeitgeber melden ihre Stellen allerdings den Behörden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte vorige Woche, als er den Jahreswirtschaftsbericht der Presse vorstellte, bundesweit seien 700.000 offene Stellen gemeldet – aber die Dunkelziffer sei hoch, vielleicht zwei Millionen. Viele Unternehmer fragten Freunde oder hängten „Zettel ins Fenster“, statt die Bundesagentur zu beauftragen.

Die Zahl der Beschäftigten in Sachsen ist weiterhin auf einem hohen Niveau, nahe an den Rekordzahlen des vorigen Jahres. Hansen sagte: „Ein ganzes Jahrzehnt hatten wir eine tolle Entwicklung.“ Jetzt trübe sich das Bild. Nach jüngster Hochrechnung waren im Dezember rund 10.000 Menschen weniger in einer Beschäftigung mit Sozialversicherung als noch im November. Doch es waren 400 mehr als ein Jahr zuvor.

Rekordhoch bei Beschäftigung in Sachsen

In keinem Dezember seit 1999 waren mehr Menschen in Sachsen sozialversichert beschäftigt: 1,65 Millionen. Zum Vergleich: Zur Zeit der Massenarbeitslosigkeit im Dezember 2005 hatten nur 1,34 Millionen Menschen eine solche Stellung. Seitdem hat die Beschäftigung um 312.000 zugenommen. In manchen Branchen wächst sie auch weiter – Hansen nannte technische und wissenschaftliche Dienstleistungen, Gesundheits- und Sozialwesen, Gastgewerbe und Verkehr sowie Information und Kommunikation.

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen aber steigt ebenfalls. Fast 50.000 Sachsen sind ein Jahr oder länger ohne Arbeit. Ihre Zahl hat innerhalb eines Jahres um fast 4.800 zugenommen. Markus Schlimbach, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Sachsen, macht sich Sorgen, dass sich die Arbeitslosigkeit „wieder verfestigt“.

Schwerpunkt müsse es jetzt sein, die Vermittlung in Arbeit zu verstärken – vor allem in den Jobcentern. Schlimbach sagte, weil ihre Mittel gekürzt wurden, hätten sie „wenig Spielraum für Qualifizierung und Weiterbildung“. Hansen sagte, Angebot und Nachfrage seien schwer zusammenzubringen. „Viele Menschen, um die wir uns kümmern, erfüllen nicht die Voraussetzungen der Arbeitgeber.“